Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen

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Muttergottes im Strahlenkranz (Fragment einer Lactatio des Hl. Bernhard) (Mainz · Landesmuseum)

Mainz · Landesmuseum[Unbekanntes Fenster]
Basisdaten | Katalog | Indizes | Abbildungen
Basisdaten
ID:

132-3-01-01

Band:

III/1

Katalog Seite(n):

193 f.

Nr.:

ohne Nummer

Titel:

Muttergottes im Strahlenkranz (Fragment einer Lactatio des Hl. Bernhard) (Mainz · Landesmuseum)

Anmerkung:

Rheinland (Köln?), um 1500.

H. 63,5 cm, B. 36,2 cm. – Inv. Nr. Ge 72/271.

Erworben 1972 aus Privatbesitz; zuvor in der Sammlung Liebig, Gondorf, wo die Scheibe im Museumssaal der Niederburg ausgestellt war (Nr. 13)2; weitere Vorbesitzer und ursprüngliche Herkunft – vermutlich aus zisterziensischem Kontext (s.u.) – sind unbekannt.

Datierung:

um 1500

Zuordnung:

Mainz · Landesmuseum » [Unbekanntes Fenster]

Katalog

Erhaltung

Bis auf einige wenige Flickstücke aus dem 19. Jh. sowie eine ältere Ergänzung intakt; die Gläser zeigen nahezu keine Verwitterungsspuren, ihre Bemalung ist – mit Ausnahme der Mondsichel – gut erhalten. Verbleiung wohl 19. Jh.

Ikonografie, Komposition

Mit dem Christuskind auf ihrem rechten Arm steht Maria, von einem Strahlenkranz hinterfangen, auf der Mondsichel. Sie vertritt damit einen ganz geläufigen Bildtyp des Spätmittelalters – um doch in einem entscheidenden Punkt von ihm abzuweichen: Ihre linke Brust, auf die das Christuskind deutet, ist entblößt, und es ergießt sich ein feiner, gleichwohl deutlich sichtbarer Milchstrahl aus ihr. Dieses Motiv der Lactatio ist vor allem aus der Bernhard-Ikonografie bekannt3, sodass es naheliegt, die Madonnenfigur in Verbindung mit einer Darstellung des Zisterzienserheiligen zu sehen, der zur Linken von Mutter und Kind erschienen sein muss. Eine südniederländische Tafel mit der Vision des Hl. Bernhard (Fig. 122) gibt eine ungefähre Vorstellung von der verlorenen Komposition4.

Farbigkeit, Technik

Die Farbigkeit der Gläser ist beschränkt auf Blau und Weiß für das Gewand und offenbar beidseitig überfangenes Rot für die Schuhe Mariens sowie Gelb für Mondsichel und rahmenden Strahlenkranz; Haare und Nimben von Mutter und Kind sind in Silbergelbmalerei ausgeführt, ebenso die Borte des Marienmantels. Die vergleichsweise trockene Modellierung von Figur und Gewand erfolgte auf der Basis eines gestupften Halbtons, mit großflächig ausgewischten bzw. mit grobem Pinsel ausgestrichenen Lichtern und spärlichen Schraffuren in den Schattenlagen.

Stil, Datierung

Die von Esser an den Mittelrhein lokalisierte Scheibe lässt sowohl aufgrund ihres früheren Standorts Gondorf, wo sich »vorwiegend Werke der rheinischen, insbesondere der Kölner Glasmalerei« befanden5, als auch angesichts ihrer technischen Ausführung und ihres Stils eher an eine Entstehung im Rheinland denken. Dort hat sie in zwei Darstellungen aus dem Leben Christi, einer Flucht nach Ägypten und dem Zwölfjährigen Christus im Tempel, in der ehemaligen Kreuzherren-Klosterkirche in Ehrenstein ihre nächsten Verwandten. Es sind dies die Reste eines einstmals umfangreichen, im ausgehenden 15. Jh. entstandenen Zyklus6, zu dem auch eine Anbetung des Kindes aus der Sammlung Rehbock, Hannover, gehört haben könnte (Fig. 123)7; aufrecht kniend, ihren Kopf mit dem langen offenen Haar etwas zur Seite gewandt, er-scheint Maria hier in einer Haltung, die jener der Muttergottes in Mainz stark ähnelt, sodass die geschwisterliche Nähe beider Figuren – zugleich, mit Blick auf Ehrenstein, die zweifellos rheinländische, vielleicht kölnische Herkunft der Mainzer Scheibe8 – unmittelbar anschaulich wird.

Bibliografie

Karl-Heinz Esser, Jahresbericht des Mittelrheinischen Landesmuseums Mainz für die Jahre 1970–1973, in: MZ 69, 1974, S. 264–271, hier S. 270 (»mittelrheinisch um 1500«).

Bildnachweis:

CVMA HD 3275, B 908

Indizes
Iconclass:

11F4 = Madonna; d.h. Maria mit dem Christuskind

Sachbegriffe:

Strahlenkränze · Mondsicheln · Brüste · Milchstrahlen · Schuhe · Haare · Nimben · Mäntel

Personen:

Maria <von Nazareth> · Jesus Christus

Abbildungen

Bildnachweise

  1. Muttergottes im Strahlenkranz (Fragment einer Lactatio des Hl. Bernhard). Mainz, Landesmuseum. Rheinland, um 1500 – CVMA Band III/1, S. 553 Abb. 74.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rüdiger Becksmann)
  2. Muttergottes im Strahlenkranz (Fragment einer Lactatio des Hl. Bernhard): ES [= Erhaltungsschema] Landesmuseum. – CVMA Band III/1, S. 193 Fig. 121.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rainer Wohlrabe)
  3. Muttergottes im Strahlenkranz (Ausschnitt). Mainz, Landesmuseum. Rheinland, um 1500 – CVMA Band III/1, S. 194 Abb. 124.
    © Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br. (Rüdiger Becksmann)
  4. Vision des Hl. Bernhard. Köln, Wallraff-Richartz-Museum. Südniederlande, Ende 15. Jh. – CVMA Band III/1, S. 194 Fig. 122.
    © Rhein. Bildarchiv Köln
  5. Anbetung des Kindes (Detail). Hannover, Kestner-Museum. Rheinland, um 1500. – CVMA Band III/1, S. 194 Abb. 123.
    © Dorothee Isserstedt
Empfohlene Zitierweise
„Muttergottes im Strahlenkranz (Fragment einer Lactatio des Hl. Bernhard) (Mainz · Landesmuseum)“, in: CVMA Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/cvmahessen/id/132-3-01-01> (aufgerufen am 04.05.2024)