Topografie des Nationalsozialismus in Hessen
Beerfelden, Ghettohaus „Judenhaus“
- Beerfelden, Gemeinde Beerfelden, Odenwaldkreis
Gammelsbacher Straße – In der NS-Zeit: Werner-Straße 12 - Klassifikation ↑
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Kategorie:
Verfolgung
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Subkategorie:
- Nutzungsgeschichte ↑
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Objektbeschreibung:
Wohnhaus der jüdischen Familie Marx. Im Juni 1938 lebte dort u.a. Johanna Marx, geb. Würzburger (Jahrgang 1862). Sie war die Witwe des Mayer Marx. Zu gleicher Zeit wohnten dort die Eheleute Jonas und Selma Marx. Jonas Marx wurde 1882 in Beerfelden geboren und war von Beruf Viehhändler. Die 1919 in Beerfelden geborene Tochter Hilde Marx wanderte am 25. Mai 1938 in die USA aus.
Uri Kaufmann lokalisiert das „‚Judenhaus‘ bei Benjamin Reinheimer“ in der „heutigen Gammelsbacher Straße 12“ (S. 91). Auf S. 119 gibt Kaufmann jedoch als Adresse von Benjamin Reinheimer die „Gammelsbacher Straße 7“ an und verzeichnet für die „Gammelsbacher Straße 12a [und] 12b“ Jonas Marx sowie Joseph Marx (S. 117).
Am 3. Juli 1933 wurde in Beerfelden zu Ehren des NSDAP-Gauleiters Jakob Sprenger die „Viehgasse“ in „Sprenger-Straße“ umbenannt und der damalige Hessische Staatspräsident Dr. Ferdinand Werner (NSDAP) zum Ehrenbürger der Stadt erklärt. Daher ist anzunehmen, dass die Bezeichnung „Werner-Straße“ ebenfalls an diesem Tag offiziell eingeführt wurde. Weitere Straßennamen nach NS-Persönlichkeiten in Beerfelden waren, u.a.: „Horst-Wessel-Straße“, „Erich-Johst-Straße“, „Adolf-Hitler-Straße“ und „Norkusstraße“.
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Beschreibung:
Die Beerfeldener Juden mussten zum 29. August 1941 ihre eigenen Wohnungen verlassen und zwangsweise in das Haus des Jonas Marx in der Wernerstraße einziehen. Des Weiteren wies der Bürgermeister den Händler Moritz Haas an, er solle zum 7. September 1941 in „zwei Zimmer im unteren Stock des Anwesens der Johanna Marx, Wernerstrasse“ einziehen. Die lokalen und überregionalen Polizeikräfte ordneten diese örtliche Konzentration der in Beerfelden verbliebenen Juden an. Diese Ghettoisierung bildete eine Vorstufe der späteren Deportation. Die jüdischen Einwohner lebten dort vermutlich bis zu den zwei Deportationen in Beerfelden am 24. März und 27. September 1942. In aller Öffentlichkeit mussten die jüdischen Beerfeldener beispielsweise im März 1942 auf dem Metzkeil auf Lastwagen steigen und wurden von dort zu den weiteren Sammelstellen transportiert.
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Nutzungsanfang (früheste Erwähnung):
29.08.1941
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Nutzungsende (späteste Erwähnung):
27.09.1942
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Nutzung vor NS-Zeit:
Wohnhaus der Familie Marx.
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Nutzung nach NS-Zeit:
Das Wohnhaus existiert nicht mehr. In der Gammelsbacher Straße befindet sich an dieser Stelle ein freier Platz.
- Indizes ↑
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Orte:
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Sachbegriffe:
- Nachweise ↑
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Literatur:
- Kaufmann, Beerfeldener Juden, S. 84, 90-95, 117, 119.
- Dreesen, Deportationslisten, S. 10.
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Gedruckte Quellen:
- Nagy-Adalbert-Verlag: Einwohnerbuch für den Kreis Erbach im Odenwald, Stuttgart u. Wertheim am Main – Juni 1938, S. 43.
- Zitierweise ↑
- „Beerfelden, Ghettohaus „Judenhaus““, in: Topographie des Nationalsozialismus in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/nstopo/id/3313> (Stand: 7.9.2022)