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Agatha Rosina von Wachenheim, geb. von Thüngen 1622 (?), Usingen

Usingen · Gem. Usingen · Hochtaunuskreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Usingen

Gebäude / Areal:

Usingen, Evangelische Pfarrkirche

Angaben zum Standort:

War ehemals im Chor der Kirche aufgestellt.1)


  1. Nach Eberhardi, Alte Monumenta Nr. 6 „ins chor“.

Angaben zum Aufbewahrungsort:

Ist seit längerem in die westliche Außenwand des Südseitenschiffs eingelassen.

Merkmale

Datierung:

1622 (?)

Typ:

Epitaph

Material:

rot gestrichener Sandstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

118 x 245 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 2, (W) 1,5-2 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Epitaph der Agatha Rosina von Wachenheim, geb. von Thüngen. Große Figurenplatte aus rot gestrichenem Sandstein. Das oben durch einen Kleeblattbogen abgeschlossene, eingetiefte Feld wird von dem Halbrelief der in Lebensgröße abgebildeten Verstorbenen in zeitgenössischem Gewand mit Puffärmelweste, Brusttuch und langem, gefälteltem Rock ausgefüllt. Die betend aneinandergelegten Hände sind abgewittert. Zu Häupten der Figur ist neben den Vanitassymbolen Totenschädel und Sanduhr je ein weitgehend zerstörtes Vollwappen aufgelegt. Auf den beiden Längsseiten des Denkmals sitzen in etwas kleinerem Format je acht reliefierte, ebenfalls beschädigte Vollwappen mit fallweise verstümmelten Beischriften (W), die auf kleinen querovalen Schildchen oder auf Halbkreisbögen über jedem Wappen eingehauen sind. In der Sockelzone befindet sich die querovale Schrifttafel. Von der dort befindlichen siebenzeiligen Inschrift (A) sind noch Reste vor allen Dingen links und unten erkennbar. Die Oberfläche des Denkmals ist insgesamt sehr stark abgewittert, daher ergeben sich weitgehende Verluste bei der Figur und den Wappen sowie ihren Inschriften, außerdem erschwert Steinschutzfarbe die Lesungen.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en)

Stand:

Adlige

Enthaltene Wappen:

Wachenheim2)

Thüngen3)

Scharffenstein4)

Berg gen. Schrimpf5)

Bobenhausen (Babenhausen)6)

unkenntlich7)

unkenntlich8)

unkenntlich7)

Schenk von Schmidtburg9)

Stein zu Nassau10)

Dienheim11)

Schenk von Schweinsberg12)

Stockheim13)

Ehrenberg14)

Schwarzenberg15)

Wais von Fauerbach16)


  1. Beischrift nicht erkennbar, Wappen beschädigt, nur zwei Vögel nach links sichtbar. Das Wappen hat üblicherweise über einem Balken drei schreitende Vögel nach rechts, d. i. durch einen (roten) mit drei links gewendeten natürlichen Raben belegten Balken (von Gold und Silber) geteilt, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. IV, 9. Abt. (Böhmen) 267 m. Taf. 123.
  2. Nur noch ein Balken sichtbar. Das aus Mainfranken stammende Adelsgeschlecht führte (in Silber) einen (goldenen) Balken mit drei (oder fünf roten) angebogenen Pfählen, vgl. Frankfurter Wappenbüchlein Taf. 30; Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. I, 5. Abt., 1. Reihe (Bistümer) 72 m. Taf. 116/2.
  3. Scharffenstein mit den Steinen: In (silbernem) mit (schwarzen) Schindeln bestreutem Feld ein (schwarzer) Balken, ggf. von zwei Leisten begleitet, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 7. Abt. (Nassau, Abgestorbene) 36 m. Taf. 59.
  4. (In Blau) ein (von Silber und Rot) in 16 Plätzen und 2 Reihen geschachter Balken, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. II, 1. Abt. (Bayern, Blühende) 69 m. Taf. 75.
  5. Ein springendes Tier, das wäre ggf. Bobenhausen – (in Rot) ein (goldener) Fuchs, der eine (silberne) Gans im Rachen hält, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. III, 2. Abt., 1. Bd. (Preußen, Edelleute) 90 m. Taf. 116; ggf. ähnlich Babenhausen, vgl. Siebmacher, Wappenbuch 1. Teil, 12. Suppl., Taf. 114 (keine Gans).
  6. Das Wappenbild war bereits 1930 zerstört. Es ist nicht zu entscheiden, in welcher Reihenfolge die Wappen Fuchs von Dornheim und Echter von Mespelbrunn angebracht waren.
  7. Ein Schrägbalken, wahrscheinlich geteilt, mehr nicht erkennbar. Nach Humbracht, Stamm-Tafeln Taf. 171 stände hier Mynand (?).
  8. Ein Rink mit Steinen; das Wappen zeigt üblicherweise (in Schwarz) einen (silbernen,) edelsteinbesetzten Rink, vgl. Zobel, Wappen Taf. 297.
  9. Befund Steinmetz um 1930: Eine Rose, Hz. mit einem (Esels?-)Kopf als Stein zu Nassau interpretiert. Das Wappen: (In Gold) eine (rote) Rose mit (blauen) Butzen/Samen, Helmzier Eselsrumpf, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. II, 7. Abt. (Nassau) 10 m. Taf. 10f.
  10. Fritz korrigiert zu Dirnheim. Das Wappen ist zerstört, wäre unter (silbernem) Schildhaupt (in rot) ein (silberner) gekrönter Löwe, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. II, 7. Abt. (Nassau) 10 m. Taf. 10f.
  11. (Von Blau und Silber) geteilt, oben ein schreitender (goldener) Löwe, unten 4 (3:1) (rote) Wecken; vgl. Sieb­macher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 7. Abt. (Nassau, Abgestorbene) 20 m. Taf. 29.
  12. Identifizierung nach Steinmetz um 1930, heute unkenntlich.
  13. (In Silber) ein (roter) gesenkter Adlerflügel mit Adlerkopf, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 2. Abt. (Württemberg, Abgestorbene) 246 m. Taf. 137.
  14. Wappenbild zerstört, Hz. offener Flug mit Schwan. Wappen: (In Gold) zwei (schwarze) Balken, Helmzier wie beobachtet, vgl. Humbracht, Stamm-Tafeln Taf. 171.
  15. Befund Steinmetz 1930: Ein Löwe, Hz. offener Flug; Wappen: (in Blau) ein (silberner) Löwe, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 7. Abt. (Nassau, Abgestorbene) 40 m. Taf. 67.

Dargestellte Personen:

Der Vorname AGATA ROSINA und die vorhandenen Wappen erlauben die Identifizierung der Verstorbenen mit der etwa 1572 geborenen Tochter des Melchior von Thüngen und der Philippa Agatha von Stein zu Nassau.17) Die Vollwappen auf den beiden Leisten des Denkmals geben die Ahnenprobe allerdings nicht nach den gebräuchlichen Schemata wieder, so dass sich die Abfolge der Generationen nicht ohne weiteres nachvollziehen lässt; beide Seiten präsentieren zunächst die vier väterlichen und dann die vier mütterlichen Ahnenwappen, allerdings nicht in konsequenter Reihenfolge.18)

Agatha Rosina war seit dem 1. Mai 1611 verheiratet mit Philipp Henrich (1584–1639),19) Sohn des Wolf von Wachenheim und der Apollonia Elisabeth Schenk von Schmidburg. Er war 1629–1634 nassau-saarbrückischer Amtmann zu Neuweilnau und im Stockheimer Gericht und zudem von 1611–1637 (Ober-)Amtmann in Usingen.20) Nach Bohris, der auf nicht näher belegte Kirchenbucheinträge verwies, starb Rosina Agatha erst im Jahr 1623.21) Eberhardi datierte den Grabstein zu 1622, die Leichenpredigt22) den Todesfall zu demselben Jahr, beide ohne Tagesdatum.


  1. Vgl. Humbracht, Stamm-Tafeln Taf. 171. Zu den von Thüngen vgl. auch Biedermann, Geschlechtsregister Rhön und Werra Taf. CCI; v. Thüngen, Haus Thüngen.
  2. Die Reihenfolge der Wappen ist links: 1 3 7 5 / 2 4 8 6, rechts 1 5 3 (?) 7 (?) / 2 4 6 8.
  3. Daten nach Leichenpredigt, vgl. unten Anm. 22. Eberhardi, Alte Monumenta Nr. 6 zum Grabstein in der Kirche: „Philips Henrich von Wachenheim itziger herr amptman seiner ersten hausfraw Agathe Rosina geborn von Thüngen ins chor ein schönen grabstein legen lassen (...)“. Nach Humbracht, Stamm-Tafeln Taf. 171 war sie mit Philipp Wilhelm von Wachenheim verheiratet, während ihre Schwester Anna Catharina die zweite Ehefrau Philipp Henrichs war.
  4. Vgl. Kaethner/Kaethner, Usingen 295 Liste C1 Amtleute Nr. 13. Vgl. die Leichenpredigt unten Anm. 22.
  5. Bohris 15.
  6. Eberhardi, Alte Monumenta Nr. 6; Leichenpredigt in StaBi (= Institut für Stadtgeschichte) Frankfurt a. M.; vgl. auch HStAD R 21 C 1 Nachweis Philipp Henrich von Wachenheim. Leichenpredigt von 1639, vgl. Goetzenius, Leich- und Trostpredigt; Daten der Leichenpredigt in Katalog Leichenpredigten Frankfurt 100.
Inschrift

Umschrift:

A A(NN)Oa) 162[2]b) DE[N – – – /– – –] IST DIE WOLED[– – –]c) AGATA /

ROSINA [– – –] / IM 51 IA͜R W͜ELCH͜E[– – –] / ERZEVGT MITd) [– – –] /

SELIGLICH ENTSCHL[AFFEN DERENe)] SEL GOT EIN[E] FR[ÖLIGEf)]

/ AVFERSTE[HVNG] VERLEIH[Eg) AMEN]

W [– – –] [– – –]

[S]CHA͜RFFE(N)STEIN TH[– – –]

[B]OBENHAWSEN BERG

[. . ]ER[LT]AICH͜E[N]h) [– – –]

SCHENCK VON SCHMITBERG [– – –]

DIENH͜EIMi) SCHENCK VON /

SCHWEI͜NSVRGj)

[STOCKHEIM]k) EH͜RNBERG

[SCHWAR]T[Z]EN/[BERG]l) [WAISS VON FAVERBACH]k)


  1. o klein und hochgestellt.
  2. Bohris, Dienstbach, Fritz lasen 3. Diese Lesung entspricht nicht dem Befund am Stein, der eine 2 nahelegt.
  3. Nach zeitüblichen Gepflogenheiten möglicherweise zu ergänzen zu WOLEDLE, WOLEHRSAME oder Varianten. DAVER(NSWERTE) Fritz, Inschriftensmlg.
  4. Fehlt bei Fritz.
  5. Ebenso bis EINE S[...].
  6. Ergänzt nach zeittypischen Gepflogenheiten.
  7. Fritz verlas BLEI(BT).
  8. Lesung unsicher durch Oberflächenzerstörung, [...]TERLTAICHEN Steinmetz 1930.
  9. DIRNHEIM Steinmetz, [DIR]N͜HEIM Fritz.
  10. Sic! SCHENCK VON SCHW...BERG Steinmetz, [SCH]ENCK VON SCHW[EI]NS[BERG] Fritz.
  11. Ergänzt nach Steinmetz.
  12. Steinmetz erkannte [...]ART[.]EN[....]; für Fritz war die Inschrift 1999 unleserlich.

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Literatur:

Wappen:

Wachenheim · Thüngen · Wachenheim · Thüngen · Scharffenstein · Berg gen. Schrimpf · Bobenhausen (Babenhausen) · unkenntlich · unkenntlich · unkenntlich · Schenk von Schmidtburg · Stein zu Nassau · Dienheim · Schenk von Schweinsberg · Stockheim · Ehrenberg · Schwarzenberg · Wais von Fauerbach

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 214.

Zitierweise
„Agatha Rosina von Wachenheim, geb. von Thüngen 1622 (?), Usingen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2495> (Stand: 20.3.2023)