Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

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  1. Brief Johann Wolfs an seine Mutter, 19. März 1918

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Johann Wolf (links) in rumänischer Landestracht mit einem Kameraden

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Soldaten vor der Kaserne des Eisenbahn-Regiments Nr. 3 in Hanau, um 1910 (?)

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Pfarrer Karl Edmund Pacificus Schulz aus Bad Soden

↑ Feldpostbrief des Eisenbahnpioniers Johann Wolf aus Bad Soden (Kinzig) an seine Mutter, 1918

Abschnitt 1: Brief Johann Wolfs an seine Mutter, 19. März 1918

[1-4]
Rumänien den 19.3.18.

Mein liebes Mütterchen!1

Erhielt heute deine lb. Zeilen vom 13/3. u. will dir sofort antworten. Wegen Urlaub brauchst du kein Gesuch zu machen das mache ich hier. Du musst mir nur vorher schreiben wann ich kommen soll aber wenigstens vier Wochen vorher. Es freut mich dass du mir Babette Ihr Geburtstag angegeben hasst. Ich werde denselben nicht vergessen.

An Kleinberg habe ich am 17/3. 2 Kistchen Maisgries abgeschickt mit zusammen 15 Kilo. Das Kilo kostet 80 d. [Pfennig] = 12,00 Mark. Kistchen a Stück 1,00 M. = = 2,00 Mark, zusammen 14,00 Mark. Der bereits geschickte kostet mit Kiste u. Porto 18,00 Mark = zusammen 32,00 Mark. Ich bekomme also noch 2,00 Mark von Ihr. Lass dir dieselben von Ihr geben. An Stieglitz u. Sondheimer werde ich in den nächsten Tagen die gewünschten Bohnen abschicken. Mit Bohnen ist es hier auch [S. 2] bald zu Ende, es sind noch kaum welche zu bekommen. Den Weizen welcher ich an dich abgeschickt habe kannst du mahlen lassen. Für Kaffee schicke ich dir in einigen Tagen noch 1-2 Kistchen Gerste. Ich habe denselben schon in meinem Besitz nur die Kisten dazu fehlen mir noch. An Babette bezw. an Herrn Pfarrer2 werde ich auch ein Kistchen Gerste schicken. Schreibe mir nur recht bald über die angekommenen Kisten sonst bin ich hier immer im ungewissen. Mit dem Gelde schicken werde ich es lassen wie du mir geschrieben hast. Solltest du aber doch noch vor meinem Urlaub was gebrauchen so schreibe mir sofort.

Wegen den Besen u. Bürsten wird sich dem Feldwebel seine Frau direkt mit dir in Verbindung setzen. Sie wird dir selbst schreiben was Sie haben will u. wie Sie sein sollen u. wird auch das Geld an dich schicken. Besorge die Sachen gut u. billig. Auch wegen gedörten Zwetschen schreibe mir einmal ob du davon abgeben kannst u. wieviel. Es wäre das auch fürn Feldwebel. Ich werde dann nicht mehr so schnell mit derartigen Wünschen kommen. [S. 3]

An Schweitzers habe ich noch nicht geschrieben, bin noch gar nicht dazu gekommen. Werde aber in den nächsten Tagen schreiben. Die Fotografie von unserm Heinrich erwarte ich schon sehr. Hasst du dieselbe schon abgeschickt? Auch bin ich sehr gespannt auf die Fotografie von Max. Mir geht es sonnst noch gut nur möchte ich jetzt lieber nach der Ukraine gehen denn hier wird es jeden Tag schlechter man bekommt bald nichts mehr zu kaufen. Alles ist von der Militärverwaltung beschlagnahmt selbst die kleinen Voräte, noch schlimmer als in Deutschland. Man kann alles selbst Eier nur hintenherum kaufen. Auch diese sind beschlagnahmt u. werden Waggonweise nach der Westfront befördert. Das Schicken nach der Heimat hat schon sehr abgenommen. Ich werde auch nicht mehr soviel schicken können. Sehe dich deshalb vor u. gebe nicht soviel her dass es dir dann noch selbst mangelt. Heute sorgt jeder erst für sich. Wenn du an Babette bezw. Herrn Pfarrer abgibst da habe ich nichts dagegen, aber für die [S. 4] falche Sod habe ich nichts übrig u. schliesslich heist es noch mir machten Geschäfte damit. Übrigens ist es streng verboten unter Strafe Lebensmittel aus Rumänien an einen dritten zu verkaufen. Das schicken soll nur eine Vergünstigung für die nächsten Angehörigen der Kriegsteilnehmer sein.

Nun will ich für heute schliesen. Schreibe recht bald wieder u. sei recht herzlich gegrüsst

von deinem Joh.

Viele Grüsse an Herrn Pfarrer u. Babette


  1. Susanne geb. Ihl (geb. 1862). Der Vater, der Landwirt Christoph Wolf, war bereits 1889 verstorben, Die Mutter hatte danach ein zweites Mal geheiratet.
  2. Der katholische Pfarrer in Bad Soden Karl Edmund Pacificus Schulz, geb. 1843, Pfarrer in Soden 1888-1924. Siehe zu ihm Alfred Kühnert, Pfarrer Schulz von Bad Soden. In: Bergwinkelbote 28, 1977, S. 101-103. - Bei der mit dem Pfarrer genannten Babette könnte es sich um dessen Haushälterin handeln.

Persons: Wolf, Johann · Wolf, Susanne · Wolf, Christoph · Schulz, Karl Edmund Pacificus
Places: Rumänien · Ukraine · Bad Soden
Keywords: Feldpost · Feldpostbriefe · Feldpostpakete · Maisgries · Lebensmittelversorgung · Bohnen · Weizen · Kaffee · Gerste · Zwetschen · Eier · Eisenbahnkompanien · Kasernen
Recommended Citation: „Feldpostbrief des Eisenbahnpioniers Johann Wolf aus Bad Soden (Kinzig) an seine Mutter, 1918, Abschnitt 1: Brief Johann Wolfs an seine Mutter, 19. März 1918“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/127-1> (aufgerufen am 25.04.2024)