Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Die letzten Julitage 1914 und die Mobilmachung in der Frankenberger Zeitung, Juli / August 1914

Abschnitt 4: 28.7.1914: Selbstmord eines Bürgers in Eschwege


Eschwege. 29. Juli. Ein erschütterndes Gerücht eilte gestern abend1 durch unsere Stadt; einer der bekanntesten und angesehensten Bürger, Stadtverordnetenvorsteher Hartmann Calenberg, habe sich erschossen. Leider sollte sich die Nachricht im vollen Umfange bestätigen. Angetan mit dem Gehrockanzug hatte der Bedauernswerte gegen 7 Uhr in seinem Kontor die tödliche Waffe gegen sich gerichtet. Die Stadtverordnetensitzung, die um 8 Uhr stattfinden sollte, wurde sofort abgesagt. Der Verstorbene stand im besten Mannesalter und hatte ein gutgehendes Geschäft — Roßhaarfabrik —, das er mit seinem Bruder gemeinsam betrieb und lebte in guten Vermögensverhältnissen. Nach Gründen, die ihn bewogen haben könnten, freiwillig aus dem Leben zu scheiden, sucht man vergebens. Wahrscheinlich hat er die unselige Tat in plötzlicher Geistesstörung vollführt. Neben der bedauernswerten Familie, der man in allen Kreisen der Bürgerschaft die lebhafteste Teilnahme entgegenbringt, bedeutet sein plötzlicher Tod auch für die Stadt Eschwege einen schweren Verlust. Sein scharfer Blick, sein offener, biederer Charakter machten ihn zu dem wichtigen, Amte eines Stadtverordnetenvorstehers besonders geeignet.

[Frankenberger Zeitung vom 1. August 1914]


  1. 28. Juli 1914.

Persons: Calenberg, Hartmann
Places: Eschwege
Keywords: Frankenberger Zeitung · Zeitungen · Selbstmorde · Fabrikanten · Roßhaarfabriken · Fabriken · Stadtverordnete
Recommended Citation: „Die letzten Julitage 1914 und die Mobilmachung in der Frankenberger Zeitung, Juli / August 1914, Abschnitt 4: 28.7.1914: Selbstmord eines Bürgers in Eschwege“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/38-4> (aufgerufen am 26.04.2024)