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Sibylla Magdalena Gräfin von Nassau-Idstein 1644, Idstein

Idstein · Gem. Idstein · Rheingau-Taunus-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Idstein

Gebäude / Areal:

Idstein, Unionskirche (aus Straßburg, St. Thomas)

Angaben zum Standort:

Der Sarkophag mit dem inneren Holzsarg wurde vom Sterbe- und Bestattungsort der Gräfin in Straßburg im Januar 1669 auf Geheiß ihres schon früher von dort nach Idstein zurückgekehrten Ehemannes in seine Residenzstadt überführt und in die nordöstliche Gruft hinter dem Hochaltar gestellt.

Merkmale

Datierung:

1644

Typ:

Grabinschrift

Erhaltung:

erhalten

Größe:

70.4 x 194.5 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

1-2,2 (A), 1,6-2,2 (B), 3 © cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabinschriften und zwei Bibelsprüche auf dem Deckel des Sarkophages.

1868 anläßlich der ersten Gruftöffnung erstmals gründlich untersucht und repariert, 1907 und 1958 nochmals inspiziert, 1993 restauriert. Körpergroßer Dachtruhensarkophag mit gebuckelter Zierscheibe und Löwenkopf an der Fußplatte, das einst am Kopfteil befindliche Pendant ist verloren. An Kopf- und Fußteil Zinngießermarke mit Initialen (E). Auf der Deckelplatte lateinische Grabinschrift (A), darunter graviertes Kruzifix mit Titulus (F). Auf den beiden unteren Sarkophagschrägen je zwei Löwenköpfe mit Tragringen, auf der linken Deckelschräge dreiteilige, mehrzei-lige deutsche Grabinschrift (B), zwei Bibelsprüche (C, D) auf der rechten Schräge. Deckel teilweise von Zinnpest befallen, dadurch geringe Schriftverluste bei (B), sonst gut erhalten.

Jeweils die Anfangszeilen der in Konturschrift ausgeführten Inschriften (B, C, D) sind durch Versalien betont, ebenso die Eigennamen der Verstorbenen, ihres Ehemannes und die Titel. Die Worttrennung wurde nur unregelmäßig durch kaum erkennbare, parallele Striche gekennzeichnet. Anhand der am Sarkophag angebrachten Meistermarke konnte dieser als Werk des Straßburger Zinngießers Hans Jakob Ruff erkannt werden.6) Das qualitätvolle Kruzifix könnte vielleicht von der Hand des schon in den 1640er Jahren für Graf Johannes tätigen Stechers Sebastian Stosskopff7) stammen.8) Graf Johannes gilt selbst als Verfasser der Grabinschrift (B).9)

6) Vgl. Schmidt, Grüfte 92-95 zu Ruff und ihn betreffende biografische Angaben, hier 95.

7) Vgl. Sebastian Stosskopff - sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Ausstellungskat. Idstein 1987.

8) Schmidt, Grüfte 91.

9) Ebd. 88 mit Hinweis auf die Ergebnisse von Christel Lentz (wie Anm. 1).

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en) · männliche Person(en)

Stand:

Adlige

Dargestellte Personen:

Sibylla Magdalena Gräfin von Nassau-Idstein.

Die Verstorbene, eine Tochter des Georg Friedrich Markgraf von Baden und seiner Ehefrau Juliane Wild- und Rheingräfin zu Kyrburg-Salm,10) war die erste Ehefrau des Grafen Johannes von Nassau-Idstein,11) Sohn des Grafen Ludwig II., des Regenten aller Länder Walramischer Linie.12) Graf Johannes gehörte im Dreißigjährigen Krieg als Parteigänger der Schweden zu den Feinden des Kaisers und verlor 1635 sein Land, als es von Reichs wegen eingezogen wurde.13) Als Verräter geächtet, zog er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau Sibylla und seinen Brüdern in den französischen Herrschaftsbereich, nach Straßburg und Metz, ins Exil zurück. Sibylla starb in Straßburg. 1646 gelang Johannes die Rückkehr, zwei Jahre später begann er mit dem Wiederaufbau seines zerstörten Landes. Die in Inschrift (A) genannten Kinder waren die überlebenden Nachkommen von insgesamt elf Kindern.14) Eine Leichenpredigt (Klag- und Trost-Predigt) für die Gräfin ist erhalten.15)

10) Vgl. Europ. Stammtafeln NF I Taf. 132.

11) Neben seiner negativen Rolle als Hexenbrenner gilt Graf Johannes als umsichtiger Regent und Organisator, der sein im Dreißigjährigen Krieg verwüstetes Land wieder aufbaute, als Bauherr des aufwendigen Umbaus der Unionskirche und des Ausbaus des Schloßgartens und nicht zuletzt als Kunstmäzen mit einer umfangreichen Gemäldesammlung, vgl. Schmidt, Grüfte 89 Anm. 45.

12) Vgl. Europ. Stammtafeln NF I Taf. 111 und 113a.

13) Geisthardt, Idsteins Geschichte 68-76.

14) Die als Nachfolger vorgesehenen Söhne Friedrich Ludwig und Johannes starben bereits 1656 und 1658; der dritte Sohn, Gustaf Adolf, kam wegen seines Konfessionswechsels für die Nachfolge des Grafen nicht in Frage, vgl. Schmidt, Grüfte 85 f. und 86 m. Anm. 31 zu Friedrich Ludwig, auch Europ. Stammtafeln NF I Taf. 113a.

15) HStAW 130 II 1900; vgl. auch Katalog der Leichenpredigten und sonstiger Trauerschriften im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden. Bearb. v. Rudolf Lenz u.a. Sigmaringen 1994 (Marburger Personalschriften-Forschgn. 15.) 63 Nr. 301.

Inschrift

Umschrift:

A HIC INCLUDITUR / ILLUSTRISSIMA PRINCI/PISSA (ET) DOMINA · DOMINA / SIBYLLA MAG/D ALENA MAR/CHIONISSA DE B A/DEN (ET) HACH-BERG / COMITISSA IN NASSAU / SARAEPONTE etc(etera) etc(etera) NATA / ANNO MDCV Die XXIIULI / INTER QUÄRTAM et QUIN/TAM POMERIDIA-NAM / NUPTA / ILLUSTRISSIMO D(OMINO): DOMINO / IOHANNP) CO/ MITTI IN NASSAU / (ET) SARAEPONTE etc(etera) etc(etera) / ANNO MDCXXIX / DIE VI IUNII / DENATA PlE / IN CONSTANTI IN/VOCATIONE IESU / CHRISTI, A(N)NO MDCXLIV / XXIV DECEMBRIS / NOCTU MEDIA UN-DECIMA

B IN DIESEM SARCK · LIGTIETZT VERWART [ . . . ]N DAME VON GAR ED[L]ER ART, [S]IBYLLA MAGDALENA GNANT [F]VRST[L]ICHEM HAVS · BADEN · BEKANT, INS H[A]VS NASAW ZVR · GMAL ERKORN DEM SIE SECHS LEBEND · KINDER · GEBORN, DREY · HAT · GOTT VOR · IHR · HINGESANDT · INS · EWIG · HIMLISCH · VATTERLANDT, /A) DREY TÖCHTER WARENS VND DREY SÖHN DIE NOCH · DEM · HAVS · ZVR · HOFFNVNG · STEHN DIE TÖCHTER · MAN · BEGRABEN · HAT DESGLEICHEN · AVCH · IN · DIESER · STATT SIE HAT GELEBT · VON · LASTERN · REIN DES · IHRE · FEIND · SELBST · ZEVGEN SEIN, TAUSEND · SECHSHVNDERT · VIERTZIG · VIER · ALS SIE · VOLLEND · IHRS · LAVFS GEBVR /A) ZV STRASBVRG · STARB SIE · IN · DER NACHT ALS · MAN · IHRS · HEYLANDTS · GEBVRT · BEDACHT, IHR SEEL · IN GOTTES HAND · IETZ · IST DA · IHR · AN · KEIN · GVT · ICHTS GEBRIST, DER · LEIB · RVH · WOL · GOTT · IHN · OHN · KLAG ERWECKE · AN · DEN · IVNGSTEN TAG

C APOCALYP(SIS) · XIV.3) / QUICUNQUE CHRISTI MORTUI SUNT IN FIDE / TESTANTE CHRISTI SPIRITU HOC A TEMPORE / ERUNT BEATI NAE<), QUIESCUNT A SUIS / ACTISQUE PERLATISQUE SÄT LABORIBUS / OPFiR-UMQUE LARGA HOS CONSEQUUNTUR PRAEMIA

D PSALMO CXIX4) / NISI IEHOVA SUAVITAS VERBI TUI / ME REGREASSET INTERISSEM SUB CRUCIS / QUAM BAIULAVI PONE IESUM PONDERE

E H(ANS) I(ACOB) R(UFF)

F I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(UDEORUM)5)

Übersetzung:

Hier ist eingeschlossen die hochberühmte Fürstin und Herrin Frau Sibylla Magdalena, Markgräfin von Baden und Hachberg, Gräfin in Nassau und Saarbrücken etc. etc., geboren im Jahre 1605, am 21. Juli zwischen der vierten und fünften Stunde nachmittags, verheiratet mit dem hochberühmten Herrn, Herrn Johannes, Graf in Nassau und Saarbrücken etc. etc., im Jahre 1629, am 6. Juni. Sie verschied fromm in beständiger Anrufung Jesu Christi im Jahre 1644, am 24. Dezember mitten in der Nacht um elf Uhr (A). - Apokalypse 14. Alle, die im Glauben an Christus gestorben sind, werden nach dem Zeugnis des Geistes Christi von dieser Zeit an selig sein. Ja, sie ruhen von ihren Taten und von den vollbrachten Mühen aus und für ihre Werke fällt ihnen reicher Lohn zu (C). - Wenn nicht, Jehova, die Süßigkeit deines Wortes mich erfrischt hätte, wäre ich zugrundegegangen unter dem Gewicht des Kreuzes, das ich Jesus nachgetragen habe (D).

Kommentar:

Deutsche Reimverse (B).

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Literatur:

  • Lentz, Sarg 21
  • K. H. Schmidt, Kurzbeschreibung des Sarkophags der Gräfin Sibylla Magdalena. Ms. vom 31.5.1993, Archiv Ev. Kirchengemeinde Idstein.

Bearbeitung:

Die Inschriften des Rheingau-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees (Die Deutschen Inschriften 43), 1997, S. 479 f., Nr. 613.

Zitierweise
„Sibylla Magdalena Gräfin von Nassau-Idstein 1644, Idstein“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2094> (Stand: 24.3.2006)