Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessian World War I Primary Sources

↑ Kriegsgedichte in der Oberhessischen Zeitung (Marburg), Juli - September 1914

Abschnitt 8: Lothar Krupp, Kriegsreigen 1914 (Gedicht)


Kriegsreigen 1914.

Melodie: Prinz Engen der edle Ritter usw.

1. Wenn Franzosen, Russen, Britten,
Ihr uns wollt zu Gaste bitten
Mit Geschütz und Flintenlauf,
Euer Tänzlein keck zu wagen,
Wird's von uns nicht abgeschlagen,
Nehmen's mit euch allen auf.

2. Wenn auch Flamen und Wallonen,
Die da Belgien bewohnen,
Faßt zum Kriegestanz die Wut,
Bei den Großen zu scherwenzeln,
Gleich den Ändern mitzutänzeln:
Uns ist alles recht und gut.

3. Aber wenn entmenschte Horden
Schwache Fraun und Kinder morden,
Krank und Wehrlos achten nicht.
Wenn vertierte Pöbelrotten
Hausen wie die Hottentotten,
Ist zu streng kein Strafgericht.

4. Da hilft keine Mohrenwäsche —
Rechte, knüppeldicke
Dresche Bleibt alleine, was da frommt;
Haut sie tüchtig, haut sie feste,
Daß es gut durch Rock und Weste;
Durch zu Herz und Nieren kommt.

5. Diese gottvergessne Bande
Haut zu Wasser und zu Lande,
Haut sie gleichfalls in der Luft,
Haut sie, wo sie sind zu fassen,
Wo sie sich erblicken lasten.
Haut sie, daß es nur so pufft.

6. Denn für Anstand, Recht und Ehre
Setzen wir uns jetzt zur Wehre
Gegen eine halbe Welt,
Und wir wissen, daß Gesittung,
Ganz Europas Friedenskittung
Mit dem Reiche steht und fällt.

7. Deutsche, Polen, Ungarn, Tschechen:
Wo des Menschtums Pfeiler brechen,
Fort mit Neid und Eifersucht!
Alle wir als rechte Brüder,
Als Europas bessre Glieder,
Halten aufrecht Ehr und Zucht.

8. Aber die mit Greueltaten
Edle Menschlichkeit verraten
An die Russenbarbarei.
Klopft das feige Raubgesindel,
Ohne viel zu fackeln, windel-
Weich und mürb zu Mus und Brei.

9. Mit Buschkleppern und Apachen
Gilt es reinen Tisch zu machen
Voll und ganz in Ost und West,
Bis da wieder Glück und Frieden
Allen Völkern ist beschieden
Und man uns in Ruhe läßt.

10. Der windbeutlige Franzose
In der alten, roten Hose,
Dieser eitle, gall'sche Hahn —
Er muß auf den Schnabel kriegen,
Daß er's Krähn vergißt und Fliegen
Und ist gänzlich abgetan.

11. Doch der aufgeduns'ne Russe
Nimmt Reißaus beim ersten Schusse,
Kröche gern ins Mäuseloch:
Eh' er noch recht angefangen,
Schüttelt ihn schon Angst und Bangen,
Nur die Knute treibt ihn noch.

12. Gleisnerischer Engelländer,
Du selbsteigner Ehrenschänder,
Freund vom ärgsten Lumpenpack,
Stirb an deines Mammons Menge,
Sonst erdrossle dich und hänge
An der Stripp' vom Sterlingsack.

13. Frisch drauf los, in Gottesnamen!
Russen, Britten, Franzen, Flamen,
Eurer Straf' entgeht ihr nicht —
Herr der Heer- und Himmels-Scharen,
Woll' in Gnaden uns bewahren,
Dein ist Rach' und Weltgericht!

Prof. Dr. Lothar Krupp.


[Veröffentlicht in der Oberhessischen Zeitung vom 14. August 1914.]

Ein Professor mit dem Namen des Autors konnte bisher nicht ermittelt werden.


Persons: Krupp, Lothar
Keywords: Kriegsgedichte · Oberhessische Zeitung
Recommended Citation: „Kriegsgedichte in der Oberhessischen Zeitung (Marburg), Juli - September 1914, Abschnitt 8: Lothar Krupp, Kriegsreigen 1914 (Gedicht)“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/118-8> (aufgerufen am 25.04.2024)