Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Südhessisches Flurnamenbuch

Vogel

Deutung
Zu ahd. fogal, mhd. vogel st. M. ‚Vogel‘. Das Wort kommt nur als BT von Komposita bzw. im Diminutiv Vögelchen, mhd. vogelîn st. N., vor. Die Flurstücke sind nach dem häufigen Vorkommen von Vögeln benannt. Vorherrschend sind Namen, die sich auf die Jagd von Vögeln beziehen, wie etwa Vogelhaus, ahd. fogelhûs, mhd. vogelhûs st. N. ‚Vogelbauer, Käfig‘ und Vogelhütte ‚Hütte, in die sich der Vogelfänger verkriecht‘, Vogelrute ‚Leimrute zum Vogelfang‘, Vogelschneise ‚durch den Wald gehauener Weg für Vogelfänger‘ und vor allem Vogelherd ‚Platz für den Vogelfang‘, mhd. vogelhert st. M. Die große Bedeutung des Vogelfangs im Mittelalter hat bei Vogelherd vermutlich zu einer Umdeutung der ursprünglichen Wortbedeutung geführt, denn im GT -herd steckt wohl ein im Schweizerdt. noch erhaltenes Wort herd ‚Erde, Boden‘. Damit stellt sich das Wort zu Vogelsberg oder Vogelweide, ahd. fogalweide ‚Futterplatz für Vögel‘, mhd. vogelweide st. F. ‚Ort, wo wildes Geflügel zu wieden pflegt‘, die sich auf das Vorkommen von Vögeln beziehen. Dies wirft aber auch ein Licht auf den häufigen FlN Vogelsang bzw. die jüngeren Vogelgesang-Namen, die teils als Bezeichnung für ein durch Abbrennen gerodetes Landstück gedeutet werden und dann zu mhd. sengen sw. V. ‚brennen‘ gehörten1, teils aber zu mhd. sanc, gesanc st. M. N. ‚Gesang‘ gestellt werden und dann Orte bezeichneten, an denen viele singende Vögel vorkommen2. Es ist aber nicht auszuschließen, dass auch die Vogelsang-Namen das Ergebnis etymologischer Umdeutung sind und auf älteres *Vogelsand zurückzuführen sind. Dafür sprechen ältere Belege wie in Alsbach und auch in Mittelhessen3 und die Übereinstimmung mit der Grundbedeutung der Vogelherd-Belege, die auch in mhd. vogelgrien (zu mhd. grien st. M. ‚Sand‘) enthalten ist. - Vogelbaumhecke in Hesselbach ist vermutlich eine Klammerform aus Vogelbeerbaumhecke, bei den Belegen aus Rembrücken ist nicht zu entscheiden, ob das Appellativ Vogel oder der PN Vogeler (s. d.) zu Grunde liegen. In Erl(BGS) war der FamN namengebend.
Literatur
Schützeichel 137, Starck/Wells 167 f. s. u. fogalweide u. fogalhûs, Lexer 3, 424 f. u. 3, 426 f., Baufeld 92 s. u. vogelherdt; Kluge/Seebold 866; DWB 12, 2, 390 f. s. u. Vogel, 403 s. u. Vogelbaum, 404 s. u. -berg, 412 -herd, 414 f. -haus, 411 -hütte, 420 -ruthe, -sang, 423 -schneise u. 427 -weide; SHessWb 2, 830 f. s. u. Vogel, 833 s. u. -berg u. 844 s. u. -gesang, -haus, -herd, PfälzWb 2, 1485 f., 1487 s. u. -gesang, -herd; Bach 2, § 427; Dittmaier (1963), S. 326, Ramge (1979), S. 286, Jung (1985), S. 195 f., Vielsmeier (1995), S. 499 f. ⟨für die Seitenangaben sind die im Quellen- und Literaturverzeichnis (PDF) aufgeführten Ausgaben maßgeblich⟩
Vernetzung
MHFB: → Vogel; DWB: → vogel · vogelbaum · vogelberg; PfälzWb: → vogel · vogelgesang · vogelgesang; Wörterbuchnetz: → Vogel
Referenz
Vgl. Vogeler.

1 Dittmaier (1963), S. 326.
2 Zernecke (1991), S. 541.
3 Jung (1985), S. 195 f.