Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Die letzten Tage vor dem Krieg in der Oberhessischen Zeitung (Marburg), Juli 1914

Abschnitt 29: 29.7.1914: Sensationsnachrichten nicht nachprüfbar


Marburg und Umgegend.

Marburg, 29. Juli.

Sensationsnachrichten. Wir können gut einen Beamten unserer Redaktion zu gewissen Tageszeiten damit beschäftigen, nur die Anfragen zu erledigen, die wissen wollen, ob dieses oder jenes „Gerücht" stimmt. Einmal soll der deutsche Gesandte in Serbien ermordet sein, so behaupten, wie man erzählt, Leute von der Post. Die Polizei habe mitgeteilt, Frankreich habe den Krieg erklärt, Rußland soll ein Ultimatum gestellt haben, der Großherzog von Hessen soll nach Petersburg gereist sein. Und in dieser wenig schönen, aufregenden Art geht es fort. Zum Teil mögen diese Gerüchte auf gewissenloses Geschwätz Einzelner zurückzuführen sein, zum Teil sind mißverstandene Nachrichten der Großstadtpresse daran schuld. Manche Meldung einer Nachrichtenstelle eilt wohl auch in der Tat den Ereignissen voraus und stiftet Verwirrung. In kritischen Zeiten soll man sich aber eher mit Ruhe und Geduld wappnen. Unbeglaubigten Nachrichten gegenüber ist gerade in diesen Tagen die größte Vorsicht anzuraten. Wir sind jederzeit gern bereit, unseren Beziehern auf Anfragen mitzuteilen, welche wirklichen neuesten Nachrichten vorliegen. Da wir in fast ständiger telephonischer Verbindung mit dem W. T. B.1 in Berlin resp. Frankfurt stehen, so dürfte unser Nachrichtendienst allen Ansprüchen genügen, jedenfalls in den entscheidenden Punkten den Nachrichten auswärtiger Blätter weit voraus eilen, wie dies ja auch von unseren Depeschen und den Letzten Nachrichten der „Oberhess. Zeitung" längst bekannt ist. Für das Publikum heißt es ruhig Blut zu bewahren und sich nicht durch jede Sensationsnachricht aufregen zu lassen. Dazu sind die Zeiten doch zu ernst. Liegen wichtige beglaubigte Nachrichten vor, so werden wir sie stets durch Sonderausgabe bekannt machen.

[Oberhessische Zeitung vom 29. Juli 1914]


  1. Wolffs Telegraphisches Bureau.

Orte: Marburg · Serbien · Frankreich · Russland · Sankt Petersburg · Berlin · Frankfurt
Sachbegriffe: Zeitungen · Oberhessische Zeitung · Polizei · Wolffs Telegraphisches Bureau · Extrablätter
Empfohlene Zitierweise: „Die letzten Tage vor dem Krieg in der Oberhessischen Zeitung (Marburg), Juli 1914, Abschnitt 4: 29.7.1914: Sensationsnachrichten nicht nachprüfbar“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/39-29> (aufgerufen am 27.04.2024)