Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Der Rückmarsch des 9. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr.160 nach Hessen, 1918

Abschnitt 3: Beginn des Rückmarschs am 12. November

[382-383] Der Rückmarsch.

Den Nachmittag des 11. November verblieb das Regiment in seiner seitherigen Stellung. Abends 7 Uhr übernahm III./691 die Sicherung des Divisionsabschnitts. I.R. 160 wurde im Rauchlager zusammengezogen. Das II. Bataillon erhielt in Hptm. Lergesell einen neuen Führer (11. 11.—28. 11. 18).

Trübe zog der 12. November herauf. 9.30 Uhr katholischer, 11 Uhr evangelischer Gottesdienst. Zum erstenmal erfuhren wir aus den Worten der Feldgeistlichen, daß die Bedingungen des Feindes sehr schwer seien. Doch Genaueres wußte noch niemand. Ein dumpfer Druck lagerte auf den Herzen. Rückmarsch bis an den Rhein? Nur schwer vermochten wir die Notwendigkeit einzusehen, die Rheinlands [!], die Heimat so vieler aus I.R. 160, dem Feinde preiszugeben. Noch immer fühlte sich unsere schwache Truppe dem Feind im Einzelkampfe überlegen. —

Im Laufe des Tages traf der Gefechtstroß von Chatillon im Lager ein. Binnen weniger Stunden mußten die Vorbereitungen für den schnellen Rückmarsch, wie er in den Waffenstillstandsbedingungen verlangt war, getroffen werden. Es war eine Truppenbewegung riesigen Ausmaßes, die in der kurzen Frist von drei Wochen vollendet sein mußte. Sie zeigte noch einmal der ganzen Welt die überragende deutsche Kriegskunst. Trotz der teilweise meuternden und auseinanderlaufenden Etappe wurde der Millionenabmarsch durchgeführt. Zu Fuß strebten die deutschen Divisionen der Grenze zu, die sie 1914 siegreich überschritten hatten. Damals im Hochgefühl des Sieges, diesmal angesichts einer Bevölkerung, die aus ihrer Schadenfreude wenig Hehl machte, die aber trotzdem sichtlich froh war, daß die deutsche Fronttruppe auch jetzt noch eiserne Disziplin wahrte im Gegensatz zu den vielfach schleunigst in die Heimat entflohenen Etappenformationen, denen es die Jahre her zu wohl ergangen war, die jetzt in ihrer Zuchtlosigkeit ein beschämendes Bild boten. Mit reinen Händen ist die deutsche Fronttruppe aus Feindesland abgezogen. —

Die schlechten, aufgeweichten Straßen ließen wenig Gutes vom Marsche erhoffen. Doch am Morgen des 13. November hatte es leicht gefroren. Die Wege hatten sich gebessert, das Wetter war schön. I.R. 160 bildete mit San.-Komp. 19 und Fußart.-Batl. 135 die Marschgruppe 3. 8 Uhr erfolgte der Abmarsch vom Rauchlager über Mangiennes, Pillon, Chatillon, wo sich der Große Troß anschloß, nach Arancy- Beuville2. I./160 kam im Schloß von Arancy unter, das bis dahin Lazarett gewesen war. II./160 und III./160 fanden Unterkunft in Beuville. Ankunft 2 Uhr. Marschleistung 21 km. [S. 383]

Bei anhaltend schönem Wetter wurde am 14. November der Marsch fortgesetzt. 10 Uhr Abmarsch von Beuville über Cutry, Cheniers, Villers la Montagne nach Hussigny3. Ankunft 3 Uhr nachm. Marschleistung 18 km. Die Kompagnien fanden gute Unterkunft in Bürgerquartieren.


  1. D.h. das 3. Bataillon des Infanterie-Regiments Nr. 69.
  2. Die genannten Orte liegen an der D66 im Département Meuse bzw. Meurthe-et-Moselle
  3. Die genannten Orte liegen im französischen Département Meurthe-et-Moselle südlich Longwy. Hussigny-Godbrange ist der französische Grenzort zum Großherzogtum Luxemburg.

Personen: Lergesell, Hauptmann
Orte: Chatillon · Mangiennes · Pillon · Arancy-Beuville · Cutry · Cheniers · Villers la Montagne · Hussigny
Sachbegriffe: 9. Rheinisches Infanterie-Regiment Nr. 160 · Infanterie-Regiment Nr. 160 · Feldgottesdienste · Truppenrückmarsch · Feldgeistliche · Waffenstillstand · Meutern der Soldaten · Disziplinlosigkeit der Soldaten · Desertionen · Sanitätskompanie Nr. 19 · Fußartillerie-Bataillon 135 · Lazarette
Empfohlene Zitierweise: „Der Rückmarsch des 9. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr.160 nach Hessen, 1918, Abschnitt 9: Beginn des Rückmarschs am 12. November“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/114-3> (aufgerufen am 26.04.2024)