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Hessian Biography

Portrait

Ludwig Ferdinand Heinrich Georg Friedrich von Friedeburg
(1924–2010)

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Friedeburg, Ludwig Ferdinand Heinrich Georg Friedrich von [ID = 6568]

* 21.5.1924 Wilhelmshaven, † 17.5.2010 Frankfurt am Main, Begräbnisort: Frankfurt am Main Friedhof Niederursel
Prof. Dr. phil. – Marineoffizier, Soziologe, Psychologe, Hochschullehrer, Politiker, Abgeordneter, Kultusminister
Biographical Text

Ludwig von Friedeburg war als Sohn eines kommandierenden Admirals 1944 der jüngste der deutschen U-Boot-Kapitäne. Er sollte eines der neuen U 4710-Boote führen, aber zu einer Ausfahrt aus dem Kieler Hafen kam es nicht mehr. Der Vater mußte 1945 die Kapitulation mit unterzeichnen und beendete darauf sein Leben. Ludwig-Ferdinand Heinrich Georg Friedrich, wie er nach seiner Geburt in Wilhelmshaven am 21. Mai 1924 getauft wurde, studierte nach der Gefangenschaft bei den Alliierten vor allem Psychologie in Kiel und Freiburg im Breisgau und trat 1951 zunächst in das Institut für Demoskopie Allensbach und 1955 in das Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main ein. 1960 habilitierte er sich bei Theodor W. Adorno mit einer Arbeit über die Soziologie des Betriebsklimas. 1962 wurde Ludwig von Friedeburg Professor für Soziologie und dann auch Direktor des Instituts für Soziologie an der Freien Universität Berlin. Seit 1966 war er neben Theodor W. Adorno und Max Horkheimer dritter Direktor. Er wurde auch Adornos Nachlaßverwalter.

1969 wurde Ludwig von Friedeburg von Albert Osswald als Kultusminister des Landes Hessen berufen.

Seine Schulpolitik zielte auf die Auflösung der traditonellen Bildungseinrichtung in Deutschland: die Überführung des gegliederten Schulsystems in Gesamtschulen und die Einführung neuer Rahmenrichtlinien für die Fächer Deutsch, Gesellschaftslehre und Kunsterziehung. Es ging Friedeburg um eine Fortentwicklung der Fächer vom klassisch-bildungsbürgerlichen Schulfach hin zu einem Verständnis, das diese Fächer und ihre Inhalte in einen modernen gesellschaftlichen Zusammenhang stellte, der einer demokratischen und offenen Gesellschaft angemessen wäre.

In keinem anderen Bundesland wurde eine solcherart den progressiven Bildungsforderungen entsprechende Bildungspolitik eingeführt und daher war der Widerstand insbesondere der Elternschaft in Hessen auch am heftigsten. Die dramatischen Verluste der SPD in der Landtagswahl 1974 führten zur Rücknahme von Teilen der Reformen durch Friedeburgs Nachfolger Hans Krollmann. Ludwig von Friedeburg kehrte auf seine wissenschaftliche Stelle im Institut für Sozialforschung zurück.

In seine Zeit als Kultusminister fiel auch die Gründung der Integrierten Gesamthochschule Kassel. Die Wirkung seiner Tätigkeit hält somit lange an.

Lupold von Lehsten


Bibliography
  • Lengemann, MdL Hessen 1808–1996. Biographischer Index, Marburg 1996, S. 134
  • Lengemann, Das Hessen-Parlament 1946–1986, Frankfurt am Main 1986, S. 256
  • Beier, Arbeiterbewegung in Hessen, Frankfurt am Main 1984, S. 419
  • GHdA Adlige Häuser B, Bd. XXVI, 2006, S. 112-113
  • Joachim Neander, Die Antwort der Söhne auf das Dritte Reich. Die grossen Brüder (4): die Friedeburgs. In: Die Welt, Nr. 140, 20. Juni 1970
  • Christine Pries, Ludwig von Friedeburg. Streiter für die Chancengleichheit. In: Frankfurter Rundschau online 19.5.2010
  • Albrecht Kirschner, Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Vorstudie „NS-Vergangenheit ehemaliger hessischer Landtagsabgeordneter“ der Kommission des Hessischen Landtags für das Forschungsvorhaben „Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen“, Wiesbaden 2013