Grabdenkmäler
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Reinhart von Schletten Ende 16. Jahrhundert–vor 10. Juli 1609, Usingen
- Usingen · Gem. Usingen · Hochtaunuskreis | Historisches Ortslexikon
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Standort:
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Gebäude / Areal:
Usingen, Evangelische Pfarrkirche
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Angaben zum Standort:
Stand früher im Chor.
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Angaben zum Aufbewahrungsort:
Ist in der Außenwand des Südseitenschiffes eingelassen.
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Datierung:
Ende 16. Jahrhundert–vor 10. Juli 1609
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Typ:
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Material:
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Erhaltung:
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Größe:
91 x 179 cm (B x H)
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Größe der Buchstaben:
2,5-3 cm
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Beschreibung:
Epitaph des Reinhart von Schletten. Schief gegiebelte Figurenplatte aus rotem Sandstein. Auf dem Plattenrand beginnt die Grabinschrift (A) links unten in der äußeren Zeile und setzt sich auf der rechten Leiste eng gestellt außen fort, springt dann auf die innere Zeile links zurück, um rechts innen fortgesetzt zu werden. Die Doppelzeilen werden oben von drei Knicken des Giebels, unten von Wappen und Waffen begrenzt. Auf den beiden Giebelleisten steht das Bibelzitat (B) in einer Zeile. Das Feld wird von dem Halbrelief des Verstorbenen eingenommen, der in zeitgenössischer Vollrüstung abgebildet ist und auf einem mit Blumen geschmückten Kissen oder Hügel steht. Mit seiner linken Hand umfasst er den Knauf des an der Hüfte befestigten Schwertes, in der rechten hält er geschultert einen Streithammer. Neben dem linken Oberschenkel der Grabfigur sind der Helm, zu Füßen je ein Vollwappen aufgelegt. Das Vaterwappen wie das der Ehefrau (siehe unten) fehlen, und man weiß nicht, an welcher Stelle sie angebracht waren; die die Nische schließende Giebelleiste scheint einen weiter nach oben führenden Teil des Denkmals auszuschließen. Textverluste durch Oberflächenzerstörung und ungeschickte Anbringung im Mauerwerk. Das gesamte Epitaph wurde in jüngerer Zeit mit roter Farbe angestrichen.
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Geschlecht, Alter, Familienstand:
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Stand:
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Enthaltene Wappen:
Küchenmeister von Gamberg2)
Wachenheim3)
- (In Rot) zwei (silberne) Balken; Wappen der Mutter Amalia, vgl. zur Abstammung Biedermann, Geschlechtsregister, Taf. CCLI, zum Wappen Langhammer, Kronberger Wappenbuch, Taf. 8.
- Durch einen (roten) mit drei (schwarzen) Vögeln belegten Balken (in Gold und Silber) geteilt, vgl. Langhammer, Kronberger Wappenbuch, Taf. 7; Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. IV, 9. Abt. (Böhmen) 267 m. Taf. 123.
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Dargestellte Personen:
Die Herstellung des Epitaphs zu Schlettens Lebzeiten ergibt sich aus den für das Todesdatum und das Lebensalter freigelassenen Stellen auf der linken Randleiste, die nach seinem Tod 1609 nicht ausgefüllt wurden. Der genaue Zeitpunkt der Denkmalentstehung lässt sich dabei nicht feststellen. Zwar ist auf zu Lebzeiten angefertigten Grabdenkmälern beim Todesdatum verschiedentlich die Angabe des Jahrhunderts ohne die Minderzahl zu finden,4) doch fehlt wie im vorliegenden Fall häufig auch die gesamte Jahreszahl.5) Die Minderzahl wäre ein Anhaltspunkt gewesen, ob das Denkmal vor oder nach 1600 gefertigt wurde. Das hohe Alter des ca. 1528 Geborenen spricht für eine Herstellung vor der Jahrhundertwende, da mehrere solcher Fälle davor auftreten. Die ungewöhnliche Plazierung des Bibelzitats zu Häupten der Figur lässt sich sicherlich mit dem persönlichen Gestaltungswillen des Auftraggebers begründen, wirkt es doch wie dessen Motto. Das Grabbild Schlettens, der in mittlerem Alter dargestellt wird, trägt durchaus lebensnahe Züge, da auch die Leibesfülle des Amtmannes sehr deutlich wiedergegeben wurde.
Die Familie des Verstorbenen stammte aus Franken. Reinhard wurde als Sohn des Wolfram von Schletten und der Amalia, Tochter Johann Küchenmeisters von Gamberg6), um 1528 geboren.7) 1562 nahm er Amalia, eine Tochter des Burggrafen, Kellers und Amtmanns zu Neuweilnau, Emmerich von Stockheim, und der Margareta von Wachenheim, zur Frau.8) Die Ehe blieb kinderlos. Als Amtmann von Usingen war Reinhard von Schletten ab 15689) bis zu seinem Tode tätig; er starb am 10. Juli 1609.10) Nach seinem Tode setzte seine Witwe den zweiten Amtsnachfolger ihres Mannes, den Amtmann Philipp Heinrich von Wachenheim, zu ihrem Erben ein;11) das Verwandtschaftsverhältnis konnte bisher nicht ermittelt werden. Amalias unbekanntes Grabmal, das Eberhardi 1634 in seiner Liste alter „Monumenta“ der Usinger Kirche gemeinsam mit dem Epitaph Reinhards erwähnt hatte,12) freilich ohne eine Inschrift mitzuteilen, wurde später als Baumaterial „zum Auftritt der Sakristei“ verwendet.13)
Aus den familiären Zusammenhängen und älteren Beobachtungen ergeben sich neue Anhaltspunkte für die ursprüngliche Gestaltung des Denkmals, die offenbar Eberhardis Beschreibung in besonderer Weise stützen. Die Memorie des Ehepaares scheint nicht aus zwei separaten Epitaphien bestanden zu haben, da die beiden Wappen bei der Figur Reinhards ihrer beider mütterliche(!) Wappen darstellen. Daraus folgt zwingend, dass die jeweiligen Vaterwappen in einem heute verlorenen oberen Teil eines Doppelepitaphs bzw. zweier dicht beieinanderstehenden Epitaphien angebracht waren.
- Vgl. etwa DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nrr. 477, 516, 578, 619; DI 49 (Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau) Nr. 304; DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis I) Nr. 365.
- Vgl. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nrr. 502, 537, 555, 583; DI 63 (Odenwaldkreis) Nrr. 123, 228, 252.
- Vgl. Biedermann, Geschlechtsregister Baunach Taf. CCLI und Kaethner/Kaethner, Usingen 294, Nr. 11, vgl. ebd. auch zum Folgenden.
- Vgl. Möller, Stammtafeln [AF] II Taf. LXXIX.
- Bestallungsurkunde datiert von 1568 Mai 1, vgl. Kaethner/Kaethner, Usingen 294, Nr. 11 Anm. 1.
- Eberhardi, Alte Monumenta Nr. 7: „A(nno) 1609“, Tagesangabe nach Bohris.
- Enthalten in HHStAW 135, Usingen II b 4, Amtmannsbestallungsbuch, Eintrag zu Reinhard von Schletten, o. S.
- Eberhardi, Alte Monumenta Nr. 7: „(...) stehn Junker Reinharts von Schletten (...) sampt seiner haus fraw Epitaphien in stein gehawen (...)“.
- Bohris; Dienstbach.
- Inschrift ↑
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Umschrift:
A ANNO CHRISTI <– – –> DEN <– – –> SEINES ALTERS IM <– – –>a) /
IARE STA[R]BE D[ER EDE]L VNDb) / EHRNVESTE REINHART VON
SCHLETTEN, AM͜PT[M]AN ZV VSINGENc) / VN͜D N͜EV͜ENW͜EILN͜AV
D[EM G]OT GNADE
B CHRISTVS IST MEIN [LEBEN / STE]RBENd) IST [M]EIN GEWI[N]1)
- Der Text wird auf dem gegenüberliegenden rechten Plattenrand oben in der ersten Zeile weitergeführt.
- Der Text wird auf dem linken Plattenrand in der zweiten Zeile weitergeführt. STARBE DER EDEL fehlt bei Steinmetz und Dienstbach.
- Der Text wird auf dem rechten Plattenrand in der zweiten Zeile weitergeführt.
- Verlesen STERBRN Bohris.
- Phil 1,21.
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Kommentar:
Ergänzt nach Bohris bzw. nach Foto-Marburg.
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Schrift:
- Nachweise ↑
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Literatur:
- Bildarchiv Foto-Marburg, Aufn.-Nr. 1.600.963 (Foto um 1914).
- Bohris, Paul: Aus der Geschichte der Laurentiuskirche zu Usingen. In: Nassovia 37 (1927), S. 13–17, hier S. 14 m. Abb.
- Steinmetz, Ernst Georg: Corpus inscriptionum Nassoicarum. Pars specialiter: Corp. Inscript. Usingense. Hdschr. Usingen um 1930 (StaA Us, Archiv Steinmetz, H. 9); abgeschr. u. bearb. von Helmut Fritz. Masch. Usingen 2003, S. 8f., Nr. 30.
- Dienstbach, Fritz: Die Stadtkirche in Usingen als Begräbnisstätte. In: Usinger Land Jg. 1967, H. 1 (Feb.), Sp. 49–56, hier Sp. 53.
- Fritz, Helmut: Inschriftensammlung. Privatsmlg. Typoskript Usingen 2000, Nr. 16.
- Fritz, Helmut: Grabdenkmäler der Ev. Laurentiuskirche in Usingen 2010. Download aus (Stand 19,1,2015), Nr. 4 m. Abb.
- Rowedder, Eva: Kulturdenkmäler in Hessen. Hochtaunuskreis. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Wiesbaden/Darmstadt 2013 (Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland, Hessen Bd. 53), S. 595.
- Fritz, Helmut: Die Evangelische Laurentiuskirche zu Usingen, „Stadt- und Hofkirche“. Großer Kirchenführer und Gemeindegeschichte. Hrsg. von der Ev. Kirchengemeinde Usingen. Usingen 2013, S. 43, Nr. 2 m. Abb. 43.
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Wappen:
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Bearbeitung:
- Zitierweise ↑
- „Reinhart von Schletten Ende 16. Jahrhundert–vor 10. Juli 1609, Usingen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2479> (Stand: 20.3.2023)