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  1. Passierschein für Konrad Nau, 1919

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Beschreibung des Gerfangenenlagers Srjetensk östlich Irkutsk durch Elsa Brandström

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Die schwedische Krankenschwester und Betreuerin der Kriegsgefangenen Elsa Brandström (1888-1948)

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Schwedische Delegierte bei einer Reise durch Russland

↑ Passierschein für den aus Gefangenschaft in Sibirien zurückkehrenden Konrad Nau aus Bauerbach, 1919

Abschnitt 1: Passierschein für Konrad Nau, 1919

Erläuterungen :

Am 13. August 1919 stellte die deutsche Fürsorgekommission für Kriegsgefangene, Zivilverschickte und Rückwanderer No. 1 beim Zentralen Revolutionären Deutschen Arbeiter- und Soldatenrat in Moskau einen Passierschein aus für den ehemaligen deutschen Soldaten Konrad Nau. Alle Dienststellen und Personen wurden damit ersucht, Nau ungehindert von Moskau über Dwinsk nach Deutschland ausreisen zu lassen.

Konrad Nau war am 16.11.1889 in Bauerbach (Kreis Marburg) geboren. Vor dem Krieg war er als Maurer tätig. Vermutlich um 1909/10 absolvierte er seinen zweijährigen Militärdienst. Auf dem Passierschein wird das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 272, 5. Kompanie, als seine letzte Einheit im Krieg genannt. Das 1914 aufgestellte Regiment war zunächst an der Westfront eingesetzt, bevor es als Teil der 82. Reserve-Division Ende März / April 1915 in den Osten (Galizien, Polen) verlegt wurde. Im Verlauf des am 18. August 1916 begonnenen Angriffs auf die russische Festung Brest-Litowsk geriet der Gefreite Konrad Nau in russische Gefangenschaft.

Nau wurde in das Kriegsgefangenenlager Stredenske bei Irkutsk1 am Bailkalsee unweit der Grenze zur Mongolei gebracht. Mit zahlreichen seiner Kameraden erkrankte er hier an Typhus und erlebte einen Besuch der schwedischen Diplomatentochter und Philantropin Elsa Brandström (1888-1948), die sich um die Kriegsgefangenen in den russischen Lagern kümmerte und den Ehrentitel "Engel von Sibirien" erhielt. Nau musste aber auch zusehen, wie sechs seiner Kameraden als angebliche Spione erschossen wurden.

Nach der bolschewistischen Oktoberrevolution vom 7. November 1917 wurde Konrad Nau als Kutscher und Pferdepfleger in der Roten Armee eingesetzt, gehörte im Bürgerkrieg zeitweilig aber auch zur gegenerischen Weißen Armee. Zweimal stand er mit seiner Einheit vor Moskau und kam schließlich zu einem tschechischen Regiment. Als die USA gegen die Verwendung deutscher Kriegsgefangener in den Bürgerkriegsarmeen protestierten, erhielt Konrad Nau im Sommer 1919 die Erlaubnis, in die Heimat zurückzukehren. Bei Dwinsk/Dünaburg2 erreichte er das Gebiet der neuen Republik Lettland, die sich am 18. November 1918 für unabhängig erklärt hatte, sich aber im August / September 1919 noch in einem Krieg mit der Sowjetunion befand.

Nach einem Stempel auf dem Passierschein betrat Nau bei Eydtkuhnen3, gut vier Jahre nach seiner Gefangennahme, wieder deutschen Boden. In Heilsberg in Ostpreußen4 wurde er nach einer Quarantäne in die Heimat entlassen, die er im September 1919 "abgemagert bis auf die Knochen" erreichte.


[Die Informationen zur Gefangenschaft und Rückreise Konrad Naus wurden dem angegebenen Buch von Karl Anton Müller entnommen. Sie dürften auf mündlichen Angaben Naus beruhen.]


  1. Irkutsk liegt etwa 4200 km südöstlich von Moskau.
  2. Heute Daugavpils, Lettland.
  3. Heute russisch Tschernyschewskoje, 1919 deutscher Grenzort zu Litauen.
  4. Heute polnisch Lidzbark-Warminski.

Persons: Nau, Konrad · Brandström, Elsa
Places: Bauerbach · Moskau · Galizien · Polen · Brest-Litowsk · Stredenske · Irkutsk · Baikalsee · Sibirien · USA · Lettland · Eydtkuhnen · Heilsberg · Ostpreußen · Mongolei · Dwinsk · Dünaburg
Keywords: Fürsorgekommission für Kriegsgefangene, Zivilverschickte und Rückwanderer · Zentraler Revolutionärer Deutscher Arbeiter- und Soldatenrat · Passierscheine · Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 272 · 82. Reserve-Division · Kriegsgefangene · Typhus · Kriegsgefangenenlager · Oktoberrevolution · Bolschewisten · Rote Armee · Weiße Armee · Quarantäne
Recommended Citation: „Passierschein für den aus Gefangenschaft in Sibirien zurückkehrenden Konrad Nau aus Bauerbach, 1919, Abschnitt 1: Passierschein für Konrad Nau, 1919“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/en/purl/resolve/subject/qhg/id/106-1> (aufgerufen am 26.04.2024)