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Grabdenkmäler

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Johann Christoph Ungefug und seine Tochter Susanna Catharina 1692, Sooden

Bad Sooden-Allendorf · Gem. Bad Sooden-Allendorf · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Bad Sooden-Allendorf

Gebäude / Areal:

Bad Sooden-Allendorf, St. Marien-Kirche

Angaben zum Standort:

Nach Schneck stammten diese Platte und die der ersten Ehefrau Anna Catharina (Kat.-Nr. 205) aus „einem gemauerten Grab hinter der Pfarrbank, darin ein Pfarrer stehen kann.“1)


  1. So nach Schneck 31, der für die vorliegende Platte auch eine Identifizierung vornahm, die unten untermauert wird: „Es handelt sich um den Obersalzgreben Doctor Johann Christophorus Ungefug und seine Frau Anna Catharina, eine geborene Steinfeldin.“
Merkmale

Datierung:

1692

Typ:

Grabplatte

Erhaltung:

erhalten

Größe:

98 x 205 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 4,5, (B) 3, (C) 2,2 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabplatte des Johann Christoph Ungefug und seiner Tochter Susanna Catharina. Hochrechteckige Platte an der Innenseite der Ostwand. Unterer Teil der Platte vom Holzfußboden verdeckt. Linkes oberes Viertel abgetreten. Auf der umlaufenden erhöhten Randleiste oben geschwungenes Schriftband mit Inschrift A, oberhalb der Mitte der linken Langseite beginnend, über die obere Schmalseite laufend und etwas über der Mitte der rechten Langseite endend, Schrift der Schmalseite zum Teil verloren. Randfeld unterhalb der Inschrift mit Lorbeerkranz geschmückt. Im Mittelteil der Platte ovales Schriftfeld mit 20 gestaffelten Zeilen der Inschrift B, gerahmt von stilisiertem Lorbeerkranz. Buchstaben des linken oberen Viertels großenteils verloren. In den Ecken des Innenfeldes vier Vollwappen mit Beischriften (W); das obere linke stark abgetreten, Beischrift W bis auf einen Buchstaben verloren.

Zwischen den Helmzierden der oberen und der unteren Wappen Engelskopf über Flügeln, darunter Blüte und Rollwerk. Inschriften eingehauen. Als Trenner Kommata und Quadrangel auf Zeilenmitte bzw. knapp über der Grundlinie.

Aus der vergleichsweise qualitätvollen Schrift, in der A mit geknicktem Balken und gelegentlich R mit Tendenz zu einer stachelartigen Cauda nur wenig auffallen, ragt nur das unziale G mit kleinem Bogen und fast senkrechter Cauda als möglicherweise auf den Hersteller verweisender Buchstabe heraus. Das einzige U mit dem spitzen Ansatz des Verbindungsbogens in Inschrift A gehört zum zeit- und ortsüblichen Repertoire.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en) · weibliche Person(en)

Enthaltene Wappen:

Ungefug3)

Dehn-Rothfelser4)

Sänger5)

Jungmann6)#Wappen Jungmann (3 Lilien; 2: 1).


  1. Wappen Ungefug (Vogelbein).
  2. Wappen Dehn-Rothfelser (vor 2 roten Felsen, Hirsch in Fluss schreitend), vgl. Siebmacher, Wappenbuch I, Taf. 156; Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2/1, S. 114, Taf. 152.
  3. Wappen Sänger (s. oben bei Kat.-Nr. 205).

Dargestellte Personen:

Der Verstorbene war durch eine Reihe von Indizien zu identifizieren:

1. Die Grabplatte hat große Ähnlichkeit mit der der Anna Catharina Ungefug (Kat.Nr. 205).

2. Zwar ist das obere Wappen auf der Vaterseite abgetreten, aber die Figur in der Helmzier stimmt mit der des Wappens Ungefug auf der eben zitierten Grabplatte überein.

3. Die Wappenbeischrift enthält im hinteren Teil des Namens deutlich ein F.

4. Vom Namen des Verstorbenen ist HRISTOPHORVS V eindeutig lesbar.

5. Die bisher über Johann Christoph Ungefug bekannten Fakten harmonieren mit der Inschrift und werden durch diese präzisiert.

Johann Christoph Ungefug, am 4. Dezember 1636 getauft, wurde wohl am 24. November geboren; da aber das Zeichen vor der 4 in der Inschrift verblasst ist, kommen auch der 4. oder der 14. in Frage – die Zeitabstände zwischen Geburt und Taufe variieren. Er war Sohn des Christoph Ungefug, Bürgermeister und Oberschultheiß zu Kassel, und der Katharina Senger (um 1611–1658), Tochter des Salzgreben Eckhard Senger in Allendorf/W. (†1619 zu Kassel).7) Verheiratet war er in 1. Ehe mit Anna Catharina Steinfeld, deren Grabinschrift oben behandelt wurde.8) In 2. Ehe war er der Gatte der Elisabeth Victoria Dehn-Rothfelser; diese Ehe wurde wohl 1677 geschlossen: Die erste Frau war 1676 gestorben, und für 1678 ist am 8. März die Geburt einer Tochter Amalie Viktoria bezeugt.

Elisabeth Victoria (*16. 3. 1652) war Tochter des Caspar Dehn-Rothfelser (*2. 11. 1621 zu Niederaula und †30. 12. 1693 in Vacha) und der Anna Katharina Jungmann (*15./ 25. 12. 1625 in Kassel als Tochter des Konsistorialpräsidenten Justus Jungmann (†3./ 12. 11. 1672 in Vacha).9)

Johann Christoph Ungefug und seine zweite Frau hatten, wie die Grabinschrift aussagt, drei Töchter. Weitere Kinder wären, wenn vorhanden, doch wohl in der Grabinschrift erwähnt worden. Die älteste war Amalie Victoria, die am 8. 3. 1678 geboren wurde.10) Die zweite war die in dieser Inschrift genannte Susanna Catharina, die nur drei Monate alt wurde und 1681 starb.11) Die jüngste war Elisabeth Victoria, die 1704 heiratete.12) Insgesamt hatte Johann Christoph Ungefug also aus erster Ehe einen Sohn und vier Töchter, davon eine namentlich bekannt, und drei Töchter aus zweiter Ehe, alle namentlich bekannt.

Johann Christoph Ungefug hatte in Marburg, Jena und Rinteln studiert, wo er 1660 promovierte. Nach dem Studium war er Advokat in Kassel und dort 1674/1675 Bürgermeister, danach Obersalzgrebe in Sooden.13) Dieses Amt muss er vor 1676, dem Todesjahr seiner ersten Frau, angetreten haben, da diese in Sooden begraben ist und er in ihrer Grabinschrift als Obersalzgrebe bezeichnet wird. Es liegt nahe, ihn für den direkten Nachfolger des Obersalzgreben Georg Starck zu halten, der 1675 starb.14) Der Titel Obersalzgrebe erscheint in Ungefugs Grabinschrift nicht mehr, er dürfte im verlorenen Text vor M PRAEFECTVS gestanden haben. Die Ergänzung SALINARUM bietet sich an.15) Ungefugs Sterbedatum ist anscheinend nur auf dieser Grabplatte überliefert. Der Tag seiner Beerdigung war der 28. Juli.16)


  1. s. DF 10, 2506; Tennstedt, Kurzbiographien 522 f s. vv. Ungefug, Christoph und Ungefug, Johann Christoph.
  2. s. Kat.-Nr. 205.
  3. s. DF 10, 2415.
  4. Gundlach 174.
  5. Das KB Sooden teilt mit, dass sie am 14. Januar 1681 im Alter von 12 Wochen starb.
  6. s. Gundlach 174 Anm. 695.
  7. s. Tennstedt, Kurzbiographien 523.
  8. s. Kat.-Nr. 204.
  9. Mit dem äquivalenten griechischen Lehnwort HALARCHA ist in Kat.-Nr. 204. der Wirkungsbereich des Obersalzgreben Starck bezeichnet.
  10. So KB Sooden.
Inschrift

Umschrift:

A DEVS IN / SE[MPI]TERNAa) SECVLAb) / NOBISCUM2)

B V[IR NOB]ILISSIMVS, ET / G[ENEROSISSI]MVS, DOMINVS /

M(AGISTER) [IOANNES C]HRISTOPHORVS / V[NGEFVG IV]R(IS) ·

VTR(IVSQVE) · DOCTOR / [SALINARV]M PRAEFECTVS · / N[ATVS

DIE .]4d) · NOV(EMBRIS) · ANNO 1636 / PIE IN CHRISTO OBIIT DIE

22 IVL[II] · / ANNO 1692 · / ANIMAe) DEO COMMISSAe) / QVOAD

CORPVS HICf) VNA CVM / NATA SIBI EX SECVNDIS EX VOTO /

NVPTIIS FILIOLA EX TRIBVS SECVNDA / SVSANNA CATHARINA, /

QVA⌣E TRIMESTRIS VITA⌣E CVRRICVLO / DIE 6 IAN(VARII) · ANNO

1681 · PIE DEFVNCTA / ANTE PARENTEM HICf) REPONEBATVR, /

IN DOMINO, / QVI VSQVE AD FINEM MVNDI / SVIS ADEST, ET

VITAM REDDET / SANCTE QVIESCIT ·

W [VNGE]F[VG] DEHN ROTFELSER

SA⌣ENGER IVNGMAN


  1. SE[MPI]TERNA, ergänzt nach Sinn.
  2. Bei SECVLA unter C ein M, unter V ein I in konturierter Vorzeichnung.
  3. Vor der 4 könnte eine Ziffer fehlen. Die Buchstabenreste deuten am ehesten auf eine 2 hin, ähnlich der in 1692.
  4. Über dem End-A ein Zirkumflex zur Bezeichnung des Ablativs.
  5. Über dem I ein Zirkumflex zur Bezeichnung der langen Silbe.
  1. Eine alte Bitte anklingend, z. B. schon in der Sonntagsvesper: „In sempiterna saecula, amen V. Mane nobiscum, Domine, alleluja.“

Übersetzung:

Gott mit uns auf ewige Zeiten.

(B) Der hochedle und hochwohlgeborene Mann, Herr Magister Johann Christoph Ungefug, Doktor beider Rechte, (Obersalzgrebe), geboren am [.]4. November 1636, starb fromm in Christo am 22. Juli 1692. Seine Seele hat er Gott anvertraut, solange sein Körper hier gemeinsam mit dem ihm in erwünschter zweiter Ehe geborenen Töchterchen Susanna Catharina selig ruht, der zweiten von drei Töchtern, die, nach einem dreimonatigen Lebenslauf am 6. Januar 1681 vor dem Vater fromm verstorben, hier (zur Ruhe) gebettet wurde im Herrn, der den Seinen bis ans Ende der Welt beisteht und ihnen das Leben wiedergeben wird.

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Wappen:

Ungefug · Dehn-Rothfelser · Sänger · Jungmann

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 241.

Zitierweise
„Johann Christoph Ungefug und seine Tochter Susanna Catharina 1692, Sooden“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2384> (Stand: 20.3.2023)