Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Grabdenkmäler

Übersichtskarte Hessen

Christian Grau 1600, Allendorf

Bad Sooden-Allendorf · Gem. Bad Sooden-Allendorf · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Bad Sooden-Allendorf

Gebäude / Areal:

Bad Sooden-Allendorf, Friedhof in Allendorf

Merkmale

Datierung:

1600

Typ:

Grabstein

Erhaltung:

verloren

Beschreibung

Beschreibung:

Grabstein(?) des Christian Grau. Hütteroth zitiert eine Inschrift vom Grabstein des Allendorfer Superintendenten Christian Grau; ob er den Text direkt vom Grabstein oder aus einer anderen Quelle übernommen hat, ist nicht erkennbar. Zum Inschriftträger findet man keine Angaben, er ist jetzt verschollen. Hütteroth setzt Satzzeichen, die hier weggelassen sind, und gibt die Inschrift in Minuskeln wieder; viele Wortanfänge sind mit Großbuchstaben geschrieben. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die Inschrift in Minuskeln mit Versalien geschrieben war. Auch das Wort jelii, hinter dem sich wohl evangelii verbirgt, deutet auf Minuskeln: Die rechte Hälfte des G als J zu lesen, scheint bei Majuskeln zumindest unwahrscheinlich, es sei denn, es läge eine Kapitalis vor, bei der das G mit abhängender Cauda geschrieben war. Die Schriftart näher zu bestimmen ist schwierig. Im Bearbeitungsgebiet scheiden gotische Minuskeln um diese Zeit zwar aus, doch waren sowohl Fraktur- als auch humanistische Minuskeln im Gebrauch. Die ersteren sind zeitnah auf der Kanzel der Liebfrauenkirche belegt (Kat.-Nr. 117), die anderen in einem Wort auf dem Meisenbug-Epitaph (Kat.-Nr. 100). Das wird man aber nicht als ein Indiz für Fraktur werten; eher hat wohl das Argument Gewicht, dass bei lateinischen Texten die humanistische Minuskel gegenüber der Fraktur bevorzugt wurde. Die humanistische Minuskel ist freilich in der Region eine eher seltene Erscheinung. So weist der Inschriftenbestand des Landkreises Hersfeld-Rotenburg keine vor 1650 auf und im Bestand kommt sie eher eingestreut denn als beherrschende Schrift vor. Daher ist eine Kapitalisschrift mit vergrößerten Versalien, die vom Überlieferer als große Anfangsbuchstaben wiedergegeben sind, nicht auszuschließen.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

geistliche Personen

Dargestellte Personen:

Christian Grau wurde 1523 zu Spangenberg geboren als Sohn des Rentmeisters Johannes Grau.1) Er studierte in Marburg (imm. 1536) und später auf Befehl der Fürstlichen Räte in Wittenberg (imm. 1544). 1546–1550 war er zweiter Pfarrer in Spangenberg, ab 1550 erster Pfarrer und Metropolitan in Allendorf. 1557 wurde er zum Superintendenten des Bezirks Rotenburg ernannt. 1584 verzichtete er auf das Metropolitanat, und 1595 legte er die Superintendentur nieder, nachdem er – schon 1589 – vergeblich um die Entbindung von diesem Amt gebeten hatte. Er starb am 15. 3. 1600 in Allendorf, wo er residiert hatte, und wurde am 17. 3. 1600 begraben.

Er war zweimal verheiratet, zuerst mit Barbara Corper, einer Tochter des Martin Corper aus Allendorf, deren Schwester mit dem Bürgermeister Berthold Ihring verheiratet war. Durch die Heirat gehörte er der Allendorfer Pfännerschaft an.2) Nach dem Tode seiner ersten Frau, die 1568 starb, schloss er in Spangenberg die zweite Ehe mit Ursula Gödicke, Tochter des Stadtschreibers, die erst 1621 starb. Er hatte 6 erwachsene Söhne und 4 Töchter, vermutlich sind etliche Kinder jung gestorben. „Das ganze 17. Jahrhundert hindurch spielten Söhne und Tochtermänner der Familie Grau die erste Rolle in der Kirche.“3)

Hütteroth kennzeichnet Grau als „vielfach verlästert, geschmäht“ und erwähnt Streitigkeiten mit Johannes Rhenanus, Pfarrer und Salzgrebe in Sooden, und mit dem Landgrafen sowie mit anderen Geistlichen, die ihn der Ungerechtigkeit bei der Verteilung von Visitiergeldern beschuldigten. Vielleicht war er schwierig im Umgang, aber auch das Amt wird ihm manchen Streit aufgezwungen haben.


  1. Eine Darstellung des Pfarrers und Superintendenten Christian Grau mit ausführlichen Quellenangaben gibt Hütteroth s. v. Grau, Christian I. Auf ihn beziehe ich auch Kat.-Nr. 78.
  2. s. Reccius 66 (mit 193, Anm. 53) und 129.
  3. s. Reccius 66. s. auch Kat.-Nr. 80.
Inschrift

Umschrift:

Reverend(us) et Clariss(imus) Vir M(agister) Christianus Gravius Spangen-

bergensis Anno Christi 46 primum Spangenberg deinde Anno Christi 50 Al-

lendorph ad Pastoris et Anno Christi 57 ad Superintendentis munus vocatus

Sed Anno Christi 95 rude donatus Cum Anno Christi 600 die 15 Martii Aeta-

tis suae 77 in invocatione et confessione [evan]geliia) dei placide expirasset Spi-

ritumque immortalem ei a quo eundem acceperat tradidisset hic sepultus

laetam carnis resurrectionem expectans


  1. jelii Hütteroth.

Übersetzung:

Der hochwürdige und hochberühmte Herr Magister Christian Grau aus Spangenberg wurde im Jahre Christi (15)46 zuerst in Spangenberg, dann im Jahre Christi (15)50 in Allendorf in das Amt des Pfarrers berufen; im Jahre (15)57 trug man ihm das Amt des Superintendenten an, aus dem er im Jahre Christi (15)95 schied. Nachdem er im Jahre Christi (1)600 am 15. März im Alter von 77 Jahren in der Anrufung des Herrn und dem Bekenntnis seines Evangeliums friedlich den letzten Atemzug getan und die unsterbliche Seele dem (Schöpfer), von dem er sie erhalten, zurückgegeben hatte, wurde er hier begraben und wartet auf eine fröhliche Auferstehung des Fleisches.

Kommentar:

Nach Hütteroth.

Nachweise

Literatur:

  • Hütteroth, Oskar: Die althessischen Pfarrer der Reformationszeit. (VHKH 22, 1). Marburg 1953#05106586X, S. 108 s. v. Grau, Christian I.

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 109.

Zitierweise
„Christian Grau 1600, Allendorf“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2331> (Stand: 20.3.2023)