Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Landesparteitag der hessischen SPD befürwortet Koalitionsverhandlungen mit den Grünen, 5.-6. November 1983

Auf ihrem zweitägigen Landesparteitag in Baunatal spricht sich die hessische SPD für Verhandlungen mit den Grünen über eine Zusammenarbeit im Wiesbadener Landtag aus. Mit dieser Entscheidung ziehen die Sozialdemokraten die Konsequenz aus dem Ergebnis der Landtagswahl vom 25. September, nach der die SPD zwar die stärkste Parlamentsfraktion stellt, aber mit nur 51 von 110 Mandaten nicht die erhoffte absolute Mehrheit erhielt.¹
Formal richtet sich das mit nur wenigen Gegenstimmen beschlossene Verhandlungsangebot nicht nur an die Grünen, sondern auch an CDU und die FDP. Die neunzigminütige Rede des SPD-Landesvorsitzenden und geschäftsführenden Ministerpräsidenten Holger Börner (1931–2006) sowie die sich anschließende Debatte machen aber deutlich, dass die Partei das Bündnis mit den Grünen sucht, um ein „Gegengewicht und Gegenmodell zu Bonn“ zu bilden. Eine definitive Festlegung auf die Öko-Partei wurde vorerst nur deshalb vermieden, weil dies, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Winterstein sagte, „zu politischen Preisen führen könnte, die wir nicht bezahlen können“.² Holger Börner, der auf dem Landesparteitag mit einem Abstimmungsergebnis von 91 Prozent als Parteivorsitzender bestätigt wird, kündigt an, in den bevorstehenden Gesprächen auszuloten, „ob die Grünen zum reformerischen Block in der Gesellschaft zu rechnen sind oder ob sie durch ihre innerorganisatorischen Probleme im Zustand der Politikunfähigkeit bleiben“.³
(KU)

1. Die SPD erzielte ein Ergebnis von 46,2 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen. Die bereits seit der Landtagswahl von 1982 bestehende Pattsituation, die es weder SPD noch CDU ermöglichte, allein die Regierung zu übernehmen, wurde durch das Wahlergebnis der vorgezogenen Neuwahl nicht aufgelöst. ↑
2. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.11.1983, S. 1. ↑
3. Ebd. ↑