Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

Inhalt

↑ Harry Heußner, Das Landsturm-Infanteriebataillon Hersfeld in Belgien, 1914-1918

Abschnitt 11: Führungswechsel, August 1916-Ostern 1917

◀ [III, S. 106] Am 7. August 1916 übernahm an Stelle des zum Regimentskommandeur ernannten Obersten von Griesheim Major von Westerhagen vom Bataillon Hanau, der schon den Krieg 1870/71 mitgemacht hatte, die Führung des Bataillons, blieb aber nur kurze Zeit. Eine willkommene Abwechslung und Erholung brachten in der Ruhezeit zweimalige Fahrten der Kompanien nach Ostende zum Baden. Am 10. August nahmen 2 Kompanien an einer großen Truppenparade vor dem Kaiser bei Brügge teil. „Wo seid Ihr her, Landsturmleute?" fragte der Kaiser, als er dicht vor uns die Front abschritt. „Aus Kurhessen, Euer Majestät!" schallte es ihm entgegen. „Das freut mich, da komme ich eben her, habe meine Frau in Wilhelmshöhe besucht", entgegnete der Kaiser. Wir trugen damals noch blaue [S. 107] Litewken und Tschakkos. Oberstleutnant Kündinger, der in seiner Ulanenuniform am rechten Flügel unserer Kompanien stand, fiel natürlich auf. „Kündinger, Sie beim Landsturm?" fragte der Kaiser. „Zu Befehl, Euer Majestät, richte Maschinengewehrkompanien ein", erwiderte Kündinger. Ich habe mich oft gefragt: Woher kannte der Kaiser Kündinger, einen einfachen württembergischen Oberstleutnant? Bald nach der Parade bekamen wir feldgraue Uniformen, Stahlhelme und Gewehr 98. Im Dezember 1916 wurde auch ein Sturmtrupp aufgestellt; unter den über 40 Jahre alten Leuten eine Auswahl zu treffen, war recht schwierig.

Der Winter kam und mit ihm Weihnachten, das wir in Ruhestellung in Leke verlebten. Etwas Unruhe brachten die letzten Tage des Januar 1917, in denen strenge Kälte einsetzte. Da die weiten Wasserflächen zugefroren waren und somit kein Hindernis mehr für einen etwaigen Angriff bildeten, wurden wir in der Stellung nicht abgelöst, sondern blieben alarmbereit, bekamen auch Artillerieverstärkung. Es blieb indessen alles ruhig bis gegen Ostern. ▶