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Fünfzigjähriges Bestehen der Frankfurter Volksbühne, 28. April 1973

Die Frankfurter Volksbühne (FVB) in Frankfurt am Main, die größte Besucherorganisation der Stadt, feiert ihr fünfzigjähriges Bestehen. Die Vorbereitungen zu ihrer Gründung begannen 1921, erstmals vermerkt wurde ein Gründungsdatum bereits Anfang 1922. Die der Volksbühne angegliederte Theater tritt in den 1920er Jahren als „Hessisches Künstlertheater“ auf. Starken Einfluss auf die Bildung einer Volksbühne als feste Institution hatte das in der Volksbildung engagiert Ehepaar Else (1881–1948) und Wilhelm Epstein (1860–1941). Entstanden ist die Volksbühne als Zusammenschluss der Theaterbesucher unter der Bezeichnung „Frankfurter Volksbühne – Tochterunternehmen des Frankfurter Bund für Volksbildung (FBfV)“. Bereits ein Jahrzehnt später zählte die Organisation rund 8.500 Mitglieder.

Volksbühnentheater in Frankfurt seit Anfang der 1890er Jahre

Der Volksbühnengedanke gewann bereits lange vor der Gründung der Volksbühne in Frankfurt an Zugkraft. Entscheidende Impulse gab die 1890 in Berlin ins Leben gerufene Freie Volksbühne, die das Ziel verfolgte, Arbeitern und anderen Geringverdienern Theaterbesuche zu ermöglichen und damit die Schranken eines bislang auf das bürgerliche Publikum beschränkten Bildungsangebots zu durchbrechen. Weil sich aufgrund des starken Einkommensgefälles in der Wilhelminischen Zeit immer weniger zahlungskräftige Theaterbesucher fanden, die das riesige Platzangebot der neu errichteten Theater-Prachtbauten annehmen konnten, mussten die Kommunen in wachsendem Maße für den kostendeckenden Betrieb der Häuser sorgen, so auch in Frankfurt, wo die Schauspielhäuser nach 200 Jahren Theatertradition die Stadtkasse bemühten. Während kleinere Häuser zum Teil als Aktiengesellschaften betrieben werden, deren Verluste die Aktionäre als Mäzene ausglichen, sahen sich größere Theater wie das 1880 eröffnete Frankfurter Opernhaus bald unlösbaren finanziellen Schwierigkeiten gegenüber, deren Bekämpfung von Seiten der Stadt in der Organisation regelmäßiger Volksvorstellungen erblickt wurde.

In Frankfurt organisierte bereits 1892 ein „Ausschuss für Volksvorlesungen“ in Zusammenarbeit mit dem Intendanten der Vereinigten Stadttheater bzw. der Oper Frankfurt Emil Claar (1842–1930) mehrere „Volksvorstellungen“, die im alten Schauspielhaus am Roßmarkt aufgeführt wurden. Anlass zu diesen Volksvorstellungen gab ein Aufsatz von Stadtrat Karl Flesch (1853–1915). Flesch schrieb in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ über das Wiener Burgtheater und regte die Bildung eines „Ausschusses für Volksvorlesungen“ an. Anfangs fanden Volksvorstellungen an Nachmittagen statt. Oberbürgermeister Franz Adickes (1846–1915) schlug 1897 vor, die Aufführung von Volksvorstellungen auch in der Oper zu versuchen, woraufhin sich die Volksvorstellungen auf den Abend verlagerten. Offensichtlich stießen die Volksvorstellungen bei breiten Bevölkerungsschichten auf reges Interesse: rund 26.000 Mitglieder aus 65 Arbeitervereinen und 12.000 Mitglieder von 23 Nichtarbeitervereinen wandten sich um 1900 mit Theaterkartenwünschen an die Kommission des „Ausschusses für Volksvorlesungen“, der die Karten an Angehörige dieser Gruppen für Preise von 30 bis 50 Pfennig abgab.

Das „Rhein-Mainische Verbandstheater“

Da die bestehenden Bühnen der Stadt die steigende Nachfrage nach verbilligten Karten nicht in befriedigender Weise bewältigen konnten, gründete man als gemeinnützige Einrichtung das „Rhein-Mainische Verbandstheater“, das seine erste Vorstellung am 9. April 1907 im Gasthof „Zur weißen Lilie“ gab. Nur wenige Tage später, am 12. April 1907, spielte man in Bockenheim im Saal des Gasthauses „Zum Schwanthaler Hof“ die Tragödie „Maria Magdalena“ von Christian Friedrich Hebbel (1813–1863).

Das Rhein-Mainische Verbandstheater gastierte in der Folgezeit an nicht weniger als 60 Spielorten in Hessen und in der Pfalz. Auf dem Programm standen Klassiker, aber auch moderne sozialkritische Autoren. 1916, als das Verbandstheater für die Front eingesetzt wurde, setzte der „Ausschuss für Volksvorlesungen“ noch 15.000 Theaterkarten für diese Wanderbühne in Frankfurt ab. Der Versuch des Privattheaterdirektors Arthur Hellmer (1880–1961; „Neues Theater“ an der Karlstraße), eine weitere Besucherorganisation nach dem Vorbild der Berliner Volksbühne in Frankfurt ins Leben zu rufen, wurde 1912 vom „Ausschuss für Volksvorlesungen“ nicht unterstützt, da Hellmer diese zweite Volksbühne ausschließlich für sein eigenes Theater beanspruchte.
(KU)

Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Fünfzigjähriges Bestehen der Frankfurter Volksbühne, 28. April 1973“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1327> (Stand: 28.4.2023)
Ereignisse im März 1973 | April 1973 | Mai 1973
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