Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen

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Schmerzensmann und Mater Dolorosa (Hanau · Marienkirche)

Hanau · Marienkirche (Lage anzeigen) → Chorfenster süd III
Basisdaten | Katalog | Indizes | Abbildungen
Basisdaten
ID:

210-1-04-01

Band:

III/2

Katalog Seite(n):

250 f.

Nr.:

2b

Titel:

Schmerzensmann und Mater Dolorosa (Hanau · Marienkirche)

Anmerkung:

H. 80,5 cm, B. 56 cm.

Datierung:

um 1492-1497

Zuordnung:

Hanau · Marienkirche » Chorfenster süd III

Katalog

Inschrift

In gotischer Minuskel: O misericordia d(omi)ne salva nos.

Erhaltung

Das Feld ist oben und unten sowie links leicht beschnitten. Die obere Damastpartie zwischen den Figuren, die im Farbton eine Nuance wärmer ist und deshalb offenbar empfindlicher auf Korrosion reagierte, weist auf der Außenseite Lochfraß auf. Auch wenn die übrigen Damastpartien keinerlei Korrosion zeigen, gehört diese Partie auf Grund des durchlaufenden Rapports ebenfalls zum ursprünglichen Bestand. Bis auf einzelne Doublierungen, viele störende Sprungbleie und partiell leicht beriebene Malschichten ist der Bestand im übrigen intakt.

Ikonographie

Die Grundlage der Darstellung bildet die Weissagung Simeons, daß Marias Seele dereinst von einem Schwert durchdrungen werde (Lc 2, 35). Popularität erlangte das Thema vor allem in der Schilderung der sieben Schmerzen Mariae und der Gegenüberstellung von Maria mit Kind und dem Schmerzensmann, während die isolierte Darstellung der neben Christus stehenden Schmerzensmutter bis in das späte 15. Jh. relativ selten bleibt. In der Glasmalerei bieten sich als frühes Vergleichsbeispiel die beiden Scheiben um 1445 aus Stöckenburg an, welche offenbar eine Kreuzigung flankierten21.

Komposition

Die Darstellung war zentraler Bestandteil einer dreibahnigen, partiellen Farbverglasung, die von einem übergreifenden Kielbogen bekrönt wurde. Da von den seitlichen Feldern keinerlei Reste erhalten oder überliefert sind, können über deren Inhalt nurmehr Vermutungen angestellt werden. Geht man von einer einzeiligen Komposition aus, so kommen seitlich wohl nur stehende Heilige oder Stifterfiguren in Frage. Da dieses Fenster wie die Pietà in Fenster nord VI inhaltlich auf die Grablege im Chor Bezug zu nehmen scheint, können auch hier verstorbene Mitglieder der Hanauer Grafenfamilie dargestellt gewesen sein.

Farbigkeit

Die zur Gänze in Grisaille gehaltenen Figuren mit gelbem und rot/gelbem Nimbus stehen auf einem dunklen, bernsteinfarbenen Fliesenboden vor einem violetten Damastteppich, der von einer goldenen Stange gehalten wird und mit dunkelblauen/gelben/blaßgrünen/roten Fransen besetzt ist. Der Teppich hängt vor unstrukturiertem blauen Grund.

Stil, Datierung

Die stäbigen Gewandfalten und die dabei verwendeten Ösen- und T-förmigen Linien, aber auch die Modellierung von Gewand und Inkarnat sowie der Umgang mit Halbton schließen direkt an Fenster nord II an. Einzig die Zeichnung der Gesichter ist flüssiger und die Augenpartie plastischer durchmodelliert. Dennoch überwiegen die Gemeinsamkeiten, die von der Proportionierung der Figuren und den eigentümlichen Faltenschüben bis hin zur identischen Modellierung der Haare Christi reichen, so daß für beide Bestände derselbe Glasmaler verantwortlich gemacht werden kann. Die erwähnten Unterschiede gehen wohl auf das Konto des kleineren Maßstabs oder einer anderen Vorlage. Die in ihrer Formgebung und Modellierung etwas spröde Bekrönung, die sich deutlich von den wuchtig plastischen Formen und der freien Zeichnung in Fenster nord II absetzt, dürfte auf einen Mitarbeiter zurückzuführen sein.

Bildnachweis:

CVMA G 8775, Detail G 8778f., Großdia G 58

Indizes
Iconclass:

73D7331 = der Schmerzensmann zusammen mit Maria · 11F25 = Mater Dolorosa

Sachbegriffe:

Figuren · Grisaillen · Heiligenscheine · Minuskeln, gotische · Nimben · Schwerter · Teppiche · Schmerzensmänner · Inschriften

Personen:

Jesus Christus · Maria <von Nazareth>

Abbildungen

Bildnachweise

  1. Schmerzensmann und Mater dolorosa mit Kielbogenbekrönung. Chor s III, 2/3b. Mittelrhein, um 1492/97. (Ausschnitt) – CVMA Band III/2, S. 418 Abb. 198 (Ausschnitt).
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Gerhard Gräf)
  2. Schmerzensmann. Ausschnitt aus Abb. 198. – CVMA Band III/2, S. 421 Abb. 208.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Gerhard Gräf)
  3. Mater dolorosa. Ausschnitt aus Abb. 198. – CVMA Band III/2, S. 421 Abb. 209.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Gerhard Gräf)
  4. Schmerzensmann und Mater Dolorosa: ES [= Erhaltungsschema] Chor süd III, 2/3b [2b] – CVMA Band III/2, S. 251 Fig. 171 (Ausschnitt).
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)

Chorfenster süd III: weitere Scheiben

Empfohlene Zitierweise
„Schmerzensmann und Mater Dolorosa (Hanau · Marienkirche)“, in: CVMA Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/cvmahessen/id/210-1-04-01> (aufgerufen am 29.04.2024)