Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

Inhalt

↑ Wilhelm Egly, Kriegstagebuch eines Soldaten aus Friedberg, 1916-1917

Abschnitt 2: I. Rückkehr vom Rabenwald

◀ [21-22] Dannevoux, 13. April 1916.
Heute Nacht bin ich vom Rabenwald zurückgekommen. Eine dicke Lehmkruste auf Kleidern und Haut.
[S. 21] Frisch geht die Luft über die Wiesen und scholligen Sturzäcker, und Sturm und Wind wehen bekannte, liebe Bilder aus der Vergangenheit herauf.

Nicht immer verschwinden Mensch und Haus und alle Natur im weichen Schoß der dichten, kalten Nebel, hinter denen am hohen Mittag noch trüb die Sonne hängt wie ein Stück graues Papier.

Nein, öfter noch strömt das Licht in hellem Schein über die braunen Felder und unendlich weiten, flachen Wiesen und spiegelt sich in der dunklen Flut der Kanäle, die hier zwischen hohen Pappeln, dort zwischen kahlen Ufern träg dahinfließen. Ueber die Wasser aber schallen die Lieder des Schiffervolkes, und würziger, süßer Blumenduft und Erdgeruch ziehen durch die Lüfte im meerfeuchten Wind.

Ja, dieses Land kennen wir! Es ist das Land, das die Kunst altniederländischer Maler unsere Seele hat liebgewinnen lassen; es ist das Land der Kanäle und Pappeln, der braunen und grünen Flächen, der weiten, klaren Horizonte, der hohen, hellen Himmel — das ist der blühende Garten Gottes: Flandern.

Und Menschen sind darin — groß und stark, blond und helläugig, so ganz anders als die Mehrzahl ihrer welschen Landsleute.
Aber sie verstehen unsere Sprache nicht und hassen uns.
Ein dicker Kranz rotblonder Flechten windet sich auch um die Stirn meiner filia hospitalis, deren Blauäugelein bald verträumt nach innen schauen, bald hellen Uebermut in die Welt sprühen. Aber auch sie spricht die fremde Sprache, und das unterscheidet sie von einem deutschen Gretchen.
Sie haßt mich nicht.

[S. 22] Aber die andern hassen uns alle.
Und sind doch blutsverwandt und gleichen Stammes!

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