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Grabdenkmäler

Übersichtskarte Hessen

Dietrich Grau 1666, Allendorf

Bad Sooden-Allendorf · Gem. Bad Sooden-Allendorf · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Bad Sooden-Allendorf

Gebäude / Areal:

Bad Sooden-Allendorf, Steintor, Friedhof

Merkmale

Datierung:

1666

Typ:

Grabstein

Erhaltung:

verloren

Beschreibung

Beschreibung:

Grabstein des Dietrich Grau. Der Grabstein ist nur durch ein Foto überliefert; es ist ein hochrechteckiger Stein mit einem Volutengiebel, unter dem ein von Pilastern getragenes Gesims verläuft. Im Fries Inschrift A. Im von Rollwerkrahmung eingefassten Innenfeld oben zwei Vollwappen. Darunter Inschrift B mit z. T. nachgemalten Buchstaben in Versen; da diese für eine Zeile zu lang sind, ist der überschießende Teil rechtsbündig in die nachfolgende Zeile geschrieben. Jeder zweite Vers (Pentameter) ist eingerückt. Unter dem Text zwei weitere Vollwappen, deren Helmzier in die untere Zeile hineinragt. Die Versinschrift setzt sich auf der Rückseite fort; das ist dem Umstand zu entnehmen, dass eine Übersetzung der Inschrift überliefert ist. Inschrift in Kapitalis, eingehauen.

Der Schlussvers lässt sich erschließen. Sicher lesbar ist GRAVI und ARVS AVVS, und von CL erkennt man den oberen Teil. Auf NOSTRI führt die überlieferte Übersetzung des dritten Distichons, auch wenn sie im Hexameter in die Irre geht: „Und der als Superintendent in Christi Namen ernannt ein erlauchter Ahne unseres Grau gewesen ist.“ Das Wort NOSTRI gehört aus metrischen Gründen an den Schluss des ersten Hemiepes. Vor NOSTRI kann nur ein einsilbiges Wort gestanden haben, der Befund deutet auf EN. Wenn man die Übersetzung weiter auswertet, vermisst man ein Prädikat. Soll man also lieber EST lesen? In jedem Fall muss man CLARVS AVVS zu einer korrekten zweiten Pentameterhälfte ergänzen. Die erreicht man einerseits, wenn man zwischen NOSTRI und CLARVS eine daktylische Silbenfolge ergänzt. Die Übersetzung verrät nichts über sie; denn es ist kein Begriff genannt, der nicht schon in dem erst unvollständig rekonstruierten Pentameter erfasst wäre. Das fehlende Wort hätte also der Übersetzer nicht gesehen oder nicht bewältigt oder im Deutschen für überflüssig gehalten. Nun erkennt man allerdings in der vorhergehenden Zeile bei DIC//TVS und in dieser nach NOSTRI eine den Text unterbrechende Wappendarstellung. Genaues ist nicht auszumachen, aber dass auf dieser Darstellung das Fehlende zu finden sein könnte oder gar – wie in einem Bilderrätsel – daraus zu erraten wäre, ist eine zu komplizierte Technik, die wohl auch ohne Parallele wäre. Damit liegt eine andere Lösung nahe, nämlich auf CLARVS AVVS ein FVERAT folgen zu lassen. Das ist nicht beste Versqualität, doch für FVERAT spricht auch, dass AVUS unter NOSTRI steht: Als Schlusswort wäre es ganz nach rechts gerückt wie z. B. DOCVIT im vorhergehenden Pentameter.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Enthaltene Wappen:

Grau3)

Feige4)

nicht erkennbar5)


  1. Wappen Grau (Peitsche und kugelendiger Stock, gekreuzt), s. DGeschB 54, 280.
  2. Wappen Feige (fünfblättriger Ast, 2: 3).
  3. Es ist das Wappen Bärmann oder Beermann, vgl. Anm. 9.

Dargestellte Personen:

Dietrich Grau wurde 1598 in Wanfried geboren. Sein Vater war der Magister Dietrich Grau, der spätere Prediger und Metropolitan zu Spangenberg (Schwalm-Eder-Kreis); der Name der Mutter ist nicht bekannt.6) Dietrichs Großvater war Christian Grau, Superintendent zu Allendorf,7) auf dessen Vornamen die Verse anspielen. Dr. Dietrich Grau war praktischer Arzt in Allendorf, Stadtmedicus und Bürgermeister; er dürfte zu den besonders vermögenden Leuten gehört haben, denn er besaß einen Anteil am Salzwerk von mehr als einer Pfanne wie außer ihm nur Henrich Schmidt.8) Verheiratet war er mit Katharina Elisabeth Feige (*1629 zu Sooden), Tochter des Zollschreibers Johann Feige zu Sooden.9) Ihr Wappen zeigt die Verwandtschaft mit dem Salzgreben Johann Feige an, dessen Enkelin sie war. Dietrich Grau verstarb am 31. 12. 1666 zu Allendorf, seine Frau am 14. 10. 1687.


  1. Biographische und genealogische Daten s. DGeschB 54, 296 und Hütteroth 110.
  2. s. Kat.-Nr. 109.
  3. s. Franz 23.
  4. Der Zollschreiber Johann Feige, Sohn des Salzgreben Johann Feige (zur Amtsbezeichnung s. Kat.Nr. 145), war verheiratet mit Anna Margarete Beermann (so Sippel Nachlass) oder Bärmann (so Till 72). Eine andere Tochter des Zollschreibers war verheiratet mit dem Kasseler Stadtphysicus Dietrich Goclenius, s. Franz 19.
Inschrift

Umschrift:

A LEICHTEXT IESAIA CAP(ITEL) LVII V(ERS) 1 21)

B QVISQVIS AD HVNC VENIES TVMVLVM / DILECTE VIATOR /

SISTE GRADVM CELEREM NAM / MEMINISSE IVVAT /

GRAVIVS HIC RECVBAT THEODORVSa) NOST[RI]c) // [CL]ARVS / AVVS [FVERAT]c)


  1. S auf dem Rand. / FILIVS EIVS /|QVI SPANGENBERGA⌣EVERBA DEI / DOCVIT /|ET SVPERINTENDENS A CHRISTI NO/MINE DIC//TVS /|GRAVI//VS ENb)#Befund: EIV.
  2. Ergänzung nach der Übersetzung.
  1. Jes 57, 1–2.

Übersetzung:

(B) Wer auch immer du (bist, der du) zu diesem Grab kommst, lieber Wanderer, verhalte deinen eiligen Schritt; denn Erinnerung macht Freude: Hier ruht Theodor (= Dietrich) Grau, Sohn dessen, der in Spangenberg das Wort Gottes lehrte. Und der Superintendent, der nach dem Namen Christi genannte Grau, ist – schau – unseres (Verstorbenen) berühmter Großvater gewesen.

Hier folgt in unverändertem Wortlaut die deutsche Übersetzung des zweiten Teils der Inschrift von der Rückseite des Grabsteins:2) „Nachdem er viele gelehrte Universitäten besucht hatte, hieß er ein Auserlesener in der medizinischen Kunst unter den Gelehrten. Er stand, durch seine Kunst reich geworden, an der Spitze der Ärzte. Nachher ist er auch als naturkundiger Berater seines Vaterlandes tätig gewesen. Er hat ein heiliges Leben als Liebhaber wahrer Frömmigkeit geführt. Und die wahre Religion Gottes geübt. Er schloss den Ehebund mit einer benachbarten Gattin und sah zweimal je zwei weibliche Geburten und auch vier männliche. Gestorben sind ein Sohn und zwei Töchter vor dem Vater. Er hinterließ 3 Söhne und 2 Töchter.“


  1. DGeschB 54, 670.

Kommentar:

Nach Abbildung.

Drei elegische Distichen (B).

Nachweise

Wappen:

Grau · Feige · nicht erkennbar · nicht erkennbar

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 191.

Zitierweise
„Dietrich Grau 1666, Allendorf“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2357> (Stand: 20.3.2023)