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Christoph Gunther 1629 Witzenhausen

Witzenhausen · Gem. Witzenhausen · Werra-Meißner-Kreis | Historical Gazetteer
Place of Location | Characteristics | Description | Inscription | References | Citation
Place of Location

Place of Location:

Witzenhausen

Premises:

Witzenhausen, Liebfrauenkirche

Angaben zum Standort:

Außen an der Nordostecke.

Characteristics

Dating:

1629

Type:

Grabplatte

Conservation:

erhalten

Dimensions:

90 x 200 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 3-4,5, (B) 4-4,5, (C) 3,2 cm

Description

Description:

Grabplatte für Christoph Gunther. Hochrechteckige Platte. Die umlaufende Inschrift A beginnt in der linken oberen Ecke, ist aber erst etwa ab der rechten oberen Ecke lesbar; der umlaufende Text wird im oberen Teil des Innenfeldes fortgesetzt, er ist dort stellenweise stärker verwittert; unter dem Text zwei nebeneinander liegende Wappen, die in die letzte Zeile der Inschrift A hineinragen; Inschrift B im Schild des linken Wappens. Der obere Teil des Innenfeldes besitzt einen schlichten, geradlinigen Rahmen, der untere ist im mittleren Teil mit einem Lilienornament verziert, das bis zwischen die beiden Wappen ragt. Darunter befindet sich in einer Beschlagwerkkartusche ein zweites Schriftfeld mit Inschrift C, stellenweise verwittert. Inschrift A anfangs erhaben in vertiefter Zeile, dann oben im Feld in kleinerer Schrift eingehauen wie B und C. In Inschrift C einige Kommata zur Textgliederung.

Die erhabenen Buchstaben der Inschrift A sind in guter Proportion und großer Regelmäßigkeit ausgeführt; Schaft- und freie Bogenenden, teils auch Balkenenden verfügen über keilförmige Verbreiterung als Ersatz von Sporen; der Wechsel von Haar- und Schattenstrichen gleicht noch alten klassizierenden Varianten; ein H mit ausgebuchtetem Balken (HERR). Demgegenüber sind die eingehauenen Buchstaben von Inschrift A und die der Inschrift C gleichartig schlank und stark gedrängt, was zu entsprechenden Bogenbildungen führt; hervorzuheben sind Q mit linksschräger Cauda, die an einem verlängerten rechten Bogenabschnitt hängt; und U (häufig neben wenigen V) aus zwei Schäften, deren Verbindungsbogen zu einem rechtsschrägen kurzen Balken verändert ist. Die beiden eingestellten O (über dem Balken des L (LOCO) und unter dem des T (CHRISTOPHORI) unterliegen dem Raumbedarf der versweisen Schriftanordnung, die nicht durch übermäßige Kürzung entstellt werden konnte.

Die Buchstabenreste in C (Vers 2) legen nahe, als den fehlenden Eigennamen eine lateinische Bezeichnung des Flüsschens Gelster zu vermuten. Denn das alte Witzenhausen lag unmittelbar westlich der Gelster und südlich der Werra, die weiter unten genannt ist. Noch heute sind Teile der östlichen Stadtmauer zu sehen, die in geringer Entfernung parallel zur Gelster verlaufen. Die Gelsteraue reichte – wie auch die Werraaue – bis an die Stadtmauer, wie man auf einem Bild von Witzenhausen sieht, das in Wilhelm Dilichs Hessischer Chronik von 1608 wiedergegeben ist.4) Im Gedicht wird die Gelster als Gelistra bezeichnet worden sein, m. E. eine poetische Abwandlung des mehrmals belegten Wortes Gelstra.5)


  1. Auch Reyer, Abbildungen 160 gibt es wieder und beschreibt es.
  2. s. Chronik Laudenbach 18 u. 19 Anm. 1 und (in deutschem Kontext) „obir di gelstra“ in: Landgrafen-Regesten online Nr. 10936 (Stand: 12. 9. 2011) aus 1355 und weiter in lateinischem Kontext, wo mit Bezug auf den Kaufunger Wald gesagt ist: „intra Gelstram et Losmam amnes posita“, (aus 1289, Zitat nach Seidensticker 189).

Sex, Age, Family Status:

männliche Person(en)

Enthaltene Wappen:

Gunther2)

Spangenberg3)


  1. Wappen Gunther (Kelch mit Initialen, s. Inschrift B).
  2. Wappen Spangenberg (Vogel auf einem Zweig), vgl. DI 66 (Lkr. Göttingen) Nr. 231.

Dargestellte Personen:

Nach Bischhausen ist in Inschrift A Unterrieden genannt. Das entspricht den damaligen kirchlichen Verhältnissen in Unterrieden:6) „Mit der Reformation im Werratal und der Auflösung des Wilhelmitenklosters in Witzenhausen ging das Patronat an den hessischen Landgrafen über – um 1570 gehörte die Unterrieder Kirche zu Witzenhausen, von wo aus die Pfarrstelle versehen wurde.“ Auf Unterrieden deutet auch ein weiteres Argument: Von Johannes Jacobi, 2. Pfarrer (Kaplan) zu Witzenhausen und Pfarrer von Unterrieden, existiert ein „Verzeichnis der Besoldung, so ein Caplan zu Witzenhausen, Bischhausen und Unterrieden jährlich hebet.“7) Jacobi ist noch 1620 in diesem Amt bezeugt8) und anscheinend der unmittelbare Vorgänger des Magisters Christoph Gunther gewesen.

„Mag. Christoph Gunther, der 1615 am Pädagogium, 1616 an der Universität Marburg immatrikuliert wurde (Nr. 139 und 140), war von 1615 Okt 1 bis 1619 Okt 1 Stipendiat der Stadt. Von 1620 bis 1629 war er Diakonus in Witzenhausen. Ein 1629 Nov 22 als Postumus gestorbenes Kind starb dem Vater alsbald nach.“9) Dem ist hinzuzufügen, dass Gunthers Ehefrau wohl der Mündener Familie Spangenberg entstammt. Denn das verraten die Wappen, auch wenn die Schildbilder nicht völlig übereinstimmen.10) Gunthers Nachfolger als Diakon war Conrad Brunstein, der am 28. September 1629 sein Amt antrat.11) Demnach wird die Grabplatte im Jahre 1629 oder kurz danach entstanden sein. Die Jahreszahl im Text und die Altersangabe sind verlorengegangen. Diese dürfte zwischen den Wappen gestanden haben, wo sich noch Spuren von Schrift abzeichnen, vielleicht einer 3. Auf ein Alter knapp über 30 deutet auch der Studienbeginn 1615 hin.


  1. s. Chronik von Unterrieden 84.
  2. s. Hütteroth 157 s. v. Jacobi, Johannes.
  3. s. Hütteroth 550 s. v. Witzenhausen.
  4. s. Eckhardt, Studierende 58 s. v. Gunther (mit Verweis auf Diehl, Stipendiatenbuch der Universität Marburg S. 99).
  5. Auf dem Witzenhäuser Wappen hat der Vogel die Flügel angelegt, auf dem Mündener hält er sie ausgebreitet und stellt den Schwanz hoch. Die Trauungen sind in der fraglichen Zeit leider nicht in die Mündener Kirchenbücher eingetragen
  6. s. Kat.-Nr. 163.
Inscription

Umschrift:

A [– – –] / [. .]N [1]9 [SEPTE]MBRISa) ABENDS ZWISCHEN 10 VND 11

VHR IST / DER EHRWVRDIG VND WOL/GELARTE HERR M(AGIS-

TER) CH⌣RISTOPHOR(VS) GVNTER DIACONVS ALHIHR IN //

BISCHHAVSEN VND VNTERRIDE(N) / PFARHERR [. .]b) GOTT SE-

LIG ENT=/SCHL//AFFENc) A(NN)O // A⌣ET(ATIS)d) / [. .]

B C(HRISTOPHORUS) · // G(UNTER) ·

C HOCe) LOCO IAM CHRISTOPHORIe) Q(VI)ESCU(N)T

OSSA GUNT⌣H⌣ERIe) , TUA QVI GELIST[.]Af)

MOENIA ET CAMPOS DOCUIT PROPI(N)Q[V]OSg)

SACRA TONANTIS

5 QVI POTENS LINGVA SUPERA[⌣EQ(VE)]h) LEGIS

VIRIBUS NEC NON PIETATE MENTES

DUXIT , ILLIUS CITA FATA PLORAT

UNDA VIERRA⌣E

CESSIT ARMORUM [FU]RIIS , SED EI(US)

10 NOMEN INCISUM LAPIDI MANEBIT

DONEC EXTREMI SONITUS DIEI

SURGITE CLA(N)GET

I(N) P(IAM) MEM(ORIAM) PONI / M. S. F(ECIT)i)


  1. Die 1 unsicher. Von den Buchstaben, die in eckige Klammern gesetzt sind, haben sich spärliche Reste erhalten. Vermutlich lautete der Anfang: ANNO DOMINI 1629 DEN.
  2. Ein Quadrat, aber keine Reste von sinngemäßem IN.
  3. Doppelschrägstrich auf der Grundlinie.
  4. Abgekürzt mit Punkt. Es lässt sich nicht feststellen, ob die Zahl nur verloren ist oder niemals ausgeführt wurde.
  5. Mit vergrößertem Anfangsbuchstaben.
  6. A ist nicht gesichert, da nur der untere Teil des rechten Schrägschafts im Falz zu erkennen ist. Es könnte auch ein R vorliegen. Hier scheint aber der Vokativ eines Eigennamens erforderlich, so dass das R wohl verloren ist.
  7. Von den letzten vier Buchstaben die beiden ersten halb verloschen, der dritte im Falz, der vierte schon im Beschlagwerk.
  8. Bei SUPERA[EQ(UE)] rechts noch der Rest des Kürzungszeichens erkennbar, das auf das nicht mehr vorhandene Q folgt.
  9. Zeilen eingerückt und rechtsbündig geschrieben. Kürzungszeichen der Suspensionen: Punkt. Die Initialen bezeichnen wohl den Stifter bzw. die Stifterin des Denkmals und sind auflösbar z. B. zu MARITO SPONSA oder M(. . .) SPANGENBERG, kaum zu MARITA SUPERSTES oder MONUMENTUM SOCER. Die Wendung monumentum poni fecit ist vielfach belegt, z. B. in Halle, vgl. DI 85 (Halle) Nr. 362, in Bevern, vgl. DI 83 (Holzminden) Nr. 134; häufiger noch sind Junkturen mit anderen Verben des Veranlassens und Pluralia.

Übersetzung:

(C) An diesem Platz ruhen nun des Christophorus

Gunter Gebeine, der, Gelsterflüsschen, deine

Mauern und die benachbarten Felder1)

#d. h. die Leute in Stadt und Land.

die Heilige Schrift (das Heilige des Donnerers) lehrte,

Der, durch Zunge mächtig, mit des höheren

Gesetzes Kraft und mit Frömmigkeit die Herzen

leitete. Seinen schnellen Tod beweint

die Welle der Werra.

Er wich dem Rasen der Waffen, doch sein

Name, eingeschnitten in Stein, wird bleiben,

bis der Ton des jüngsten Tages (den Ruf)

„Steht auf“ erschallen lässt.

Zu frommem Gedächtnis ließ M. S. (diesen Stein) setzen.

Kommentar:

Drei sapphische Strophen (je 3 sapphische Elfsilbler und ein Adoneus).

Schrift:

Kapitalis

References

Coat of Arms:

Gunther · Spangenberg

Editing:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 149.

Citation
„Christoph Gunther 1629 Witzenhausen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/gdm/id/2343> (Stand: 20.3.2023)