Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Synagogen in Hessen

Bromskirchen

Gemeinde Bromskirchen, Landkreis Waldeck-Frankenberg — Von Susanne Gerschlauer
Basisdaten | Geschichte | Betsaal / Synagoge | Weitere Einrichtungen | Nachweise | Indizes | Empfohlene Zitierweise
Basisdaten

Juden belegt seit

Mitte 18. Jahrhundert

Lage

59969 Bromskirchen, im Wohnhaus des Schönthal

Rabbinat

Oberhessen

religiöse Ausrichtung

orthodox

erhalten

nein

Gedenktafel vorhanden

nein

Weitere Informationen zum Standort

Historisches Ortslexikon

Geschichte

Die Ersterwähnung des Ortes geht auf das Jahr 1238 zurück. Die Herren von Itter als Lehnsnehmer des Erzbistums Mainz besaßen zu dieser Zeit die Gerichtshoheit. Im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts ist für das Zent Bromskirchen Blut- und Erbgericht nachgewiesen. Ende des 13. Jahrhunderts hielt die Grafschaft Battenberg die Gerichtshoheit für Bromskirchen.1

1539 ging Bromskirchen in landgräflichen Besitz über. Seit Beendigung des 30-jährigen Krieges zählte die Gemeinde zum Amt Battenberg. 1866 wurde durch herrschaftliche Zuteilung der Amtsbezirk mit allen untergeordneten Städten und Gemeinden, darunter auch Bromskirchen, Preußen zugeschlagen. Von 1852 bis 1932 gehörte Bromskirchen zum Landkreis Biedenkopf, danach bis 1974 zum Landkreis Frankenberg, bevor es dann in den Landkreis Waldeck-Frankenberg Eingliederung fand.

Bromskirchen lag im Mittelalter und der frühen Neuzeit bis über das 18. Jahrhundert hinaus nahe einem Handelsweg von Köln über Kassel nach Leipzig. Zudem führte durch den Ort eine Nord-Süd-Verbindung zwischen Bremen und Frankfurt am Main. Die an diesen alten Verkehrswegen gelegene, vermutlich nur deshalb gegründete Siedlung konnte hierdurch ihre wirtschaftliche Lebens- und Überlebenssituation sichern. Neben dem Warenhandel als Haupterwerb stellten Holz- und Landwirtschaft eine wichtige Einkommensquelle der Bromskirchener dar.2

Seit wann Juden in Bromskirchen lebten ist nicht überliefert. Vermutlich siedelten einige seit Mitte des 18. Jahrhunderts dauerhaft im Ort.3

Bis mindestens 1843 bildeten die Bromskirchener Juden mit den Juden aus dem etwa zwei Kilometer nördlich entfernt liegenden westfälischen Hallenberg eine Synagogengemeinde. Durch die stabile Personenzahl konnte ein Minjan in Bromskirchen zustande kommen. Dies führte spätestens 1830 zur Einrichtung eines Betraumes in Bromskirchen, so dass die Hallenberger Juden, deren Zahl für einen eigenen Minjan nicht ausreichte, dort den Gottesdienst besuchten. Über die personelle Struktur des Gemeindevorstands ist bisher nichts bekannt. Nachweisbar sind zwei Religionslehrer von dem der eine, Wilmersdorf, um 1826 auch das Amt des Kantors innehatte.4

Nach 1843 wechselte der Gemeindezuschnitt und die Bromskirchener Juden besuchten die Gottesdienste der jüdischen Gemeinde im etwa 12 Kilometer südlich gelegenen Battenfeld, zu deren Kultusgemeinde sie spätestens seit der zweiten Jahrhunderthälfte gehörten.

Die jüdischen Bromskirchener verdienten ihren Lebensunterhalt als Kolonialwaren- oder, wie Salomon Löwenthal um 1816, als Viehhändler.5 Ende des 19. Jahrhunderts gab es einen jüdischen Metzger. Bis in die 1930er Jahre gab es einen Manufakturwarenladen, dessen Eigentümer Jude war, im Ort.

Um 1830 lebten 25 jüdische Personen in Bromskirchen, bei 950 Einwohnern insgesamt ein Anteil von ca. 2,5 %.6 Bis um 1940 lebten noch drei jüdische Bromskirchener in ihrem Heimatdorf. Alle anderen waren bis dahin innerhalb Deutschlands umgezogen.

Über die letzten Bromskirchener Juden ist folgendes bekannt: Sofie Neheimer, nach 1933 durch gesellschaftlichen und politischen Druck bedingt nach Frankfurt am Main gezogen, beging am 18.4.1941, im Alter von 76 Jahren Selbstmord. Jakob Neheimer wurde im Sommer 1942, 71jährig, über Frankfurt nach Theresienstadt deportiert, wo er nach kaum drei Wochen verstarb. Jeanette Schöntal, seine Schwägerin, wurde gemeinsam mit Jakob Neheimer nach Theresienstadt und von dort am 29. September in das Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie ermordet wurde.7

Betsaal / Synagoge

Bis zur Einrichtung eines eigenen Betraums nach 1830 nutzten die Bromskirchener Juden den Betraum der Juden in Hallenberg,8 die mit ihnen gemeinsam eine Synagogengemeinde bildeten.

Nach 1830 bestand in Bromskirchen ein Betraum, der in einem privaten Wohnhaus des jüdischen Eigentümers Schönthal, später Familie Neheimer, eingerichtet war und wohl für etwa 15 Personen Platz bot.9 Über die genaue Lage des Gebäudes ist bisher kein Hinweis bekannt. Die Angaben zur Inneneineinrichtung beschränken sich auf das Vorhandensein eines Thoraschranks, in dem eine Thorarolle bewahrt wurde.

Mit dem Beitritt zur jüdischen Gemeinde in Battenfeld nach 1843 wechselte der Gottesdienstort dorthin. In Battenfeld gab es die für ein jüdisches Gemeindeleben nötigen und nun auch von den Bromskirchener Juden genutzten Einrichtungen wie Synagoge, Mikwe, Schule und den jüdischen Friedhof.

Weitere Einrichtungen

Mikwe

Ob es in Bromskirchen eine Mikwe gab ist nicht überliefert, aber wahrscheinlich. Es wird sich um ein rituelles Tauchbad im Keller eines Privathauses gehandelt haben.

Schule

Über besondere Räumlichkeiten für Religionsunterricht und Gemeindeversammlungen ist nichts überliefert. Vermutlich diente der Betraum als multifunktionaler Raum auch dazu. 1826 und 1827 lebte und arbeitete der Religionslehrer und Vorsänger Wilmersdorf in Bromskirchen. Er unterrichtete, ebenso wie sein Nachfolger Feidel Alder, der bis mindestens 1843 Dienst tat, auch die Kinder der Hallenberger Juden in Hallenberg.10

Friedhof

Die Bromskirchener Juden bestatteten ihre Verstorbenen auf dem seit dem 18. Jahrhundert belegten Sammelfriedhof in Battenfeld. Die ältesten Grabsteine von Bromskirchener Juden stammen von 1872, der jüngste von 1888. Der nahe des Waldrandes gelegene, ca. 3.600 Quadratmeter große Sammelfriedhof befindet sich etwa 15 Kilometer südlich von Bromskirchen, ca. zwei Kilometer nordwestlich von Battenfeld entfernt "Auf dem Krögerain", Flur 9, Flurstücksnummer 156.

Battenfeld, Jüdischer Friedhof: Datensatz anzeigen

Grabstätten

Battenfeld, Jüdischer Friedhof: Grabstätten anzeigen

Nachweise

Weblinks

Quellen

Literatur

Fußnoten
  1. Ortsartikel "Bromskirchen" in LAGIS, Historisches Ortslexikon (siehe Link oben)
  2. http://bromskirchen-info.de/basisdaten/geschichte/
  3. Nachweis über in Bromskirchen 1745 lebende Juden, in: Stadtarchiv Hallenberg, Nordrhein-Westfalen: Hallenberger Quellen und Archivverzeichnisse, bearb. von Alfred Bruns (Westfälische Quellen und Archivverzeichnisse Band 17,1 und 2) Münster 1991, hier: Bd. 1, 5 b, S. 389-400; Gasse/Sonneborn: Jüdische Familien in Bromskirchen, S. 203–205
  4. StadtA Münster, Kreis Brilon, Nr. 939–941. Information durch freundlichen Hinweis von Herrn Georg Glade, Stadtarchivar Hallenberg
  5. Nachweis zu S. Löwenthal, 1816 Viehhändler in Bromskirchen, in: StadtA Hallenberg, I 5b, 20, S. 745 f., 739–741; nähere Angaben dazu liegen nicht vor.
  6. Hoffmann: Deutschland und seine Bewohner, Bd. 3, S. 224
  7. Gedenkbuch Bundesarchiv (s. Weblink)
  8. Betraum seit 2. H. 18. Jh. bis 1830 im Haus des Jakob Leiser (später Bonum Herz) am Obertor in Hallenberg.
  9. Gasse/Sonneborn: Jüdische Familien in Bromskirchen, S. 203–205. Die Anzahl der Sitzplätze ergibt sich aus der Ableitung der um 1830 gemeldeten 25 jüdischen Bromskirchener, von denen vermutlich nicht alle gleichzeitig den Gottesdienst besuchten. Zusätzlich muss ausreichend Platz für die wenigen Hallenberger Juden gegeben gewesen sein, die wegen sinkender Mitgliederzahlen keinen Minjan mehr bilden konnten und daher den Bromskirchener Gottesdienst besuchten.
  10. StadtA Münster, Kreis Brilon, Nr. 939–941. Durch freundlichen Hinweis von Herrn Georg Glade, Stadtarchivar Hallenberg, Januar 2012.
Empfohlene Zitierweise
„Bromskirchen (Landkreis Waldeck-Frankenberg)“, in: Synagogen in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/syn/id/80> (Stand: 24.4.2022)