Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Grabdenkmäler

Übersichtskarte Hessen

Philipp von Hattstein und seine Gemahlin Irmgard, geb. von Reifenberg 1470, 1513 oder später, Falkenstein

Falkenstein · Gem. Königstein im Taunus · Hochtaunuskreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Falkenstein

Gebäude / Areal:

Falkenstein (Königstein), Ehem. Katholische Kirche St. Philippus und Jakobus

Angaben zum Standort:

Das unbeachtet gebliebene Denkmal befand sich vermutlich im Chor der 1956 abgerissenen kleinen Barockkirche und wurde bei den Abbrucharbeiten wiederentdeckt.1)


  1. Hasselbach, Burg Falkenstein 20; zu den Grabungen vgl. Hasselbach, Grabfunde passim. Die Zusammengehörigkeit, wie bei der modernen Aufstellung angedeutet, wurde lange nicht realisiert, vgl. Rowedder 274.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Falkenstein (Königstein), Katholische Pfarrkirche Christkönig

Angaben zum Aufbewahrungsort:

Die Metallstreifen mit dem umlaufenden Text sowie vier Wappen in den Ecken sind über der Illusion einer rötlichen Sandsteinplatte in der Turmhalle am zugemauerten ehemaligen Eingangsportal aufrecht auf die Wand aufgebracht.

Merkmale

Datierung:

1470, 1513 oder später

Typ:

Metallauflage einer Grabplatte

Erhaltung:

erhalten

Größe:

176.5 x 235 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 5,3; (B) 2,5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Metallauflage der verlorenen Grabplatte für Philipp von Hattstein und seine Gemahlin Irmgard, geb. von Reifenberg. Die Leiste trägt die Grabinschrift (A) für den zuerst verstorbenen Philipp von Hattstein; die Grabinschrift für seine 43 Jahre später verstorbene Ehefrau (B) ist in vier Zeilen auf einer querrechteckigen, an den Schmalseiten mit Beschlagwerk verzierten Metalltafel aufgebracht, die in der oberen Hälfte des Feldes befestigt ist. Die Metallstücke sind insgesamt sehr gut erhalten. Es handelt sich bei Inschrift (A) um sechs separate Schriftleisten und vier etwas höhere Wappenschilde, die wie die Tafel von (B) heute mit Schrauben befestigt sind.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en) · weibliche Person(en) · Ehepaar

Stand:

Adlige

Enthaltene Wappen:

Hattstein2)

Rheinberg3)

Bellersheim4)

Schwalbach5)


  1. Fünfmal, sonst auch sechsmal schrägrechts geteilt, von Rot und Silber oder von Silber und Rot, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 7. Abt. (Nassau, Abgestorbene) 24 m. Taf. 36.
  2. Ein Sparren – in Rot silberner Sparren bei Helwich, Syntagma 379 u. 456, auch bei Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 7. Abt. (Nassau. Abgestorbene) 34 m. Taf. 55, hier nicht die begleitenden silbernen Adler. Mielke, Niederadlige von Hattstein gibt diese Ahnenprobe an, vgl. auch unten Anm. 9.
  3. In (schwarzem) mit (goldenen) Schindeln bestreuten Feld ein (silberner) U-förmig hängender Steigbügelgurt mit (goldener) Schnalle, Bügel und Spitze, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. II, 7. Abt. (Nassau) 4 m. Taf. 5.
  4. (In Rot) drei in Form eines Schrägbalkens gestellte (silberne) Ringe, vgl. Siebmacher u. a., Wappenbuch Bd. VI, 7. Abt. (Nassau. Abgestorbene) 37 m. Taf. 60.

Dargestellte Personen:

Die Familie von Hattstein war u. a. Lehnsträger der Burg Falkenstein und stellte dort zeitweilig die Burgmannschaft. Philipp11) war ein Sohn des bis 1418 als Königsteiner Amtmann belegten Georg von Hattstein (aus der Linie Neu-Falkenstein) und einer von Rheinberg. Er war wie sein Vater Königsteiner Amtmann.12) In erster Ehe heiratete Philipp eine nicht näher bekannte Frau aus der Familie der Münch von Buseck, später Irmgard, deren Herkunft und Eltern unklar sind. Mielke nannte als ihre Eltern Gottfried von Reifenberg und eine von Schwalbach, hingegen wird sie in den Europ. Stammtafeln als Tochter eines Philipp von Reifenberg (aus der Weller Linie) und einer von Schwalbach bezeichnet.11) Die Grablege der von Hattstein ist weit verstreut13) und kaum anhand von Inschriften nachzuvollziehen; im näheren Umkreis kennt man nur eine weitere Grabinschrift in Arnoldshain (Kat.-Nr. 137), einem Hauptort der Familie, und Wappen eines Kenotaphs in Königstein (Kat.-Nr. 110), dazu zwei Grabinschriften der Weilbacher Linie (Kat.Nrr. 133, 173).


  1. Vgl. Mielke, Niederadlige von Hattstein 349, Nr. 15; Europ. Stammtafeln NF XII Taf. 14.
  2. Genannt im Burgfrieden von 1459, ferner als Bürge 1463 und als Mitsiegler 1464, vgl. Eppsteiner Urkunden Nr. 210 und 213.
  3. Verteilt auf Falkenstein und Königstein, Arnoldshain, Pfaffenwiesbach, Camberg/Kloster Gnadenthal, Usingen nach Mielke, Niederadlige von Hattstein, passim.

Sonstiges:

Die Kapitalis von (A) orientiert sich an klassischen Vorbildern, insoweit Regelmäßigkeit, Proportion, Linksschrägenverstärkung und Serifenbildung nachgebildet sind; wie im Wort ALMECHTIG weichen Schäfte nur selten von der Senkrechten ab. Die Ambition der Schriftform zeigt sich vor allem auch in den Serifen an der Spitze des A, im M mit leicht schrägen Außenschäften und zur Grundlinie gezogenem Mittelteil und in der stachelartigen Cauda des R. Bis auf den Versal A, der der Kapitalis entlehnt ist, bietet die Schrifttafel für Irmgard (B) ein völlig anderes Bild. Bei der Minuskel, die das Zwei-Linien-Schema nur mäßig überschreitet, bleiben die Buchstaben b und d überraschenderweise ganz in diesem Zwei-Linien-Schema verhaftet, während etwa g durchgehend als übergroßer Buchstabe geschrieben ist. Aus der üblichen Formensprache fällt das x in besonderer Weise heraus, indem der Mittelbalken als langes Querrechteck rechts weit übersteht und weit rechts vom dünnen Schrägrechtsschaft geschnitten wird. Die Dicke der Buchstaben ist unterschiedlich und übertrifft fast regelmäßig den Zwischenraum zwischen ihren Teilen. Der kapitale Versal A ist nicht dem kapitalen A der Inschrift Philipps nachgeformt.

Es stellt sich also die Frage, in welchem zeitlichen Verhältnis die Inschriften zueinander und zu den jeweiligen Todesdaten stehen. Auch wenn man die Inschrift Philipps von seinem Todesjahr weit weg datieren muss, kann sie kaum nahe beim Todesjahr seiner Frau und damit nahe bei deren Inschrift entstanden sein. Die Kombination einer stark klassizierenden Kapitalis mit einem deutschsprachigen Text ist damals nur schwer vorstellbar. Allerdings gelangen dem Gießer Stephan von Frankfurt mehrfach klassizierende, wenngleich weniger perfekte Buchstabenformen auf deutschsprachigen Glocken.6) Sollte Philipps Inschrift doch 1513 oder kurz darauf entstanden sein, befremdet die Wahl einer anderen Schrift für die Grabinschrift der Ehefrau und eines offenbar geringer qualifizierten Gießers. Die Ungereimtheiten erklären sich am besten dadurch, dass man die paläographischen Auffälligkeiten und etwa das ungewöhnliche Wort witwe sowie andere orthographische Abweichungen wie erentreich und irengart einem nicht genau imitierenden Nachguss zuschreibt. In die ambitionierte Formung vor allem der Kapitalis schlichen sich nämlich entlarvende Ungereimtheiten wie neben den oben genannten auch das leicht gestreckte O und die uneinheitliche Bildung der Serifen ein. Auch der Komposition muss man Misstrauen entgegenbringen, da derartige bronzene umlaufende Schriftbänder mit eingestellten Wappen gerade bei lebensgroßen Grabplatten regelmäßig mit mittig im Feld plazierten Voll- oder Eheallianzwappen kombiniert wurden;7) daher befremdet das Fehlen des Reifenberger Wappens. Auch der Fürbitte für Philipp wird man nicht trauen dürfen, da der „Allmächtige“ im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts nur höchst selten in Grabinschriften angerufen wird und dann in Verbindung mit der Bitte um Barmherzigkeit.8) Daher wird die Herstellungszeit kaum zu bestimmen sein, wenngleich mindestens die Inschrift der Ehefrau dem Original nahekommt.

Die Auftraggeber für das Grabdenkmal sind nicht bekannt; ob Philipps Gemahlin oder einer ihrer Söhne hier in Frage kommen, lässt sich nicht entscheiden. Die Verwendung von Metallstreifen auf einer ggf. steinernen Grundplatte bleibt im Bearbeitungsgebiet singulär; eine solche ist nochmals bei der verlorenen Grabplatte für den 1517 in Mainz verstorbenen Domizellar Gottfried von Hattstein, Philipps Sohn, in der Dommemorie nachzuweisen.9) Der Bronzegießer bleibt unbekannt. Die Nachricht über den Guss zweier Glocken 1523 durch Ludwig Kalvort für Falkenstein ist nicht auf die vorstehende Kirche zu beziehen, sondern auf das Falkensteiner Schloss zu Butzbach.10)

Wahrzeichen des Ortes14), der bis ins 17. Jahrhundert nach den bis 1171 namengebenden Grafen Nürings hieß, ist die heute ruinöse Burganlage Neu-Falkenstein, die in der Mitte des 14. Jahrhunderts von den Herren von Bolanden-Falkenstein in unmittelbarer Nachbarschaft zu der älteren Burg Nürings errichtet wurde.15) Zahlreiche Besitzwechsel charakterisieren die weitere Geschichte der Anlage, die 1418 in den Besitz von Nassau-Weilburg geriet. Spätestens seit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688) verfiel die Burg; sie wurde seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts als Steinbruch genutzt.

In der 1956–58 erbauten Christkönigkirche, ehemals St. Philippus und Jakobus, sind Reste der barocken Vorgängerkirche von 1726/27 enthalten, u. a. der Glockenturm, der im Kern sogar noch mittelalterlich ist.16)


  1. Vgl. DI 49 (Darmstadt, Lkr. Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) Nrr. 130, 144.
  2. Vgl. etwa die Platten in Babenhausen, DI 49 (Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau) Nrr. 59, 61,72, 114, 142, 150, außerdem in Frankfurt-Rödelheim und Lich.
  3. Vgl. etwa DI 49 (Darmstadt, Lkr. Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) Nr. 72 zu 1480 und 114 zu 1504, in der Nähe unten Kat.-Nr. 88 zu 1551 bei der Familie von Kronberg.
  4. Vgl. DI 2 (Mainz) Nr. 316, dort die Ahnenprobe Hattstein/Bellersheim und Reifenberg/Schwalbach.
  5. Vgl. Geschichte kath. Kirchengemeinde 39. Zu den beiden Glocken vgl. zukünftig DI Wetterau, Altkreis Friedberg (in Bearbeitung); freundl. Hinweis von Dr. Michael Oberweis, Mainz, vom April 2011.
  6. Köster, Bauten 140–149; Rowedder 274–276.
  7. Vgl. zur Familiengeschichte Löffler, Herren von Falkenstein; zur Burg Köster (wie Anm. 14) 140.
  8. Vgl. Dehio, Hessen II (2008) 234; Köster (wie Anm. 14) 147.
Inschrift

Umschrift:

A ANNO DOMINI M CCCC / LXX VFF DEN IX DAG DES AVGVSTS

STARB DER / ERNVEST PHILIPS VON / HATSTEYN DEM GOTT DER

ALMECHTIG GENEDIG SEY

B Anno d(omi)ni xvc xiii vff den zweiten dag des / mercz starb die erentreich fraw

irengarta) von / reiffenbvrgk des egenanten philipssenn vonn / hatstein nachge-

lasne witwe der got genad


  1. Sic!

Schrift:

Kapitalis (A), gotische Minuskel (B).

Nachweise

Literatur:

Wappen:

Hattstein · Rheinberg · Bellersheim · Schwalbach

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 61.

Zitierweise
„Philipp von Hattstein und seine Gemahlin Irmgard, geb. von Reifenberg 1470, 1513 oder später, Falkenstein“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2449> (Stand: 20.3.2023)