Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg


Inhalt

  1. Vormarsch auf die Maas bei Mouzon
  2. Artilleriegefechte, Munitionsversorgung der Truppe
  3. Heftige Kämpfe, Munitionsmangel, Verluste

↑ von Holly, Kämpfe des Infanterie-Regiments Nr. 116 aus Gießen an der Maas, 1914

Abschnitt 2: Artilleriegefechte, Munitionsversorgung der Truppe

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Als aber unsere Vorhutbatterie in Stellung gegangen war und das Feuer eröffnet hatte, begann die feindliche bei weitem überlegene Artillerie, das Feuer gegen unsere Artillerie und vor allem gegen das Regiment aufzunehmen. Es traf sehr bald der Befehl ein, daß das Regiment nicht über die soeben gewonnene Höhe etwa 500 Meter südlich des Waldrandes hinausgehen solle und daß das Armeekorps rechts ausmarschierend den Feind angreifen werde. Für den Bataillonsstab hatte ich in einem Chausseegraben, etwa 200 Meter hinter der vordersten Linie, einen geeigneten Platz gefunden, von dem aus man unsere in der Front und in der links zurückgebogenen Flanke kämpfenden Kompagnien übersehen konnte. Das Regiment war in dem stark kupierten Gelände als erstes Regiment der Vorhut stundenlang allein und hatte das ganze Artilleriefeuer, es soll sich um drei französische Divisionen gehandelt haben, auszuhalten. Die Franzosen, die uns etwa auf 800 Meter, z. T. noch näher gegenüberlagen, versuchten wiederholt anzugreifen, wurden aber jedesmal, wenn sie aus 400 Meter heran waren, wieder zurückgeworfen. Die Maschinengewehrkompagnie unter ihrem famosen, umsichtigen Führer, dem Hauptmann Frhr. von Buddenbrock0=, der leider noch an diesem Morgen fiel, hat nicht wenig zum Abschlagen dieser Angriffe beigetragen. Gegen 10 Uhr kam die Meldung, daß die Munition mangele. Es war also viel zu schnell geschossen worden; ich lief also zurück, um die Munitionswagen des Bataillons zu holen. Da ein geregelter Munitionsersatz zu zeitraubend und in dem Granatfeuer vielleicht überhaupt unausführbar war, befahl ich, den Wagen in schnellster Gangart möglichst dicht hinter die Schützenlinie zu fahren, die Patronen herauszuwerfen und ebenso schnell wieder zu verschwinden. Das Wagnis gelang, alle Fahrzeuge sind zurückgekommen, ein Schimmelgespann war durch Granatsplitter zu blutig-roten Schecken geworden. Sie sind prachtvoll gefahren, diese Fahrer, und es war schön anzusehen, wie sie stieren Auges, niedergeduckt, die Pferde fest am Zügel, vor- und zurückrasten. Ich habe ihre Eingabe zum Eisernen Kreuz warm befürwortet und weiß, daß sie weitergegeben ist. Einige Zeit später hatte ich den Eindruck, daß unbedingt eine Verstärkung der vor mir liegenden Schützengräben notwendig sei; irgendwelche Reserven waren nicht mehr vorhanden, ich erbat daher die Erlaubnis, in den hinter uns im Granatfeuer liegenden Wald laufen zu dürfen, weil ich dort noch Leute von uns vermutete. Ich habe sie auch gefunden und leider ziemlich viele, die beim Vorgehen durch den Wald abgebröckelt waren. Sie lagen alle sehr schön ausgerichtet in einem leidlich tiefen Graben, waren von allen Bataillonen und waren kein geschlossener Verband mehr. Ich habe sie hochgekeschert, vor dem Walde antreten und stillstehen lassen, dann habe ich Gruppen eingeteilt und die nach ihrem Augenausdruck Mutigsten zu Führern ernannt. So habe ich acht oder neun Gruppen zusammengestellt und sie dann persönlich auf den äußersten linken Flügel geführt, weil mir dieser Punkt der gefährdetste erschien.


Personen: Holly, von, Oberleutnant · Buddenbrock, Freiherr von
Sachbegriffe: Artillerie · Armeekorps · Franzosen · Maschinengewehrkompagnien · Hauptmänner · Munition · Munitionswagen · Pferde · Schützengräben · Granaten · Gefallene · Eisernes Kreuz
Empfohlene Zitierweise: „von Holly, Kämpfe des Infanterie-Regiments Nr. 116 aus Gießen an der Maas, 1914, Abschnitt 99: Artilleriegefechte, Munitionsversorgung der Truppe“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/126-2> (aufgerufen am 30.04.2024)