Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Dritter Deutscher Jugendgerichtstag in Frankfurt, 10. - 12. Oktober 1912

In Frankfurt am Main findet die dritte Ausgabe des bereits 1909 in Berlin-Charlottenburg und 1910 in München veranstalteten Jugendgerichtstages statt, der sich mit Fragen der Jugendkriminalrechtspflege beschäftigt und sich an alle mit dieser Materie befassten Justizangestellten und Rechtswissenschaftler, aber auch interessierte Laien wendet. Ausrichter der Veranstaltung ist die Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge, die 1907 unter Federführung von Frieda Duensing (1864–1921) aus der Zusammenführung des Deutschen Zentralvereins für Jugendfürsorge und der Berliner Zentralstelle für Jugendfürsorge entstand. Das Hauptthema der Tagesordnung lautet: „Notwendigkeit und Dringlichkeit gesetzgeberischer Maßnahmen gegenüber der anwachsenden Kriminalität der Jugendlichen“. Eines der Einzelthemen, „Strafe und Erziehung, Sühne und Besserung“, dessen Behandlung einen Sitzungstag umfasst, erhält durch die stark pädagogisch orientierte Ausrichtung der Tagung programmatischen Charakter und wird in der Folge im Sinne des Prinzips „Erziehung statt Strafe“ zu einem vielfach rezipierten Diskussionsgegenstand.
Der Frankfurter Jugendgerichtstag (in der Mainmetropole wurde 1908 das erste deutsche Jugendgericht eingerichtet) ist gemessen an seinen beiden Vorgängern der bislang bedeutendste und größte seiner Art. Teilnehmer aus dem Reichsjustizamt (als oberster Justizbehörde im Deutschen Kaiserreich) und den Justizministerien der Länder, Vertreter der Hansestädte, Abordnungen der Justizministerien Österreichs und der Schweiz und einige ausländische Teilnehmer – darunter auch aus Japan – diskutieren neben juristischen Problemen der Jugendgerichtsgesetzgebung insbesondere auch pädagogische Aspekte des Jugendstrafwesens.
(KU)