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Volksentscheid „gegen die Versklavung des Deutschen Volkes“, 22. Dezember 1929

Der von Alfred Hugenberg (1865–1951) auf den Weg gebrachte, und durch das auf seine Initiative hin gegründete Rechts-Bündnis „Reichsausschuss für das deutsche Volksbegehren gegen den Young-Plan und die Kriegsschuldlüge“ unterstützte „Volksentscheid über den Entwurf eines Gesetzes gegen die Versklavung des Deutschen Volkes“, welcher sich gegen Höhe und Bedingungen der Reparationszahlungen im Young-Plan wendet, endet mit einer deutlichen Schlappe für die rechten Parteien. Nur 13,81 % der Wahlberechtigten stimmen für das sogenannte Freiheitsgesetz, das nicht allein explizit den Young-Plan ablehnt, sondern der These der deutschen Kriegsschuld widerspricht, auf eine umfassende Revision des Versailler Vertrages hinausläuft und den Mitgliedern der Reichsregierung Landesverrat unterstellt.1 Vorangegangen war der größte politische Propagandafeldzug in der Geschichte der Weimarer Republik.

Das von den im „Reichsausschuss“ zusammengeschlossenen Vertretern der DNVP, des „Stahlhelm“, der DVP, des Reichslandbundes, der NSDAP und deutschen Industriellen unterstützte Volksbegehren war von Seiten der Reichsregierung am 30. September 1928 zugelassen worden, nachdem sich während der Eintragungsfrist vom 16. bis 29. Oktober rund 4,1 Millionen stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger an einem Quorum2 für den Gesetzesentscheid beteiligten. Mit 10,02 % wurde die erforderliche Mindestbeteiligung nur knapp überschritten.

Anlass für die Initiative des von DNVP und Stahlhelm angeführten Rechtsbündnisses gab der im Juni 1929 von einem in Paris tagenden Ausschuss unter Leitung des amerikanischen Wirtschaftsexperten Owen D. Young (1874–1962) ausgearbeitete Reparationsplan, der eine Neuregelung der Zahlungsverpflichtungen des Deutschen Reichs auf Grundlage des Versailler Vertrags von 1919 vorsah. Demnach war eine kriegsbedingte Reparationsschuld von 36 Milliarden Reichsmark verzinst bis zum Jahr 1988 zurückzuzahlen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Alliierten unter anderem zur vorzeitigen Räumung des Rheinlandes (einschließlich der bayerischen Pfalz) bis zum 30. Juni 1930. Ferner sollte die deutsche Souveränität wieder hergestellt und die Reichsbank aus der bestehenden alliierten Kontrolle entlassen werden.

Der Young-Plan, der den am 16. August 1924 beschlossenen Dawes-Plan korrigiert, wird am 12. März 1930 im Reichstag verabschiedet, jedoch bereits im Juli 1932 aufgrund der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise wieder aufgehoben.
(KU)


  1. Vgl. § 4 des Entwurfs zum „Gesetz gegen die Versklavung des deutschen Volkes“: Reichskanzler und Reichsminister und deren Bevollmächtigte, die entgegen der Vorschrift des § 3 [Ablehnung der Übernahme neuer Reparationsverpflichtungen] Verträge mit auswärtigen Mächten zeichnen, unterliegen dem in § 92 Nr. 3 StGB vorgesehenen Strafen.
  2. Ein Quorum bezeichnet die Zahl der Stimmberechtigten, die sich an einer Abstimmung beteiligen müssen, damit diese gültig bzw. erfolgreich ist.
Records
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„Volksentscheid „gegen die Versklavung des Deutschen Volkes“, 22. Dezember 1929“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/2243> (Stand: 22.12.2021)
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