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Erste Reifeprüfungen an der Oberrealschule Offenbach, 26. Februar 1902

An der Oberrealschule in Offenbach am Main finden die ersten Reifeprüfungen (Abiturprüfungen) statt. Damit reiht sich die Oberrealschule der Stadt in eine Reihe anderer Bildungseinrichtungen im Großherzogtum Hessen ein, die als Real-Lehranstalten den Schritt zur Gleichberechtigung der Realschulbildung mit dem klassisch-humanistischen Gymnasialabschluss vollzogen haben. In der Landeshauptstadt Darmstadt haben bereits 1899 die ersten 22 Oberrealschüler das Abitur abgelegt.

Gleichberechtigung der Realschulen nach preußischem Vorbild

Die Oberrealschulen sind eine in Preußen seit 1882 genehmigte neunjährige Schulform ohne das Unterrichts- bzw. Prüfungsfach Latein. Hier kann ein Reifezeugnis (Abitur) abgelegt werden, das die Schulabgänger zur Aufnahme eines Studiums berechtigt, wobei ihnen seit 1900 außer dem Fach Theologie alle Studienrichtungen offen stehen.

1859 erließ das Königliche Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten eine neue Unterrichts- und Prüfungsordnung für die Realschulen und höheren Bürgerschulen, um die bis dahin von Stadt zu Stadt sehr verschiedene Organisation der Real-Lehranstalten auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen. Unter der Bezeichnung Realschule verstand man in Preußen von diesem Zeitpunkt an eine Schulform mit sechs aufsteigenden Klassen, die in zwei Kategorien, nämlich Realschulen 1. und 2. Ordnung unterschieden wurden. Dabei wurden an die Realschulen 1. Ordnung weitaus höhere Ansprüche in Hinsicht auf ihre Organisation und Ausstattung gestellt (vorgeschriebener fester Lehrplan und klar definierte Ausbildungsziele, genügende Ausrüstung mit mindestens sieben fest dotierten Lehrkräften u. a. m.). Diese Regelung ließ die Realschulen 1. Ordnung zu anerkannten höheren Schulen aufrücken und legte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Grundstein für eine weitgehende Gleichstellung der drei in Preußen existieren Formen der höheren Schulen: des Gymnasiums, der Realschule 1. Ordnung, die das Fach Latein beinhaltete und 1882 in Realgymnasium umbenannt wurde, und der Oberrealschule.

Nach preußischem Vorbild erfolgte die Gleichberechtigung der Realschulbildung in mehreren Etappen, Zunächst erlangten die Realschulen 1. Ordnung in Darmstadt (1875) und in Gießen (1880) die Abiturberechtigung. Schließlich wird mit der Einführung von Oberstufenklassen an den Realschulen auch im Großherzogtum Hessen das Abitur der lateinlosen Oberrealschule als Zugangsberechtigung zumindest für die naturwissenschaftlich-technischen Studiengänge anerkannt. Nach Darmstadt und Offenbach am Main erhält mit Beginn des Schuljahres 1902/03 auch die Gießener Realschule eine erste Oberstufenklasse und bietet parallel zum Realgymnasium die Reifeprüfung an. In Darmstadt führt die stark steigende Zahl der Schüler 1910/11 zur Gründung einer zweiten Oberrealschule. Damit besitzt die Residenzstadt des Großherzogtums zu Beginn des neuen Jahrzehnts unter Einschluss der Höheren Mädchernschulen insgesamt sieben höhere Schulen, die zum Abitur führen.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Erste Reifeprüfungen an der Oberrealschule Offenbach, 26. Februar 1902“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/276> (Stand: 26.3.2023)
Ereignisse im Februar 1902 | März 1902 | April 1902
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