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Bombe palästinensischer Terroristen beschädigt ein in Frankfurt gestartetes Flugzeug der Austrian Airlines, 21. Februar 1970

Ein Verkehrsflugzeug der österreichischen Fluggesellschaft Austrian Airlines (AUA) wird auf dem Flug mit Ziel Wien kurz nach dem Start in Frankfurt am Main durch eine Bombenexplosion schwer beschädigt und muss zur Notlandung nach Frankfurt zurückkehren. Die Maschine, eine zweistrahlige SUD Aviation Caravelle VI-R mit der Kennung OE-LCU, Taufname „Steiermark“, wird etwa 20 Minuten nach dem Start (Abflugzeit in Rhein-Main: 10:40 Uhr) in etwa 3.000 Metern Höhe durch die Explosion des Sprengkörpers im vorderen Frachtraum erschüttert. Die Bombe, die in einem nach Israel destinierten Postsack versteckt worden ist, reißt ein etwa 80 x 50 Zentimeter großes Loch in den Rumpf des Flugzeugs. Flugkapitän Herbert Thill gelingt es, die Caravelle trotz der erheblichen Beeinträchtigung in der Luft zu halten und nach Frankfurt zurückzukehren. Die an Bord befindlichen 33 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder bleiben unverletzt.

Die Verantwortung für den Anschlag übernimmt die Volksfront zur Befreiung Palästinas („Popular Front for the Liberation of Palestine“, kurz: PFLP), eine dem linken Flügel des Panarabismus zuzurechnende Palästinenserorganisation, die sich seit 1967 politisch und militärisch betätigt, und bereits 1968 und 1969 unter anderem durch spektakuläre Anschläge auf Verkehrsflugzeuge der israelischen Fluggesellschaft El-Al in Erscheinung getreten ist.1 Allerdings betont ein Sprecher der PFLP, dass er „glaube“, dass seine Organisation für die Tat verantwortlich zu machen ist, „doch sei er dessen nicht sicher“.2 Ermittlungen des Bundeskriminalamts ergeben bereits Tags darauf, dass das Päckchen mit der Bombe als Radio deklariert am 20. Februar im Frankfurter Stadtteil Dornbusch aufgegeben wurde. Der angegebene Empfänger, ein Geschäft in Jerusalem, erweist sich als frei erfunden. Die Polizei fahndet daraufhin nach zwei Männern, die auf dem Postamt 103 (Dornbusch) an jenem Freitagmorgen zwischen 9 Uhr und 10 Uhr insgesamt zwei Pakete aufgegeben haben. In der Fahndungsmeldung heißt es, es handele sich um Personen aus dem Ausland. Einer der Männer habe nur in einer Fremdsprache – „vermutlich arabisch“ – gesprochen, der andere beherrschte „beinahe akzentfreies Deutsch“.

Später stellt sich heraus, dass das Paket mit der Bombe eigentlich als Luftfracht für eine Maschine der israelischen El-Al bestimmt war, am Samstag jedoch über Wien umgeleitet wurde. Auch das zweite Paket, das am 20. Februar in Frankfurt aufgegeben wird, kommt am 21. Februar in einem Verkehrsflugzeug zur Explosion: dabei wird die betroffene Convair CV-990 Coronado (Kennung HB-ICD, Taufname „Basel Land“) des Linienflugs 330 der schweizerischen Fluggesellschaft Swissair nach Tel Aviv sieben Minuten nach ihrem Start in etwa 4.300 Metern Höhe über Sattel-Hochstuckli Richtung Gotthard durch die Explosion der Bombe ebenfalls schwer beschädigt. Der Versuch der Piloten, das Flugzeug in Zürich-Kloten notzulanden, schlägt fehl: kurz nach 13:30 Uhr rast die „Basel Land“ im Sturzflug in den Unterwald westlich der Ortschaft Würenlingen (Bezirk Baden im Schweizer Kanton Aargau). Alle 47 Insassen der Maschine (38 Passagiere und neun Besatzungsmitglieder) sterben.

Die maximal 80-sitzige Caravelle „Steiermark“ ist eine von insgesamt fünf Maschinen dieses Typs, die Austrian Airlines zwischen 1963 bis 1972 im Linienflugverkehr auf Kurz- und Mittelstrecken einsetzt.
(KU)


  1. So kaperten drei Mitglieder der PFLP am 23. Juli 1968 eine Boeing 707 der El-Al auf dem Flug von Rom nach Lod (heute Ben Gurion International Airport). Die Entführer zwingen die Piloten, Kurs auf Algier zu nehmen. An Bord des Verkehrsflugzeugs befinden sich 38 Passagiere und zehn Besatzungsmitglieder, von denen ein Teil erst nach 40 Tagen, am 1. September 1968, gegen die Freilassung von 19 in Israel inhaftierten Arabern freikommen. Es ist die erste und einzige erfolgreiche Entführung einer El-Al-Maschine.
  2. Zitiert nach Thomas Riegler, Im Fadenkreuz. Österreich und der Nahostterrorismus 1973 bis 1985, Göttingen 2011, S. 32.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Bombe palästinensischer Terroristen beschädigt ein in Frankfurt gestartetes Flugzeug der Austrian Airlines, 21. Februar 1970“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4606> (Stand: 21.2.2023)
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