Synagogen in Hessen
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- 5319 Londorf
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- Großherzogtum Hessen 1823-1850 (Übersichtskarte mit handschriftlichen Ergänzungen) – 7. Allendorf
Londorf
- Gemeinde Rabenau, Landkreis Gießen — Von Susanne Gerschlauer
- Basisdaten ↑
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Juden belegt seit
Ende 16. Jahrhundert
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Lage
35466 Rabenau, Ortsteil Londorf, Gießener Straße 76 | → Lage anzeigen
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Rabbinat
Oberhessen
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erhalten
nein
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Art des Verlusts
Abbruch
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Gedenktafel vorhanden
nein
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Weitere Informationen zum Standort
- Geschichte ↑
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Im frühen Mittelalter gehörte die Region mit Londorf zur sogenannten Londorfer Mark. 1237 regierten die Grafen von Ruchesloh die Region, 1328 die Grafen von Nassau. Londorf war etwa seit dieser Zeit Gerichtsort. 1367 erhielten die Herren von Nordeck zur Rabenau von den Grafen von Nassau-Weilburg den Ort als Lehen und blieben Lehnsherren bis zur Eingliederung in die politische Struktur des Großherzogtums Hessen, 1822.
Möglicherweise lebten bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts Juden in Londorf.1 Vermutlich bestand seit Anfang des 18. Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde mit dem Zentralort in Londorf. Hierzu zählten auch die in Kesselbach, Geilshausen und Rüddingshausen lebenden Juden2 und zeitweise auch die Juden aus Nordeck, bis sie eine eigene jüdische Gemeinde gründen konnten. Die Gemeinde besaß sieben oder acht Thorarollen.3 Einer der letzten Vorsitzenden, Adolf Josef, emigrierte um 1935 in die USA.4
Um 1828 lebten in Londorf 103 Juden, dies entspricht einem Anteil von 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung.5 Gleichzeitig lebten in Geilshausen vier, in Kesselbach 25 und in Rüddingshausen 38 Juden. Bis zu Beginn des Jahrhunderts nahm die Zahl der hier lebenden Juden anhaltend ab. Um 1910 wohnten noch 72 jüdische Bürger in Londorf (ca. 8 Prozent). In Geilshausen waren es um 1905 25, in Kesselbach 25 und in Rüddingshausen 30 Personen. Im Lumdatal lag der Anteil an jüdischer Bevölkerung bezogen auf die Gesamtbevölkerung in Londorf und den zur Synagogengemeinde zählenden Orten weit über dem Durchschnitt oberhessischer Gemeinden; sogar noch 1932 lag er in Londorf bei ca. 7 Prozent (67 Personen).6 Einer der Gründe für diese verhältnismäßig hohe Zahl jüdischer Rabenauer liegt in der Politik der Ortsherren, die aus wirtschaftlichem Interesse die Ansiedlung von Juden unterstützten. Die Mehrheit der Juden verdiente ihren Lebensunterhalt als Händler (Vieh, Manufakturwaren), Kaufleute und Handwerker (Metzger).7
Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten, 1933, verschlechterte sich die Lebenssituation für Londorfer Juden erheblich. Dies hatte zur Konsequenz, dass bis 1939 ein großer Teil der jüdischen Gemeinde auswanderte oder innerhalb Deutschlands wegzog. Alle 14 noch verbliebenen Juden wurde 1942 durch die Nationalsozialisten verhaftet und in Konzentrationslager deportiert, in denen sie ermordet wurden. Einzige Überlebende war Ruth Wertheim, die zunächst nach Theresienstadt und im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert wurde.8
- Betsaal / Synagoge ↑
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Die Gründung der jüdischen Gemeinde geht vermutlich auf das 18. Jahrhundert zurück. Mit Sicherheit wurden vor dem Synagogenbau des 18. oder 19. Jahrhunderts die Gottesdienste in Privaträumen abgehalten.
Die Synagoge stand in der Allendorfer Straße, heute Gießener Straße 76. Das dreigeschossige unverputzte Fachwerkhaus aus dem 18. oder 19. Jahrhundert war mit einem Satteldach versehen. Im vorderen Bereich wohnte anfangs ein jüdischer Lehrer mit seiner Familie, später wurde die Wohnung an andere Mieter vermietet. Das Gebäude hob sich vermutlich nicht besonders von den es umgebenden Wohngebäuden ab. Es stand am westlichen Rand des alten Ortskerns an der Straße Richtung Allendorf, etwa 200 Meter westlich der evangelischen Kirche. Über das äußere Erscheinungsbild ist nicht viel bekannt. Vermutlich glich das Fachwerk der Synagoge dem ortsüblichen Bild. Im Innern soll zur Straße hin eine Wohnung, auf der Seite zur Lumda hin der Betsaal eingerichtet gewesen sein.9 Entsprechend der hohen Mitgliederzahl der Synagogengemeinde bot der Betsaal 80 bis 100 Personen Platz. Die Decke war gewölbt und mit goldenen Sternen vor blauem Hintergrund bemalt10, die Wände waren vermutlich verputzt und farbig angelegt.
Im November 1938 wurde die Synagoge während der Pogromnacht außen und innen stark zerstört. Alle sakralen Gegenstände verschwanden, vieles wurde verbrannt, u.a. Thoraschrein und Thorarollen.11 1939 verkaufte der letzte Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Leopold Wertheim, das Gebäude für 1.800,00 Reichsmark an den benachbarten Bäckermeister.12 Einige Jahre später ließ dieser das Haus wegen Baufälligkeit abreißen.
- Weitere Einrichtungen ↑
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Mikwe
Das Gebäude, in dem die Mikwe eingerichtet war, befand sich auf der Rückseite der Synagoge.13 Nach den rituellen Vorschriften wurde das Fließgewässer der Lumda genutzt.14 Reste des Mikwengebäudes waren noch 2008 als Mauerreste des als solchen genutzten Schuppens vorhanden.
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Friedhof
Der jüdische Friedhof von Londorf wurde seit 1722 benutzt.15 Er befindet sich direkt angrenzend an den kommunalen Friedhof außerhalb des Ortes südlich der Lumda, etwa 500 Meter von der Synagoge entfernt. Um 1837 wurde er erweitert. Außer den Londorfern begruben u. a. die Juden aus Geilshausen, Kesselbach und Rüddingshausen ihre Verstorbenen hier.
- Nachweise ↑
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Weblinks
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Quellen
- Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW):
- HHStAW Best. 503, Nr. 7384: Entschädigungsansprüche der jüdischen Gemeinden im Regierungsbezirk Darmstadt. Bd. 7: Synagogen und andere jüdische Einrichtungen im Kreis und in der Stadt Gießen, (1932-1939, 1955) 1960-1962
- HHStAW Best, 518 Nr. 1452: Jüdische Gemeinde Londorf, Entschädigungsakte, 1960-1962
- Hessisches Staatsarchiv Marburg:
- HStAM Best. 17 d Nr. von Nordeck zur Rabenau 3: Verschiedene Streitigkeiten zwischen denen von Nordeck zu Rabenau und ihren Hintersassen im Londorfer Grund. Enth. Beschwerde der Gemeinde Londorf über die von Nordeck wegen Aufnahme und Begünstigung von Juden, 1586,
- Gemeindearchiv Rabenau, Best. Londorf:
- XIII. Abt., Wiedergutmachung, 1947
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Literatur
- Altaras, Thea: Synagogen und jüdische Rituelle Tauchbäder in Hessen – Was geschah seit 1945? Königstein im Taunus 2007
- Arnsberg, Paul: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang. Untergang. Neubeginn, 2 Bde. Frankfurt a.M. 1971/1972, hier: Band 1, S. 499-501
- Rothmann, Arthur: Jüdisches Leben in der Rabenau. In: 1250 Jahre Londorf. Die Zeit von 1958 bis 2008; hg. von Gabriele Hofmann und Harald Jung. Rabenau 2008 (Schriftenreihe des Vereins für Heimat- und Kulturgeschichte der Rabenau e.V., Band 2, 2008), S. 72–109
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Abbildungen
- Indizes ↑
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Personen
Ruchesloh, Grafen von · Nassau, Grafen von · Nordeck zur Rabenau, Herren von · Nassau-Weilburg, Grafen von · Josef, Adolf · Wertheim, Ruth · Wertheim, Leopold
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Orte
Londorfer Mark · Kesselbach · Geilshausen · Rüddingshausen · Nordeck · Lumdatal
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Sachbegriffe Geschichte
Hessen, Großherzogtum · Theresienstadt, Ghetto · Auschwitz, Vernichtungslager
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Sachbegriffe Ausstattung
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Sachbegriffe Architektur
- Fußnoten ↑
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- HStAM Best. 17 d Nr. von Nordeck zur Rabenau 3 ↑
- Ob in allen dieser Orte zur Gründungszeit bereits Juden lebten, ist nicht bekannt. Vermutlich war die Gesamtzahl jedoch ausreichend für die benötigte Zahl von 10 religionsmündigen Männern. ↑
- Die Anzahl der Thorarollen kann über die finanzielle Ausstattung der Synagogengemeinde Auskunft geben – die jüdische Gemeinde Londorf wahr offenbar wohlhabend. Dafür spricht auch, dass ein Religionslehrer dauerhaft angestellt war. ↑
- Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 500 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 72 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 72 ↑
- Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 500 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 87 ff. ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 72 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 72 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 73 ↑
- GemA Rabenau, XIII. Abt., 1947 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 73 ↑
- Rothmann, Rabenau, S. 76 ↑
- Arnsberg, Jüdische Gemeinden 1, S. 501. ↑
- Empfohlene Zitierweise ↑
- „Londorf (Landkreis Gießen)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/syn/id/300> (Stand: 24.10.2023)