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Stellungnahme der Stadt Frankfurt zum Antrag der Erweiterung der Sondermüllverbrennungsanlage der Hoechst AG in Frankfurt, 22. August 1989

Der Antrag der Hoechst AG auf Erweiterung ihrer bereits bestehenden Sondermüllverbrennungsanlage im Frankfurter Stammwerk um zwei weitere Brennstraßen ruft bürgerschaftliche und politische Kritik hervor.1 Der Konzern hingegen verspricht sich durch die geplanten Erweiterungen eine Kapazitätserhöhung der Sondermüllverbrennung um rund 60.000 Tonnen jährlich. In einem gemeinsamen Antrag von SPD und CDU des Ortsbeirates 62 an die Stadtverordnetenversammlung wird dem Bau der neuen Sondermüllverbrennungsanlage unter Auflagen zugestimmt. Zu den Kritikern des Projekts zählen nicht nur die GRÜNEN im Ortsbeirat 6, sondern es sprechen sich auch gegen den Erweiterungsbau das von den GRÜNEN mit der Untersuchung beauftragte Öko-Institut in Darmstadt, die Stadtverordnetenversammlung der benachbarten Stadt Hofheim am Taunus wie auch der rot-grüne Magistrat der Stadt Frankfurt in einer Stellungnahme aus.3 Auch der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) äußert Bedenken zum Erweiterungsbau.4 Weiter greift noch der Einsatz des „Aktionsbündnisses gegen die Giftmüllverbrennungsanlage Höchst“, das eine Klage erwägt, sofern die Sondermüllverbrennungsanlage eine Baugenehmigung erhalte.5 Die Gegner der Anlage kritisieren Planungsmängel, die Unvollständigkeit der beim Regierungspräsidium eingereichten Unterlagen und ein fehlendes Sicherheitskonzept. Hierunter fallen insbesondere fehlende Angaben zu Menge und Umfang der zu verbrennenden Stoffe sowie eine fehlende Deklaration der Inhaltsstoffe. Der Sprecher des Unternehmens hingegen widersprach dem Vorwurf. Eine detaillierte Auflistung der Inhaltsstoffe sehe das Abfallbeseitigungsgesetz nicht vor, auch in allen anderen Punkten sah der Konzern kein Eigenverschulden.6 Weiters wird dem Chemiekonzern vorgeworfen, einen zusätzlichen Luftschadstoffausstoß in einem bereits belasteten Gebiet zu befördern. Die geplante Rauchgas-Waschanlage sei technisch nicht auf dem neuesten Stand, giftige Abgase, insbesondere Dioxine könnten dadurch nicht ausreichend gefiltert werden. Neben der Verunreinigung der Luft sei auch die Gefährdung des Flusses Main und des Grundwassers zu befürchten: Vorgeworfen wird der Hoechst AG die Ableitung von Salzen aus dem Verbrennungsprozess in den Main und die Inkaufnahme einer Beeinträchtigung der Grundwasserqualität, die trotz Versiegelung des gesamten Gebietes nicht ausgeschlossen werden könne. Nicht zuletzt finde keine ausreichende Beschäftigung mit grundlegenden Überlegungen zu den Themen Müllvermeidung und -wiederverwertung statt.7
(FW)


  1. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.1989, S. 56: Grüne: „Billiggenehmigung“ für die Hoechst AG; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.1989, S. 42: Gegner fordern Informationen; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.12.1988, S. 43: Bedenken gegen geplante Müllverbrennung bei Hoechst; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.8.1989, S. 30: Koenigs fordert bessere Technik.
  2. Zum Ortsbezirk 6 gehören mitunter die Stadtteile Höchst und Griesheim. Vgl. Übersicht Ortsbezirk 6 der Stadt Frankfurt, Stand: 13.6.2014. In Letzterem befindet sich bereits eine Sondermüllverbrennungsanlage der Firma Höchst.
  3. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.5.1989, S. 40: Rot-grüne Differenzen; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.9.1989, S. 40: Müllverbrennung bei Hoechst: Öko-Institut kritisiert Pläne; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.12.1988, S. 43: Bedenken gegen geplante Müllverbrennung bei Hoechst; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.1989, S. 64: „So geht man nicht mit Nachbarn um“.
  4. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.12.1988, S. 43: Bedenken gegen geplante Müllverbrennung bei Hoechst.
  5. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.10.1989, S. 45: Gegner erwägen Klage.
  6. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.1989, S. 42: Gegner fordern Informationen; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.1989, S. 64: „So geht man nicht mit Nachbarn um“.
  7. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.12.1988, S. 43: Bedenken gegen geplante Müllverbrennung bei Hoechst; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.10.1989, S. 45: Gegner erwägen Klage; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.1989, S. 64: „So geht man nicht mit Nachbarn um“; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.8.1989, S. 30: Koenigs fordert bessere Technik.
Records
Recommended Citation
„Stellungnahme der Stadt Frankfurt zum Antrag der Erweiterung der Sondermüllverbrennungsanlage der Hoechst AG in Frankfurt, 22. August 1989“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/5036> (Stand: 27.11.2022)
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