Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg


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Abtransport der gefangenengenommenen Besatzung von Montmédy am 29. August 1914 durch Angehörige des Garde-Dragoner-Regiments Nr. 23

↑ Otto Frhr. von Brandenstein, Der Ausmarsch des Garde-Dragoner-Regiments Nr. 23 aus Darmstadt, 1914

Abschnitt 4: Durchmarsch durch das Großherzogtum Luxemburg

[16-18] Durch Luxemburg, 4. bis 6. August 1914.

Am 4. Aug. rückten die Esks. vom frühen Morgen an mit vorgesandten Sicherungen nach Luxemburg hinein und erreichten friedensmäßig und ungestört ihre Quartiere: St. , 2. und 3. Esk. Schüttringen, 4. Esk. Schrassich, 5. Esk. Oetringen. – Die Einwohner zeigte eine ruhige Haltung. In Bezug auf Verpflegung hatten wir stellenweise Schwierigkeiten. Schon hier zeigte sich der Mangel, daß die Kavallerie nicht wie die anderen Waffengattungen mit Feldküchen ausgerüstet war.

Allgemeine Lage:

5. Aug. Die deutsche 1. bis 4. Armee sollten nach erfolgtem Aufmarsch angreifen zwischen dem Meer und den Ardennen; die 6. und 7. dagegen, auf Metz – Straßburg gestützt und in Anlehnung an die neutrale Schweiz, haben einen franz. Angriff zu erwarten, den sie auffangen sollen. – Wir gehören zur 5. Armee (Deutscher Kronprinz). Diese soll aus Gegend Saarbrücken – Diedenhofen am 18. August den Vormarsch auf Longwy – Montmédy antreten. Vor ihrer Front befindet sich das 4. K.K. (3. und 6. Kav. Div. ), welches von der O.H.L. zur Aufklärung südl. Longwy – Conflans angesetzt ist.

[S. 17] 8.00 vorm. rückten die Esks. aus ihren Unterkünften ab an einen Punkt westl. Sandweiler, wo der Rgts. Kdr. zum ersten Male das Rgt. versammelte. Das Off. K. meldete sich bei ihm. Hier trat das Rgt. , welches schon im Frieden mit dem L. Drag. Rgt. 24 die 24. Kv. Brig. (General v. Glasenapp) bildete, in den Verband der 3. Kav. Div. unter Gen. Maj. v. Unger. Zu dieser gehörten noch 16. Kav. Brig. (Jäg. Rgtr. z. Pf. 7 und 8), 22. Kav. Brig. (Drag. 5 und Hus. 14), Jäg. Btl. 6. Die 3. Kav. Div. bildete mit der 6. Kav. Div. (Gen. Graf v. Schmettow) das H.K.K. 4 (Gen. Lt. Frhr. v. Hollen), dessen Chef des Stabes Oberstlt. Frhr. v. Brandenstein war.

Als Vorhut der 3. Kav. Div. trat das Rgt. 9.50 vorm. den Vormarsch über Luxemburg bis Grewels an. Fünf vom Rgt. zur Nahaufklärung bis zur Linie Kapellen – Dippach – Steinbrücken entsandte Patrln. meldeten die Gegend frei vom Feinde. Der Anblick der in fruchtbarer und reizvoller Gegend wunderbar schön gelegenen Stadt Luxemburg ist uns Teilnehmern an diesem ersten kriegsmäßigen Marsch wohl noch in guter Erinnerung. 5.30 nachm. erreichte das Rgt. Holzem, wo es nach einem Marsch von 25 km zusammen mit dem Brig. St. zur Ruhe überging. Das Unterkommen für Mannschaften und Pferde war gut. Verpflegung erfolgte durch die Einwohner. Nur Hafer wurde von einem Auto in Dippach empfangen.

Am 6. Aug. verblieb das Rgt. in seinen Quartieren.

Über eine Patrl. berichtet Lt. Prinz zu Stolberg-Roßlau:

„In Holzem erhielt ich am 6. meine erste Kriegspatrouille, welche allerdings vollkommen friedensmäßig verlief. Denn wir durften die Grenze nicht überschreiten, wohl weil es noch nicht klar war, ob wir uns mit Belgien im Kriegszustand befanden. Aus den Wachthäusern jenseits der Grenze trat überall Militär heraus, das ich mit Bestimmtheit für franz. hielt. Leider durfte ich nichts gegen sie unternehmen. Auf unserem ganzen Ritt längs der Grenze wurden wir von einer Menge johlender junger Bengels auf Rädern begleitet und gefolgt, die immer den Postierungen auf belgischer Seite Bescheid gaben, wohin ich ritt. Schließlich riß mir die Geduld und wir attackierten diese lästige Gesellschaft, so daß wir sie dann los waren.

Wir waren ordentlich traurig, mit einem so ergebnislosen Aufklärungsresultat zur Esk. reiten zu müssen, und ich sah es meinen Dragonern an, dass sie gleich mir darauf brannten, bald ernstere Attacken reiten zu können“.

[S. 18] An diesem Tage wurde Englands Kriegserklärung bei uns bekannt. Auch mit diesem neuesten und doch wohl schon recht alten Feind hofften wir uns bald messen zu können.


Personen: Brandenstein, Otto Freiherr von · Glasenapp, von, General · Unger, von, General · Schmettow, Graf von, General · Hollen, Freiherr von, Generalleutnant · Stolberg-Roßlau, Prinz von, Leutnant
Orte: Luxemburg · Schüttringen · Schrassich · Oetringen · Ardennen · Metz · Straßburg · Schweiz · Saarbrücken · Diedenhofen · Longwy · Montmédy · Conflans · Sandweiler · Grewels · Kapellen · Dippach · Steinbrücken · Holzem · Belgien · England
Sachbegriffe: Garde-Dragoner-Regiment Nr. 23 · Kavallerie · Feldküchen · Patrouillen · Dragoner · Kriegserklärungen
Empfohlene Zitierweise: „Otto Frhr. von Brandenstein, Der Ausmarsch des Garde-Dragoner-Regiments Nr. 23 aus Darmstadt, 1914, Abschnitt 2: Durchmarsch durch das Großherzogtum Luxemburg“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/16-4> (aufgerufen am 01.05.2024)