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Pfarrer Johann Heinrich Koch (jr.) 1727/28?, Walburg

Walburg · Gem. Hessisch Lichtenau · Werra-Meißner-Kreis | Historical Gazetteer
Place of Location | Characteristics | Description | Inscription | References | Citation
Place of Location

Place of Location:

Walburg

Premises:

Hessisch Lichtenau-Walburg, Kirchhof

Angaben zum Standort:

Aufgestellt im Kirchhof westlich der Kirche in einem Pavillon zusammen mit acht weiteren Grabmälern; es ist – von der Kirche aus gesehen – der zweite Stein von links in der hintersten Reihe.

Characteristics

Dating:

1727/28?

Type:

Grabstein

Conservation:

erhalten

Dimensions:

95 x 175 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

3,5 cm

Description

Description:

Grabstein des Pfarrers Johann Heinrich Koch (jr.). Hochrechteckiger Stein mit Seitenhang und zweigeteiltem Aufsatz, oberer Teil fehlend. Auf der Vorderseite im unteren Teil des Aufsatzes Wappen in einem oben offenen Rahmen, darin Initialen (A), von der Helmzier unterbrochen. Den Mittelteil rahmen zwei dünne Halbsäulen, auf denen Putten stehen; sie halten eine Girlande, die das Schriftfeld mit Inschrift B umgibt und von einem Engelskopf gekrönt wird: Inschriften A und B erhaben, als Trenner Quadrangel und in B auch Kommata. Im Sockel zwischen Konsolen drei Märzenbecher. Auf der Rückseite im Aufsatz dreiblütiger Märzenbecher; auf der Zierleiste darüber jetzt keine Schriftspuren mehr erkennbar.1) Unter ihr eine Signatur, aus Initialen (C, SIGGK) gebildet. Im Mittelteil eingetieftes Schriftfeld, hochrechteckig mit aufgesetztem kleinem Rechteck. Darin eingehauen die zweiteilige Inschrift D und – durch vergrößerten Zwischenraum abgesetzt – die Versinschrift E, deren Schlusszeile und mehr verloren ist; Trennung durch Dreiecke und Quadrangel, die Zeilen teilweise gestaffelt, mehrfach auch gefüllt.


  1. Cornelius erkannte noch Schriftreste, s. Chronik Walburg 165.

Sex, Age, Family Status:

männliche Person(en)

Estate:

geistliche Personen

Enthaltene Wappen:

Koch4)


  1. Wappen Koch (im Schild Märzenbecher, in der Helmzier ein Koch).

Dargestellte Personen:

Johann Heinrich Koch ist der Enkelsohn des Antonius Koch11) und Sohn des Johann Heinrich Koch, der vor ihm Pfarrer in Walburg war.12) Da Johann Heinrich Koch jr. nach der Inschrift 41 Jahre „treufleissiger Prediger“ war, hat er seine Pfarrertätigkeit 1686 begonnen, wenn man vom Todesjahr rückwärts rechnen darf, bzw. 1682, wenn man vom seinem letzten Amtsjahr 1723 zurückrechnet.


  1. s. Kat.-Nr. 152 und Chronik Velmeden 360.
  2. Die Pfarrerliste in Chronik Walburg 176 nennt als Beginn der Amtszeit des J. H. Koch jr. das Jahr 1676. Das muss ein Irrtum sein. Er kann nicht 1658 als Sohn des Pfarrers Johann Heinrich Koch geboren und diesem schon 1676 im Amt nachgefolgt sein. Denn da der ältere Johann Heinrich Koch in Walburg von 1642 bis 1675 im Amt war, müsste der jüngere schon mit 17 oder 18 Jahren die Pfarrstelle angetreten haben.

Miscellaneous:

HIC IACET PULVIS CINIS ET NIHIL lautet die Grabinschrift des Kardinals aus dem Kapuzinerorden (!) Antonio Barberini d. Ä. (†1646) in der Kirche S. Maria della Concezione in Rom. Auch auf dem Grabstein des Kardinals Portocarrero (†1709 in Toledo) findet man diesen Spruch.5)

Der Gedanke ist jedoch verbreitet und vor Barberini belegt. So bildete schon Ambrosius Lobwasser († 1585) den inhaltsgleichen und formal ähnlichen Pentameter: hic quoque nunc iaceo pulvis et umbra nihil.

Die Berührungen sind eng: Schon Lobwasser fügt – anscheinend erstmalig – den Ausdrücken cinis, pulvis usw., die ja die Nichtigkeit symbolisieren, ein krasses nihil hinzu. Und von hier aus ist es nur ein kleiner Schritt zu Barberinis Grabspruch: Er ergibt sich leicht, wenn man den Text der Versform entkleidet und den eher heidnisch-antiken Begriff umbra – unter Anknüpfung an das Bibelwort Gen 18,27 – durch pulvis ersetzt. Der Verfasser von Barberinis Grabspruch könnte also auf Lobwassers Pentameter oder auf einen ähnlichen Vers zugegriffen haben.

Vergleichbares findet man z. B. bei Jacobus Zevecotius (1596–1646), der am Schluss eines Epitaphs, das 1640 erschien, so formuliert:

Epitaphium Mariae Zevecotiae

Quisquis saxa vides sub queis Zevecotia dormit

Quinquennis misero rapta puella Patri:

Quam neque naturae dotes, lachrimaeve Parentum

Nec lepor aut pietas eripuere neci;

Disce quod immenso quidquid spectatur in orbe,

Vere aliud non sit quam cinis, umbra, nihil.6)

Auf Zevecotius griff Alexander Ross (†1654 in Südengland) zurück; er ließ seinen Grabspruch enden mit dem Distichon:

Quid tute es disce quid cuncta humana quid audi

Sunt quod ego pulvis ros cinis umbra nihil.7)

Man wird kaum zweifeln, dass Ross direkt von Zevecotius abhängt. Dass aber der Verfasser von Barberinis Grabspruch direkt aus Zevecotius oder Lobwasser seine Anregung empfing, kann man sich weniger leicht vorstellen, war doch Lobwasser evangelisch und Zevecotius aus der katholischen Kirche zum evangelischen Glauben übergegangen. Eher wird man daran denken, dass sich solche poetischen Produkte schnell verbreiteten und dabei anonym wurden. Diese Überlegung macht auch verständlich, wie es kommt, dass der evangelische Pfarrer Koch scheinbar den katholischen Kardinal zitiert.

Das hexametrische Gedicht geht von zwei sprichwörtlichen Versen aus.8) Ihnen schließen sich Aussagen über den Verstorbenen an. Sie sollen wohl ausdrücken, dass er stets mit dem Tod gerechnet hat.

Die Grabinschrift des Pfarrers Johann Heinrich Koch greift variierend auf die seiner Frau zurück; es wird angespielt auf das einleitende Distichon und die Anfangsworte des deutschen Textteils.9) Solche sprachliche Bezugnahme gibt es anscheinend nicht häufig, während die bildenden Künstler öfters auf Motive auf dem Grabstein des früher verstorbenen Ehepartners zurückgreifen.10)

Das Grabmal schuf wohl ein Nachkomme des Pfarrers Antonius Koch,13) nämlich einer der drei in Großalmerode wohnhaften Steinmetzen namens Georg Koch. Wenn man dieses Werk einem Neunzehnjährigen zutraut, stammt es von Georg Koch III; andernfalls ist es Georg Koch II zuzusprechen, der es dann vor seinem Tod am 27. 6. 1726 noch zu Lebzeiten des Pfarrers Johann Heinrich Koch angefertigt haben müsste.14) Die untere Zeile der Rückseite gibt möglicherweise das Entstehungsjahr an, vielleicht sogar 1728, womit die Urheberschaft des jüngsten Georg Koch wahrscheinlich wird.


  1. Freundlicher Hinweis von Michael Oberweis, Mainz. Er merkt an: „Offenbar hat das Beispiel Barberinis schon früh Schule gemacht.“- Der Grabspruch knüpft an ein Bibelwort an: „Respondensque Abraham, ait: Quia semel cœpi, loquar ad Dominum meum, cum sim pulvis et cinis“ (Gn 18,27), ähnlich „terra et cinis“ (Sir 10,9; 17,31). In Fronton du Ducs Übersetzung der Homilie 6 des Johannes Chrysostomus erscheinen beide Ausdrücke nebeneinander: „Descende ab inani illo flatu: considera naturae vilitatem: Terra et cinis es, cinis et pulvis, fumus et umbra et flos herbae.“
  2. Jacobi Zevecoti poematum editio ultima, Amsterdam 1640, Epigr. 99, S. 249; online benutzbar z. B. unter http://books.google.de/books?id=qN1IAAAAcAAJ&pg=PA249&lpg=PA249&dq=cinis+umbra+nihil&source=bl&ots=Su7EgIJgaj&sig=5knfSeJhM8p_KQLRJ5IAAisEWRM&hl=de&sa=X&ei=DTP_UpePBaP_ywO2n4H4Dg&ved=0CC4Q6AEwAA#v=onepage&q=cinis%20umbra%20nihil&f=false (letzter Zugriff 23. 02. 2016).
  3. Der Text ist nachlesbar unter: http://www.mocavo.com/Rossiana-Papers-and-Documents-Relating-tothe-History-and-Genealogy-of-the-Ancient-and-Noble-House-of-Ross-of-Ross-Shire-Scotland-and-ItsDescent-Form-the-Ancient-Earls-of-Ross-Together-With-the-Descent-of-the-Ancient-and-Historic-Family-of-Read-From-Rede-of-Trough-End-Reade-of-Barton-Court-Berks-and-Read-of-Delaware-Also-SomeAccount-of-the-Related-Families/216975/71#71. Informationen zu Ross auf S. 42, die Grabinschrift auf S. 43 (letzter Zugriff 23 02. 2016).
  4. s. Walther II/2 S. 281 Nr. 10617a; sie werden auch z. B. in Totentanzdarstellungen zitiert, s. Douce 62. Douce stellt einen in einem 1495 in Paris gedruckten Stundenbuch enthaltenen Totentanz vor, von dem es zeitnahe Varianten gibt; daraus lässt sich schließen, dass die Verse auf vielen Wegen verfügbar waren. Sie führen sprachlich offenbar zu älteren Versionen von Totentänzen zurück. Auch die meisten anderen Beischriften sind zweisilbige Leoniner, es sind aber keine Reime darüber hinaus erkennbar. Eine Paarbildung der 24 Einzelverse zu 24 Bildern ist aber mehrfach möglich (Anschlüsse mit Et und gemeinsames Subjekt wie im vorliegenden Fall).
  5. Vgl. Kat.-Nr. 291. Wenn EXPERTUS in E richtig gelesen ist, wird das einleitende Distichon sogar zweimal zitiert.
  6. s. z. B. die Grabsteine der Eheleute Wagner, Kat.-Nrr. 300, 303.
  7. s. Chronik Velmeden 360.
  8. Zu den Steinmetzen namens Georg Koch s. Einleitung 4.6.2.
Inscription

Umschrift:

A I(OHANN) · H(EINRICH) · // K(OCH) ·

B HIC IACET PULVIS CINIS ET NIHIL · / HIER RUHET IM STAUB

DER ERDEN, / SANFT UND SEELIG · DER WEŸLAND

WOH⌣L/EHRWÜRDIGE U(ND)a) WOH⌣LG(E)L(AHRTE)a) IOH(ANN)a)

HENR(ICH)a) KOCH / IN DIE 41 IAHRE GEWESENER TREUFLEIS/

SIGER PREDIGER DES WORT GOTTES ZU / WALBURG U(ND)a)

RETTERODA · GEBOHREN / A(NN)O 1658 d(en) 25 t(en)a) s(eptem)-

brisb) IN DEM STANDE / DER H(EILIGEN)a) EHE 27 IAH⌣R GELEBT

MIT FRAU / MAGDALENA WERNERIN, DARIN(N)c) ERZEU/GET 5

KINDER ALS 1 SOHN U(ND)a) 4 TÖCHTER / 8 IAH⌣R IM WITTIBEN-

STAND GELEBT END/LICH ANNO 1727 D(EN)a) 24 t(en)a) MARTII /

VERSTORBEN, U(ND)a) ALT WORDEN 68 / IAH⌣R 4 M(ONATH)d)

WENIGER / 2 · TAGE ·

C G(EORG) K(OCH)

D SEIN LEICHTEXT / STEHET BESCH⌣RIEBE(N) / LUC(AE)a) CAP(I-

TEL)d) XXIII V(ERS)e) 46 // UND IESUS RIEF LAUT, UND SPRACH: /

VATTER, ICH BEFEHLE MEINEN GEIST / IN DEINE HENDE2) ·f)/

DAN(IEL)a) XII · CAP(ITEL)a) V(ERS)e) · 3 · DIE LEH⌣RER / ABER WER-

DEN LEUCHTEN WIE DES HIM(M)ELSc) GLANZ, UND DIE SO VIE-

LE / ZUR GERECHTIGKEIT WEISEN, WIE / DIE STERNEN IMMER

UND EWIGLICH3)

E HA⌣EC TUA VITA BREVIS, QUA⌣E TE DELECTATg) / INIQUE ·f) /

EST VELUT AURA LEVIS TE MORS / EXPECTAT UBIQUEf)

HIC IACET [EX]P[ER]TUSh) PASTO[R] PATER / [WALB]URGENSISf) /

MOMEN[TI CERTUSNE] IACET SEUi) [EM]IN/[ET ENSIS]f) j) /

[– – –]k)


  1. Kürzungszeichen: Doppelpunkt.
  2. Schaft des b durchstrichen.
  3. Kürzungszeichen: Querstrich/Nasalstrich über vorhergehendem Buchstaben.
  4. Kürzungszeichen: Punkt.
  5. Linker Schrägschaft schräg durchstrichen.
  6. Zeile zentriert.
  7. TAT auf dem Rand außerhalb des Feldes.
  8. Nach dem Anschein ist SEPULTUS zu lesen, was zweifach gegen die Metrik verstößt. EXPERTUS ist vorzuziehen.
  9. SEU vor Vokal z. B. Alcim. 6,382 oder Verg. georg. 1,89 in älteren Vergilausgaben.
  10. Zur Klausel s. Gaufredus Malaterra, PL 149, 1165Df. (11. Jh.; leoninische Hexameter).
  11. Aus Resten könnte man MDCCXXVIII als Herstellungsjahr erschließen.
  1. Lk 23,46.
  2. Dan 12,3.

Übersetzung:

(B) Hier liegt Staub, Asche und Nichts.

(E) Dieses dein kurzes Leben, das dich zu Unrecht erfreut, ist wie ein leichter Lufthauch: Der Tod erwartet dich überall. Hier liegt ein Pfarrer, der das erfahren hat, der Vater von Walburg, sicher des Augenblicks (des Todes), ob das Schwert liegen bleibt oder sich zeigt.

Kommentar:

Vier Hexameter (E) mit zweisilbigem Reim 1. an der Zäsur, 2. am Ende (collaterales) (E).

Schrift:

Kapitalis mit Humanistischen Minuskeln

References

Bibliography:

Coat of Arms:

Koch

Editing:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 295.

Citation
„Pfarrer Johann Heinrich Koch (jr.) 1727/28?, Walburg“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/gdm/id/2415> (Stand: 20.3.2023)