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Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen

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Wappenscheibe Heller/Blum (Frankfurt · Historisches Museum)

Frankfurt · Historisches Museum (Lage anzeigen) → [Unbekanntes Fenster]
Basisdaten | Katalog | Indizes | Abbildungen
Basisdaten
ID:

207-4-11-01

Band:

III/2

Katalog Seite(n):

157 ff.

Nr.:

40

Titel:

Wappenscheibe Heller/Blum (Frankfurt · Historisches Museum)

Anmerkung:

Die Herkunft der Scheibe ist ungesichert: Während sie nach Angabe des Vorbesitzers Carl Theodor Reiffenstein aus der Johanniterkirche stammt, überliefert Lotz als ursprünglichen Standort die Michaelskapelle. Die Wappenallianz ist von Lersner auch in den Fenstern der Dreikönigskirche Sachsenhausen überliefert18.

Durchmesser:

44.00 x 44.50 cm

Datierung:

um 1490-1500

Zuordnung:

Frankfurt · Historisches Museum » [Unbekanntes Fenster]

Katalog

Erhaltung

Bis auf wenige Sprünge und unbedeutende Ergänzungen in der Bordüre intakt; Malschicht partiell leicht berieben. Drei Gläser 1962/63 doubliert und Bleinetz damals erneuert.

Ikonographie:

Ikonographie: Die Darstellung des Hl. Bartholomäus mit Messer und über den Arm gelegter Haut mit Kopf folgt einem in Frankfurt seit dem 14. Jh. nachweisbaren Typus, der etwa in der Chorgestühlwange des Frankfurter Domes um 1352 faßbar wird19. In Körperhaltung und Gewandung lassen sich Zusammenhänge mit dem Niedererlenbacher Altar von 1497 in Darmstadt beobachten20; welches von beiden Werken früher entstanden ist, muß jedoch offenbleiben. In der Rundscheibe treten die beiden vornehm gekleideten Heiligen als Wappenhalter auf, wobei der Hl. Sebastian in der selteneren Variante des reich gekleideten Heiligen mit einem Pfeilbündel in der Hand erscheint. Im Unterschied zum Altar von St. Goar, der zeitlich und regional in die Nähe kommt, ist der Heilige wie im Stich des Meisters E.S. (L. 159) als bartloser Jüngling gezeigt21. Die Kombination mit dem in Frankfurt populären Hl. Bartholomäus gibt keinen näheren Aufschluß über einen möglichen ursprünglichen Standort. Die Wappenallianz bezieht sich auf den 1499 verstorbenen Frankfurter Schöffen Bechtold Heller und seine Frau Katharina Blum.

Komposition, Farbigkeit

Der Hl. Bartholomäus trägt über silbergelbem Damastmantel einen weißen Umhang und ein Messer mit hellblauer Klinge, der Hl. Sebastian einen pelzgefütterten, geschlitzten roten Mantel und ein Pelzbirett. Wappen Heller: in blauem, mit weißen Medaillons belegtem Schild und ein dunkelgelber Sparren, Wappen Blum mit blauer Vase auf weißem Grund; beide Schilde sind mit Fiederranken verziert. Die einander zugewandten Heiligen stehen auf einem braungrünen Rasen vor tiefblauem Fiederrankengrund (Muster III, 24); blaßgelbe Bordüre mit Maßwerksaum.

Technik, Stil, Datierung

In der lebendigen Pinselzeichnung und differenzierten Modellierung mittels flächig gestrichenem, in den Lichtern gewischtem und radiertem Halbton manifestiert sich dieselbe Hand wie in der Rundscheibe Nr. 41. Zur stofflichen Absetzung des Pelzbesatzes von Mantel und Birett des Hl. Sebastian sowie der Haare des Hl. Bartholomäus wurden diese Partien außenseitig mit bräunlichem Halbton ausgestupft. Die von Beeh-Lustenberger angeführten stilistischen Zusammenhänge mit dem Niedererlenbacher Altar von 1497 und einigen Frankfurter Tafelgemälden der 1490er Jahre gehen nicht über den Zeitstil hinaus. Sucht man nach verwandten Glasgemälden, stößt man über den etwas altertümlicher wirkenden Engel (Nr. 41) auf die Chorverglasung der Friedberger Liebfrauenkirche und kommt über den dort tätigen, später in Frankfurt und Mainz angesiedelten Glasmaler Conrad von Schotten in den Kreis einiger in Mainz um 1480/90 entstandenen Kabinettscheiben (vgl. Kunstgeschichtliche Einleitung S. 58f.). In diesem Kreis finden sich nicht nur ähnlich proportionierte Figuren, sondern auch die charakteristischen Gewänder mit umschlagenden Säumen, stäbigen Falten und einer differenzierten Modellierung mittels unterschiedlich dichter Schraffursysteme. Wenn sich die Zeichnung der Gesichter auch nicht direkt mit den Rundscheiben des Mainzer Glasmalers Erhart verbinden läßt, zeigt dessen Amorbacher Rundscheibe des Hl. Martin doch ein nahezu identisches Damastmuster im Brokatmantel des Heiligen (Textabb. 51). In ihrer etwas plakativeren Gesichtszeichnung, den klobigeren Händen und der stärker auf der Pinselzeichnung basierenden Modellierung weichen die beiden Frankfurter Scheiben von den feingliedrig gezeichneten und duftig modellierten Kabinettscheiben der 1480er Jahre ab und sind damit etwas später zu datieren; dies legt nicht zuletzt auch das modernere Schuhwerk Sebastians nahe, der ein sog. Kuhmaul trägt. Eine genauere Einordnung innerhalb des Kreises der genannten Werke ist auf Grund der lückenhaften Überlieferung nicht möglich.

Bildnachweis:

CVMA A 10984, Großdia A 201

Indizes
Iconclass:

46A122 = Wappenschild, heraldisches Symbol · 73F27 = Leben und Taten des Bartholomäus (Nathanael) · 11H(SEBASTIAN) = der Märtyrer Sebastian; mögliche Attribute: Pfeil(e), Bogen, Baumstamm

Sachbegriffe:

Allianzwappen · Birette · Damaste · Fiederranken · Häute · Jünglinge · Medaillons · Messer · Mäntel · Pelze · Pfeilbündel · Schilde · Vasen · Wappen

Personen:

Bartolomäus <Apostel> · Sebastian <Heiliger> · Heller, Bechthold · Blum, Katharina · Erhart <von Mainz>

Abbildungen

Bildnachweise

  1. Hll. Bartholomäus und Sebastian mit den Wappen Heller/Blum. Frankfurt, Historisches Museum Nr. 40. Mainz oder Frankfurt, um 1490/1500. – CVMA Band III/2, S. 158 Farbtafel XIII.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Andrea Gössel)
  2. Wappenscheibe Heller/Blum: ES [= Erhaltungsschema] Nr. 40 – CVMA Band III/2, S. 157 Fig. 100.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)
Empfohlene Zitierweise
„Wappenscheibe Heller/Blum (Frankfurt · Historisches Museum)“, in: CVMA Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/cvmahessen/id/207-4-11-01> (aufgerufen am 03.05.2024)