Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historical Gazetteer

Vogelsbergkreis

Die Bearbeitung der Siedlungen des Vogelsbergkreises umfasst mit dem Gebiet der ehemaligen Landkreise → Alsfeld und → Lauterbach einen am 1.8.1972 neu gebildeten Verwaltungsbezirk. Gleichzeitig wurden die Gemeinden Berfa, Hattendorf und Lingelbach aus dem Landkreis Ziegenhain, die Gemeinden Radmühl und Reinhards aus den Landkreisen Gelnhausen und Schlüchtern sowie die Stadt Schotten aus dem Landkreis Büdingen und Weidenau aus dem Landkreis Fulda in den Vogelsbergkreis eingegliedert. Der heutige Vogelsbergkreis besteht aus 10 Städten und 9 Gemeinden. Über die → Erweiterte Suche Suche (Auswahlfeld Altkreis) lässt sich der Zustand des Jahres 1961 mit den sogenannten Altkreisen Alsfeld und Lauterbach rekonstruieren.

Vogelsbergkreis: Karte mit Gemeinde- und Gemarkungsgrenzen

Kartengrundlage: Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation (HVBG)
Kartenbearbeitung: Melanie Müller-Bering, HLGL

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Der Landkreis trägt seinen Namen von dem gleichnamigen Mittelgebirge vulkanischen Ursprungs. Hier entspringen mit unterschiedlicher Fließrichtungen Ohm, Nidder, Nidda, Schwalm und Schlitz. Das von großen Höhenlagen und der Landwirtschaft geprägte Gebiet weist eine schwache Infrastruktur mit geringer Bevölkerungsdichte auf.

Historisch betrachtet umfasst der Vogelsbergkreis eine dünn besiedelte Landschaft, die seit dem 15. Jahrhundert unter den immer stärker werdenden Einfluss der Landgrafen von Hessen gelangte.

Im Früh- und Hochmittelalter waren zunächst das Reich und die Reichsabteien Hersfeld und Fulda mit Besitzungen vor allem an den nördlichen Ausläufern des Vogelsberges vertreten. Im Spätmittelalter gelang den Geschlechtern von Dörnberg, Riedesel zu Eisenbach, von Romrod, Schenk zu Schweinsberg, Schlitz genannt von Görtz, Wartenberg und Ziegenhain die mitunter nur kurzzeitige Ausbildung kleinteiliger Territorien. Der Einfluss des Kurfürstentums Mainz blieb im Vogelsberggebiet gering und ging im 15. Jahrhundert völlig verloren, so dass die Landgrafen von Hessen hier spätestens seit der Übernahme der Grafschaft Ziegenhain-Nidda 1450 deutliche territoriale Dominanz besaßen, die sie in der Folge zur Landesherrschaft verdichten konnten. Nach der Landesteilung von 1627 verfügten die Landgrafen von Hessen-Darmstadt über die Ämter Alsfeld, Grebenau, Grünberg, Homberg an der Ohm, Schotten und Ulrichstein. Daneben verfügten die Riedesel von Eisenbach, die Herren von Schlitz und Kloster Fulda (Herbstein) über weitaus geringere Gebietsanteile.

Kirchenorganisatorisch gehörte der südliche Teil des Vogelsberges mit Ausnahme der Täler von Nidda und Nidder zum Sprengel des Propstes des Mainzer Stiftes von St. Johann, der nördliche Teil zum Mainzer Archidiakonat von St. Stephan, Dekanat Amöneburg.

Die napoleonische Zeit und die Auflösung des Alten Reiches erbrachten für das Kreisgebiet Veränderungen. 1806 fielen im Zusammenhang mit der Rheinischen Bundesakte die Besitzungen der Freiherren von Riedesel und der Grafen Schlitz genannt Görtz an das Großherzogtum Hessen. 1810 kam das ehemals fuldische Amt Herbstein hinzu, so dass sich nunmehr das gesamte Gebiet des späteren Vogelsbergkreises im Besitz des Großherzogtums befand. Es bereitete der hessisch-darmstädtischen Landesregierung allerdings Schwierigkeiten, dem Raum neue Verwaltungsstrukturen zu geben. Die Provinz Oberhessen des Großherzogtums Hessen wurde 1821/22 in aus Ämtern gebildete Landratsbezirke unterteilt, u.a. Alsfeld, Kirtorf, Herbstein und Schlitz, aus deren Bestandteilen später der Vogelsbergkreis entstehen sollte.

Der Landkreis Alsfeld wurde 1832 aus dem gleichnamigen Landratsbezirk sowie Kirtorf gebildet. 1839 kamen aus dem aufgelösten Landratsbezirk Schlitz 17 Gemeinden hinzu, sieben wurden in den Kreis Grünberg ausgegliedert. Nach kurzzeitiger Auflösung und Eingliederung in den gleichnamigen Regierungsbezirk 1848 wurde der Kreis Alsfeld 1852 in leicht veränderter Form neugebildet. Große Gebietszugewinne durch jeweils 13 Gemeinden erfuhr dieser dann bei der Auflösung der Kreise Grünberg (1874) und Schotten (1938).

1821 wurde aus den Gerichten Lauterbach, Engelrod, Altenschlirf und Freiensteinau der Landratsbezirk Herbstein gebildet, der bereits 1825 in Lauterbach umbenannt wurde. Nach vorübergehender Auflösung und Eingliederung in den 1848 neu gebildeten Regierungsbezirk Alsfeld wurde 1852 aus den Landgerichtsbezirken Altenschlirf, Lauterbach und Schlitz der Landkreis Lauterbach gebildet. Zu diesem Gebiet kamen 1938 aus dem aufgelösten Kreis Schotten acht Gemeinden hinzu.

Die Bearbeitung der Siedlungen des Vogelsbergkreises basiert auf einer Reihe grundlegender Veröffentlichungen. Zu nennen sind hier von Lutz Reichardt, Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach sowie die einschlägige ältere Arbeit von Georg Wilhelm Justin Wagner über Die Wüstungen im Großherzogtum Hessen (Provinz Oberhessen). Für die zahlreichen Wüstungen im Vogelsbergkreis wurden zudem die Ausarbeitungen von Gertrud Mackenthun, Die Wüstungen im Kreis Lauterbach (Hessen) und August Seel, Wüstungskartierungen und Flurformengenese im Riedeselland des nordöstlichen Vogelsberges ausgewertet. Ferner wurden die gedruckt vorliegenden territorialgeschichtlichen und kirchentopographischen Arbeiten von Crusius, Kreis Alsfeld, Hofemann, Reichsabtei Fulda, Kleinfeldt, Kirchenorganisation, Wilhelm Classen, Kirchliche Organisation Althessens sowie Ulrich Weiss, Gerichtsverfassung in Oberhessen herangezogen. Zur Geschichte des Geschlechts der Riedesel zu Eisenbach liegt eine mehrbändige Publikation vor.

Für das Stichjahr 1787 wurde auf die Arbeit von Walter Wagner über Das Rhein-Main-Gebiet vor 150 Jahren zurückgegriffen. Die Angaben zu Orten des Großherzogtums Hessen im Jahr 1854 wurden dem Werk von Walther, Großherzogthum Hessen entnommen. Die statistischen Angaben zu den Einwohner- und Häuserzahlen sowie der Flächennutzung basieren, sofern nicht anders vermerkt, auf der Hessischen Gemeindestatistik.

Großer Wert wurde auf die Erarbeitung der topographischen Ortsbeschreibungen gelegt, die, wo möglich, auf Autopsie beruhen. Die Erfassung von älteren Baudenkmälern sieht das Schema des Ortslexikons nicht vor. Hier genügt der Verweis auf das 2008 von Folkhard Cremer neu aufgelegte Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Hessen) von Georg Dehio sowie auf die bislang vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen herausgegebenen Bände Kulturdenkmäler in Hessen, Stadt Alsfeld und Kulturdenkmäler in Hessen, Stadt Lauterbach.