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Johann Franz Wagner 1735, Walburg

Walburg · Gem. Hessisch Lichtenau · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Walburg

Gebäude / Areal:

Hessisch Lichtenau-Walburg, Kirchhof

Angaben zum Standort:

Aufgestellt im Kirchhof westlich der Kirche in einem Pavillon zusammen mit acht weiteren Grabmalen; es ist – von der Kirche aus gesehen – der vierte Stein von links in der hintersten Reihe.

Merkmale

Datierung:

1735

Typ:

Grabstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

98 x 153 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A, B, C, H (Z.1)) 2,4, (D, E, F) 2, G, H (Z. 2 ff.)) 1,9, (I) 1,8 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabstein des Johann Franz Wagner. Hochrechteckiger Stein mit Seitenhang und zweigeteiltem Aufsatz, oberer Teil fehlend. Auf der heute verdeckten Vorderseite im erhaltenen Teil des Aufsatzes Wappen in einem Kordelmedaillon, begleitet von Initialen (A). Der Mittelteil zeigt in rechteckigem Rahmen ein von einer Girlande oval umkränztes Schriftfeld, in den Zwickeln geflügelte Engelsköpfe. Nach seiner Inschrift B ist in den unteren acht Zeilen noch der zentriert angeordnete Leichtext C zu erkennen; die Schrift in den Zeilen 1 bis 15 von B ist bis auf einzelne Buchstabengruppen an den Zeilenanfängen und wenige Einzelwörter verloren. Der Basisteil des Grabsteins fehlt. Der Übersichtlichkeit halber wird der Text der Inschriften B und C nach Zeilen geboten.

Auf der Rückseite ist im Aufsatz in Flachrelief der Tod mit Stundenglas und Sense dargestellt. Darüber Inschrift D, links Inschrift E, rechts F, alle drei eingehauen, die beiden letzten benachbart zu den entsprechenden Utensilien des Todes. Im Mittelteil erhabenes Schriftfeld, ein Rechteck, dessen Ecken durch nach innen gebogene Viertelkreisbögen ersetzt sind. Darin oben eine vierzeilige Inschrift eingehauen (G), darunter ein Leerraum. Im mittleren Drittel eine fünfzeilige Inschrift (H), davon die erste Zeile in erhabenen Buchstaben in einer leicht vertieften Leiste. Darunter vier kaum lesbare Zeilen (I), die inhaltlich aufeinanderfolgend eng zusammenhängen (I setzt G fort) und zusammen mit dem nachfolgenden Leerraum das untere Drittel des Schriftfeldes einnehmen; alle eingehauen. Als Trenner Quadrangel(?).

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

geistliche Personen

Enthaltene Wappen:

Wagner3)


  1. Wappen Wagner (Pferd, darüber Rad; Helmzier: steigender Löwe).

Dargestellte Personen:

Johann Franz Wagner wurde am 11. 9. 1696 geboren als Sohn des Ermschwerder Pfarrers Johann Zacharias Wagner und der Catharina Wagner geb. Rüppel.6) Er war ein Enkel des Laudenbacher Pfarrers Friedrich Wagner.7) Johann Franz Wagner trat seine erste Pfarrstelle 1726 (wohl am 1. Januar) an, wie aus seinem ersten Eintrag vom 24. 1. 1726 im KB Ermschwerd ersichtlich ist. Doch schon im August 1726 wurde er Pfarrer in Walburg, wo er Adjunkt gewesen war.8) Dem KB Walburg ist weiter zu entnehmen, dass Johann Franz Wagner nach kurzer Krankheit am 13. 8. 1735 starb und am 19. 8. beerdigt wurde.9) Aus seiner Ehe gingen zwei Kinder hervor: Johann Zacharias Henricus (~22. 8. 1723) und Catharina Sophie (~7. 11. 1725).10)

In der weitgehend verlorenen Grabinschrift war zu lesen, dass Johann Franz Wagner einem ‚sehr alten Predigergeschlecht‘ entstammte, dessen Glieder ‚seit der Reformation der Kirche als Prediger dienten‘.11) In der Tat waren in direkter Linie Vater Johann Zacharias, Großvater Friedrich, Urgroßvater Georg und Ururgroßvater Adam Wagner alle Pfarrer gewesen, und so wird verständlich, warum dieser Umstand mit gewissem Familienstolz erwähnt ist.

Hieran anknüpfend kann man den Inschriftbeginn so deuten, dass von den EHREN/WERDEN AhnHEREN die Rede ist. Sie scheinen – wenn die Schriftreste nicht trügen – mit dem Ausdruck GROSHEREN bezeichnet zu sein, der in der Bedeutung „Großväter, Vorfahren“ belegt ist.12) Auftraggeber für den Grabstein werden der Bruder Johann Henrich Friederich, Pfarrer in Oberlistingen, und die Mutter Catharina gewesen sein; als weitere Verwandte gab es nur die eben genannten kleinen Kinder.

Der Metropolitan (Johann) Caspar Ludolf war von 1715 bis 1740 im Amt.13) Er ist wohl mit dem 1673 geborenen Sohn des Reichenbacher Pfarrers Conrad Ludolph identisch.14) Johann Hermann Brehm war Wagners Nachfolger und von 1735 bis 1768 Pfarrer in Walburg.15)


  1. s. Kat.-Nrr. 232, 307 und Chronik Walburg 283.
  2. s. Kat.-Nr. 199.
  3. KB Ermschwerd, Eintrag des nachfolgenden Pfarrers.
  4. „Pfarrer Wagner ist laut Kirchenbuch gestorben am 13. und begraben am 19.08.1735. 12 Jahre hier gewesener Pfarrer. War sehr kurz krank gewesen und ist bei volkreicher Versammlung beerdigt worden.“ (Freundliche Mitteilung von Thomas Blumenstein.).
  5. „Pfarrer Wagner hat in Walburg 2 Kinder: Johannes Zacharias Henricus ~23.08.1723, Pate: Johannes Zacharias Wagner, Pfarrer zu Ermschwerd. Er wurde 1735 in Walburg konfirmiert. Catharina Sophia ~07.11.1725, Patin Johann Zacharias Wagners Witwe, die Großmutter. Hat auch überlebt und läßt 1770 in Ermschwerd ein uneheliches Kind taufen.“ (Freundlicher Hinweis von Thomas Blumenstein.) Der Sohn Johannes Zacharias war später Rektor in Witzenhausen und Pfarrer in Nassenerfurth, s. Bätzing, Homberg 466; seine Söhne Johann Georg und Johann Friedrich waren auch als Pfarrer tätig, s. Bätzing, Homberg 439 und Bach, Geschichte 128.
  6. s. Grimmell 1: „Johann Franz Wagner entstammte einem ‚sehr alten Predigergeschlecht‘, dessen Glieder ‚seit der Reformation der Kirche als Prediger dienten‘.“
  7. s. DWB Bd. 9 Sp. 547 s. v. GROSZHERR.
  8. s. Siegel 160.
  9. s. Kat.-Nr. 202.
  10. s. Chronik Walburg 176.

Sonstiges:

Der zweite Teil des Hexameters in D ist ein Sprichwort. Das zeigt das lateinische UT DICUNT, und das Deutsche hat ein ähnliches Sprichwort. Die lateinische Fassung diente auch als Titel eines Buches von 1746, verfasst von Michael Andreas Riemann. In hexametrischer Dichtung ist dieses Versstück öfter verwendet, anscheinend seit Alanus ab Insulis, aber nicht überall als Sprichwort gemeint.4)

Die bildliche Darstellung des Todes findet man ganz ähnlich auf dem Grabstein der Ehefrau Magdalena Catharina Wagner. Dort sind auch die Texte D und E zitiert.5)


  1. Clarior es solito post maxima nubila Phoebus s. Alanus lib. parabolarum I (PL 210, 581C).
  2. Näheres dazu s. Kat.-Nr. 300.
Inschrift

Umschrift:

A I(OHANN) · F(RANZ) · // W(AGNER) ·

B DIE EH⌣RE[N] /a)

WERDE[N GR]O[S]HEREN [. .]S D[E]S /

HIN[– – –] /

[– – –] /b)

5 DIE [– – –] /

ADAM [WAGNER A– – –] /

GBOREN [– – –]/

TREU [– – –]

[– – –] /

10 [– – –] /

[– – –] NACH [– – –] /

GE[LANGT – – –] /

[– – –] UND [AM . . T]A[GE IM HERREN SANFT] /

UND SE[ELIG] [ENTSC]HLA[FE]N [SEINES ALTERS 39 JAHR]

15 [BEE]RDIG[T] 19(ten) A[U]G MDCC[XXXV]. . . /

C [AP]OC[AL XI]III C[AP V(ER)S 13] /

SEELIG S[I]N[D] [DIE T]ODTEN DIE I[M H]ERRE[N STERBEN] /

VON NUN [AN JA] DER GEIS[T SPRICHT DAS SIE] /

[RUHEN V]ON IHR[ER AR]BE[IT DENN IHRE WERKE] /

[F]O[LGEN IH]NEN NACH1) [UND KEINE] /

QUAL [RÜRET] S[IE] /

MEHRc)

D SIC EST UT DICUNT SPLENDET POST / NUBILA PHOEBUS /

LAETAQUE SUBSTITUET TRISTIBUS / IPSE //d) DEUS ·

E PARCO NULLI / HUIC HOSTI / DIRO NEMO / RESISTERE / PO-

TEST ·

F RUIT HORA / ADEST AETE/RNITAS ·

G BEY DESEN BEERDIGUNG WURDE VON / DEM HOCHEH⌣RWÜR-

DIGEN UND HOCHGE/LAH⌣RTEN H(ERRN)e) IOH(ANN)e) CASPAR

LUDOLPH METROPO/LITANO ZUR LICHTENAU ÜBER DIE

WORTE //

H TEXTUS · HEBRAER AM 13 CAP(ITEL) V(ERS) 7 / Gedencket an eure

Lehrer, die euch das / wort Gottes gesagt haben, welcher Ende / schauet an

und folget ihrem / Glauben nach2) ·

I [. . .. . .]f) HIER GEISTREICH GEP]R[E]DIGET [– – –]RNACHg) / VON

DEM WOH⌣LE[HRWÜRDIGEN UND WOHLGELAHRTEN] /

IOH(ANN)e) HER(MANN)e) BR[EHM – – –]


  1. Zu den Zeilen 1–15 sind, soweit deutbar, die Anfänge und vermeintliche Einzelwörter angegeben. Für plausible Ergänzungsvorschläge bieten die Schriftreste zu wenig Anhaltspunkte; bei Inschrift C hilft der identifizierte Bibeltext.
  2. Grimmells Zitate (s. Ziffernfußnote 11) stammen den Anmerkungen zufolge vom Grabstein, also aus Inschrift B. Wo sie im Text gestanden haben, ist nicht mehr auszumachen.
  3. s. Anm. 1.
  4. Unterbrochen von Skelett des Todes.
  5. Kürzungszeichen: Doppelpunkt.
  6. EHSTES ?, s. dazu DWB s. v. EHSTES.
  7. Ergänzung unsicher.
  1. Offb 14,13. Dieses Bibelzitat endet bei NACH. Der darauffolgende Text zitiert Weish 3,1, hier nach Luther „rühret sie an“, ein Bibelwort, das mehrfach als Fortsetzung des ersten Zitats belegt ist, z. B. bei Heinrich Schütz SWV 281.
  2. Hebr 13,7.

Übersetzung:

(D) Es ist so, wie das Sprichwort sagt: Nach Wolken leuchtet die Sonne, und Gott wird auf Trauriges Frohes folgen lassen.

(E) Ich schone keinen. Diesem grausigen Feind kann niemand widerstehen.

(F) Die Zeit vergeht, die Ewigkeit ist da.

Kommentar:

Elegisches Distichon (D).

Schrift:

Kapitalis (A-G, I), Fraktur mit Kapitalis (H)

Nachweise

Literatur:

Wappen:

Wagner

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 303.

Zitierweise
„Johann Franz Wagner 1735, Walburg“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2421> (Stand: 20.3.2023)