Historisches Ortslexikon
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- KDR 100, TK25 1900 ff.
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- Herzogtum Nassau 1819 – 46. Wiesbaden
Biebrich
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Stadtteil · 90 m über NN
Gemeinde Wiesbaden, Stadt Wiesbaden - Siedlung ↑
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Ortstyp:
Dorf
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Lagebezug:
5 km südlich von Wiesbaden
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Lage und Verkehrslage:
Aus ursprünglich zwei Komplexen zusammengewachsene Siedlung auf der untersten Terrasse eines sich zwischen Mos- und Salzbach zum Rhein vorschiebenden Riedels des Taunusvorlandes am rechten Stromufer. Schloßanlage mit Park im Süden.
Biebrich war Fährort am Rhein; hier endete eine das Mainzer Gebiet umgehende Straße von Frankfurt (Wetterauer Straße 1392). Der von Mainz nach N führende Handelsweg überschritt den Rhein dagegen oberhalb Biebrichs bei Kastell.
Dem modernen Verkehr wurde Biebrich zunächst durch die Dampfschifffahrt der Kölner, Düsseldorfer und Niederländischen Dampfschifffahrtsgesellschaft 1832-39 erschlossen. Erster Bahnanschluss mit Pferdebahn, seit 1872 mit Dampfbahn (seit 1908 nur Güterverkehr) an den auf hessischem Gebiet liegenden Bahnhof Kurve (heute Wiesbaden-Ost) der 1839/40 erbauten Strecke Wiesbaden-Frankfurt (Haltepunkt der Eisenbahnlinie Frankfurt am Main – Wiesbaden ("Taunusbahn")) (Inbetriebnahme der Strecke 19.5.1840, 3.8.1840, 18.9.1862). 1856 Bahnhof Mosbach (heute Wiesbaden-Süd) und Bahnhof Kurve an der Strecke Wiesbaden-Oberlahnstein (Haltepunkt der Eisenbahnlinie Wiesbaden – Oberlahnstein ("Rheintalbahn")) (Inbetriebnahme der Strecke 11.8.1856, 11.2.1857). Neue Stadtteile an der Adolfshöhe durch die Haltestellen Waldstraße (1905) und Landesdenkmal (1907) an die Bahnstrecke Wiesbaden-Schwalbach angeschlossen.
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Ersterwähnung:
874
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Siedlungsentwicklung:
Ein römischer Gutshof wurde in der Nähe des Bahnhofs gefunden.
Das Dorf Biebrich erscheint seit seiner ersten Nennung im 10. Jahrhundert stets mit Mosbach in einer Gemarkung verbunden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchsen die beiden Siedlungskomplexe zusammen und entwickelten sich in Richtung Osten. Seit 1893 namentliche Zusammenlegung zu Biebrich.
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Historische Namensformen:
- Biburg (874) [Annales Fuldenses sive annales regni Francorum orientalis (MGH SS rer. germ. 7), S. 83]
- Biburc (991) [Kop. Ende 13. Jahrhundert MGH Diplomata Könige 2,2, Otto III. : Sickel, Nr. 78, S. 484-485]
- Bieburc (1229) [Falck, Mainzer Regesten 1 Teil 1 Nr. 618, S. 333-334]
- Biburch
- Byburch
- Byberg (1298) [Langkabel, Kloster Klarenthal, 2a und b, 3a und b, 4, 5]
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Bezeichnung der Siedlung:
- villa (874) [Annales Fuldenses sive annales regni Francorum orientalis (MGH SS rer. germ. 7), S. 83]
- curtis (1229)
- Biebrich gilt spätestens seit 1885 als Stadt.
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Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:
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Burgen und Befestigungen:
- Ein römischer Gutshof wurde in der Nähe des Bahnhofs gefunden.
- Das Dorf Biebrich erscheint seit seiner ersten Nennung im 10. Jahrhundert stets mit Mosbach in einer Gemarkung verbunden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchsen die beiden Siedlungskomplexe zusammen und entwickelten sich in Richtung Osten. Seit 1893 namentliche Zusammenlegung zu Biebrich.
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Koordinaten:
Gauß-Krüger: 3445645, 5545823
UTM: 32 U 445592 5544045
WGS84: 50.046206° N, 8.240087° O OpenLayers - Statistik ↑
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Ortskennziffer:
414000140
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Flächennutzungsstatistik:
- 1885 (Hektar): 1664, davon 852 Acker (= 51.20 %), 102 Wiesen (= 6.13 %), 371 Holzungen (= 22.30 %)
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Einwohnerstatistik:
- 1817: 1902 Einwohner
- 1830: 2665 Einwohner
- 1885: 9669, davon 6437 evangelisch (= 66.57 %), 3071 katholisch (= 31.76 %), 19 andere Christen (= 0.20 %), 139 Juden (= 1.44 %), 3 andere (= 0.03 %)
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Diagramme:
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. - Verfassung ↑
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Verwaltungsbezirk:
- 991: in pago Cunigissusunderon (Königssunderngau)
- 1353: Grafschaft Nassau (walramische Linie), Herrschaft Wiesbaden
- 1787: Fürstentum Nassau-Usingen, Oberamt oder Herrschaft Wiesbaden
- 1806: Herzogtum Nassau, Oberamt Wiesbaden, Kirchspiel Mosbach
- 1816: Herzogtum Nassau, Amt Wiesbaden
- 1849: Herzogtum Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden,Herzogtum Nassau, Verwaltungsbezirk X (Kreisamt Wiesbaden)
- 1854: Herzogtum Nassau, Amt Wiesbaden
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Wiesbaden (Main-Kreis)
- 1926: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Stadtkreis Wiesbaden
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Altkreis:
Wiesbaden
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Gericht:
- 1429: Schultheißengericht Mosbach des Grafen von Nassau, Gericht des Klosters Klarenthal, Beide verschmolzen in der Folgezeit
- 1816: Amt Wiesbaden
- 1849: Justizamt Wiesbaden
- 1854: Justiz- und Verwaltungsamt Wiesbaden
- 1867: Amtsgericht Wiesbaden
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Herrschaft:
Die Grafen von Nassau begründeten ihre Landesherrschaft auf der Vogtei und dem Besitz mehrerer Höfe.
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Gemeindeentwicklung:
Am 1.10.1926 Eingemeindung in die Stadt Wiesbaden.
- Besitz ↑
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Grundherrschaft und Grundbesitzer:
- 991 schenkte König Otto III. sein Gut (predium) Biebrich und Mosbach dem Kloster Selz im Elsaß. 1229 bekunden die Richter des Mainzer Stuhles, dass mit ihrer Genehmigung Abt Gerhard, der Dekan und der Keller von Selz in der Diözese Straßburg im Namen ihrer Kirche ihren Hof zu Biebrich und ihre Güter zu Mosbach mit allem Zubehör, Weibergen, Auen und Zehnten für 200 Mark Kölner Pfennige unter Vorbehalt des Rückkaufrechtes an das St. Stephansstift in Mainz verkauft haben. Seit 1260 ist die Abtei Eberbach in Mosbach und Biebrich begütert. Kloster Selz veräußerte seinen Besitz 1296 an Kloster Eberbach, das Biebrich und Mosbach an König Adolf von Nassau weitergab. 1298 erwirbt Kölnig Adolf von Nassau den Adelheidhof in Biebrich und überträgt ihn mit dem Höfen Armenruh und dem Hof in Mosbach dem Kloster Klarenthal.
- Nach einem Schöffenspruch zu Mosbach von 1334 und einem Weistum von 1429 waren alle Güter in den Dörfern Mosbach und Biebrich Eigen des Klosters Klarenthal außer vier Eigengütern.
- Kirche und Religion ↑
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Ortskirchen:
- 1425: Adelheidskapelle
- 1405-1616: Heiligenhaus St. Jost
- 1733: Kaplan
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Pfarrzugehörigkeit:
Filiale von Mosbach
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Diakonische Einrichtung:
Seit 1878 aufgrund des preußischen Zwangserziehungsgesetzes Zuweisung von Kindern (1880 bereits 71) ins Rettungshaus der Inneren Mission; am 02.01.1887 Diakonissenheim Biebrich eröffnet; Gemeindestation – Kranken- und Altenpflege; im Katharinenstift in Biebrich zur Altenpflege vermutlich ebenfalls Betreuung durch Diakonissen 150 Jahre Evangelischer Verein für Innere Mission in Nassau. Wiesbaden 2000; nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954 eine Schwesternstation mit 4, ein Kindergarten mit 4 Kräften; Existenz eines Diakonissenheims; weitere Schwesternstationen in der Waldstraße mit 2 Kräften und 2 im Kindergarten
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Bekenntniswechsel:
Biebrich gehörte zu Mosbach, wo Johannes Lorsbach seit 1560 als erster evangelischer Pfarrer tätig war, nachdem das Kloster Eberbach die Einführung der Reformation zunächst verhindert hatte.
In allen Orten des Herzogtums Nassau wurde ab 1817 die Union des lutherischen und reformierten Bekenntnisses zu einer evangelischen Kirche eingeführt.
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Juden:
1682: 1 Schutzjude, 1714: 2, 1720: 4, 1750: 8, 1789: 13, 1800: 11 Familien, 1842: 141, 1871: 137, 1925: 112
Synagoge vor 1826
- Kultur ↑
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Schulen:
1563 erster Schulmeister, zugleich Glöckner für Mosbach und Biebrich; seit 1705 Schulunterricht durch Diakon und Praeceptor; 1734 eigene Schule
1847 Gründung einer Realschule als Höhere Schule (bis 1938); 1908-29 Höhere Mädchenschule, Lyzeum
Volksschulneubauten: 1861, 1882/83, 1896/97, 1901/02, 1918
1849 Gewerbeschule
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Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):
- Wirtschaft ↑
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Wirtschaft:
Bis Ende des 17. Jahrhundert Ackerbau, Obstzucht und Weinanbau Haupterwerbsbereiche; zunehmendes Gewerbe: Vereinigte Schneider, Schreiner- und Schuhmacherzunft im 18. Jahrhundert, 1828 bei 622 Haushalten 183 Gewerbetreibende
1831 Rheinhafen wird Warenfreilager
1831 Fabrik für Holzblasinstrumente
1890: 26 Fabriken, darunter für Teerfarben, Arzneien, Dünger, Zement und Zementwaren (Dyckerhoff), chemische Fabriken, Tonwerke, Schamottfabrik
1909 Sektfirma Henkell
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Markt:
Jahrmärkte am 12.7. undd 13.9.
- Nachweise ↑
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Literatur:
- Michael Gockel, Artikel Biebrich, in: Die deutschen Königspfalzen, S. 8-15
- Kehrein, Nassauisches Namenbuch, S. 196
- Bach, Siedlungsnamen, S. 68
- Kleinfeldt, Kirchenorganisation, S. 79
- Vogel, Beschreibung Nassau, S. 539-541
- Luthmer, Untertaunus, S. 208-218
- Römer in Hessen, S. 495
- Schäfer, Herren von Eppstein, S. 300, 399
- Regesten Herrschaft Wiesbaden
- Langkabel, Kloster Klarenthal, S. 164-165 (Register)
- Knappe, Burgen in Hessen, S. 507
- Gensicke, Biebrich und Mosbach
- Struck, Residenzort
- Geurts, Schlosspark Biebrich
- Olschewski, Schlösser Saarbrücken und Biebrich, S. 79-112
- Struck, Artikel Wiesbaden-Biebrich, in: Hessisches Städtebuch, S. 456-459
- Moskebach-Biebrich-Mosbach, S. 34
- Zitierweise ↑
- „Biebrich, Stadt Wiesbaden“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/11152> (Stand: 26.8.2023)