Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe
Verbot von Umzügen und Versammlungen unter freiem Himmel, 16. Januar 1930
Der preußische Innenminister Albert Grzesinski (1879–1947) verfügt per Runderlass vorbeugend und mit Bezug auf Art. 123 der Weimarer Reichsverfassung („Versammlungen unter freiem Himmel können durch Reichsgesetz anmeldepflichtig gemacht und bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden“) ein allgemeines Verbot öffentlicher politischer Demonstrationen, Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel. Grund sind eine ganze Anzahl von Straßenschlachten, die sich die Nationalsozialisten mit Anhängern der KPD in den vorangegangenen Monaten lieferten. Grzesinskis Amtsnachfolger Heinrich Waentig (1870–1943) hebt das Verbot nach Erlass des erneuerten Republikschutzgesetzes1 wieder auf.
Auch der Volksstaat Hessen erlässt im Frühjahr 1930 nach heftigen Ausschreitungen der SA in Michelstadt (Odenwald) unter Berufung auf Art. 123 Abs. 2 der Reichsverfassung und in Verbindung mit Bestimmungen des Reichsvereinsgesetzes von 1908 ein Verbot von „in Bundeskleidung“ veranstalteten Versammlungen, öffentlichen Kundgebungen, Umzügen und Märschen der Mitglieder der NSDAP-Ortsgruppe Frankfurt am Main.
(KU)
- Das Republikschutzgesetz wurde in der Amtszeit Gustav Radbruchs (1878–1949) als Reichsjustizminister ausgearbeitet und am 21. Juli 1922 erlassen. Anlass gab die Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau (1867–1922) durch Angehörige der nationalistischen Terrorvereinigung „Organisation Consul“ am 24. Juni 1922 und zahlreiche weitere gesetzwidrige und verfassungsfeindliche Aktivitäten von Rechts- und Linksextremisten. Ziel des Gesetzes war es, alle republikfeindlichen Organisationen (darunter insbesondere die monarchistischen) zu verbieten bzw. handlungsunfähig zu machen. ↑
- Belege
- Gerhard Schulz, Zwischen Demokratie und Diktatur: Verfassungspolitik und Reichsreform in der Weimarer Republik, 3. Von Brüning zu Hitler: der Wandel des politischen Systems in Deutschland 1930–1933, Berlin u.a. 1992, S. 142
- Marie-Luise Ehls, Protest und Propaganda. Demonstrationen in Berlin zur Zeit der Weimarer Republik, Berlin u.a. 1997, S. 322 f.
- Siegfried Heimann, Der Preußische Landtag 1899–1947. Eine politische Geschichte, Berlin 2011, S. 317
- Chronik deutscher Zeitgeschichte 1, S. 441
- Empfohlene Zitierweise
- „Verbot von Umzügen und Versammlungen unter freiem Himmel, 16. Januar 1930“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2040> (Stand: 10.1.2023)
- Ereignisse im Dezember 1929 | Januar 1930 | Februar 1930
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