Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Jüdische Grabstätten

Munk, Leo, Dr. (1917) – Marburg, Alter Jüdischer Friedhof

Grab Nr. 06-40, Marburg, Alter Jüdischer Friedhof, Gemarkung Marburg
Äußere Merkmale | Inschrift | Verstorbene(r) | Indizes | Nachweise | Zitierweise
Äußere Merkmale

Material:

Kalkstein

Platzierung:

stehend

Beschreibung:

Darstellung: segnende Priesterhände.

Sonstiges:

Der Stein steht in der südlichen Hälfte eines Doppelgrabes.

Inschrift

Sprache der Rückseite:

hebräisch

Übertragung:

Text Vorderseite

 

Rückseite


פ״נ

מורנו ורבנו יהודה בן מוהר״ר אליהו הכהן

ממשפחת מונק

אשר ישב על כסא הרבנות בקהלתנו והגליל

יותר מארבעים שנה עד אשר לקח אותו אלקים

שאב חכמה ממקור התורה להבין ולהורות

למד דעת את אנשי עדתו בנים ובנות

תורת אמת פיהו הודיע

חן שפתיו נכוחות הביע

כן רבים השיב מעון

לפני גדלים התיצב ודבריו נשמעים

לפקח על עסקי ישראל הקשים והמרובים

אביונים ודלים ימינו תמכה

עצתו הנכונה נופלים סמכה

אך הכה בשבט פיו המחרפים והמנאצים

בית התלמידים יסד ונקרא שמו חנוך לנער

ללמד את בני יהודה דרך החיים בשער

לכן שמו מפארים

קרובים ורחוקים

נולד בק״ק אלטונא כ״ז תשרי תרי״ב ונאסף אל עמיו

בעיר פראנקפורט י׳ שבט תרע״ז והובל לקבורת

י״ג שבט פה עיר מושבו

כבוד גדול עשו לו במותו

איכה צועקת רעיתו

נשארנו גלמוד מיללה עדתו

תנצב״ה

(Übersetzung der hebräischen Inschrift:)

Hier ist begraben

unser Lehrer und unser Meister, Jehuda, Sohn unseres Lehrers und Meisters, Herrn Elijahu Hakohen

aus der Familie Munk,

welcher auf dem Rabbinatssitz saß in unserer Gemeinde und im Kreis

mehr als vierzig Jahr lang, bis ihn Gott hinweg nahm;

er schöpfte Weisheit aus der Quelle der Weisung, um zu verstehen und um anzuweisen,

›er lehrte Erkenntnis‹ den Mitgliedern seiner Gemeinschaft, Jungen wie Mädchen,

›Lehre der Wahrheit verkündete sein Mund‹,

›mit Anmut auf seinen Lippen‹ drückte er Redlichkeiten aus

›und brachte so viele von Sünde zurück‹,

bei Großen wurde er vorstellig ›und seine Worte wurden gehört‹,

er beaufsichtigte die zahlreichen und beschwerlichen Angelegenheiten Israels,

Bedürftige und Geringe ›stützte seine Rechte‹,

auf seinen rechten Rat verließen sich Strauchelnde,

doch ›schlug er mit der Geißel seines Mundes‹ ›Höhnende und Schmäher‹,

das Schulhaus gründete er, genannt „Erziehung der Jugend“,

›um die Kinder Judas zu lehren‹ den ›Weg des Lebens‹ am Ort,

daher rühmen seinen Namen

die Nahen wie die Fernen;

geboren in der heiligen Gemeinde Altona 27. Tischri 612 und ›versammelt zu seinem Volke‹

in der Stadt Frankfurt 10. Schwat 677 und zu Grabe getragen

13. Schwat, hier in der Stadt seines Wohnsitzes;

große Ehre erwies man ihm ›bei seinem Tode‹,

wie schrie klagend seine Gattin,

wir blieben einsam zurück, heult seine Gemeinschaft.

Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.


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Zl 7: Koh 12,9

Zl 8: Vgl. Mal 2,6

Zl 9: Spr 22,11

Zl 10: Mal 2,6

Zl 11: Vgl. Koh 9,16

Zl 13: Ps 63,9

Zl 15: Jes 11,4

Zl 15: HldR 8

Zl 17: 2Sam 1,18

Zl 17: Spr 6,23

Zl 20: Gen 25,8 u.ö.

Zl 23: Dtn 34,7

Bemerkungen:

Zl 16: Hier ist vermutlich das im Jahr 1900 gegründete „Schüler- und Lehrlingsheim“ gemeint.

Zl 17a: Hier wählte man dieses Psalmzitat vermutlich auch in Anspielung auf den jüdischen Namen Leo Munks: Jehuda.

Zl 17b: בשער, wörtlich: „am Tore“, im übertragenen Sinne ist damit die Stadt gemeint.

Zl 24: Das Wort איכה ist nicht nur eine biblischen Form des Wortes „wie“, sondern auch der hebräische Name des biblischen Buches der Klagelieder, daher wurde hier „klagend“ in die Übersetzung eingefügt.

Verstorbene(r)

Personendetails:

  1. Munk, Leo, Dr.

    Geburtstag

    23.10.1851

    Sterbetag

    2.2.1917

    Geschlecht

    männlich

    Familienstand

    verheiratet

    Herkunftsort

    Altona

    Wohnort

    Marburg

    Sterbeort

    Frankfurt am Main

    Beruf

    Provinzialrabbiner

Anmerkungen:

Laut Grabstein:

Lehrer und Meister Jehuda, Sohn des Lehrers und Meisters Herrn Elijahu ha-Kohen aus der Familie Munk, mehr als 40 Jahre lang Rabbiner in Marburg und im Kreis, geboren am 23.10.1851 in Altona, gestorben am 02.02.1917 in Frankfurt.

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Ergänzungen aus Schriftquellen und Literatur:

Dr. phil. Leo Munk, Rabbiner, wohnhaft in Marburg;

geboren am 23.10.1851 in Altona [heute Hamburg-Altona];

Eltern: Dr. phil. Elias (Eli) Munk, Rabbiner, und Jenny geb. Hildesheimer, wohnhaft in Altona;

heiratete am 03.04.1878 standesamtlich in Treysa Schönchen genannt Selma geb. Abraham;

gestorben am 02.02.1917 im Krankenhaus der israelitischen Gemeinde in Frankfurt am Main, 65 Jahre alt.


Leo Munk lernte wie sein Vater bei Jacob Ettlinger. Er studierte in Berlin und promovierte 1873 in Halle. 1876 wurde er zum Provinzialrabbiner in Marburg ernannt, wo er 1877 neben der jüdischen Volksschule eine Religionsschule gründete. Im Jahr 1900 gehörte er zu den Mitbegründern des "Schüler- und Lehrlingsheims" zu Marburg. 1897 hatte er zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung traditionell-gesetzestreuer Rabbiner Deutschlands gehört, war Mitglied im Allgemeinen Deutschen Rabbinerverband, Kuratoriumsmitglied im Berliner Rabbinerseminar und Mitglied im hebräischen Literaturverein Mekize Nirdamim. In seiner Zeit als Rabbiner in Marburg setzte er sich gegen die antisemitische Bewegung in Hessen unter Führung von Otto Böckel ein.

Leo Munks Ehefrau Schönchen genannt Selma geb. Abraham stammte aus Treysa und wurde dort am 14.04.1860 geboren. Eltern: Abraham Abraham, Kaufmann, und Sprinz geb. Strauss, wohnhaft in Treysa. Die Ehe von Leo und Selma blieb kinderlos. Selma wurde 15.09.1942 von Frankfurt nach Theresienstadt deportiert und dort am 09.01.1943 ermordet.


(Rumpf-Lehmann, Barbara: Der Alte Jüdische Friedhof zu Marburg, S. 173; Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, Bestand STA 12, Nr. 541, Eintrag Nr. 175; http://www.steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=02437 und https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de933711, zuletzt abgerufen am 01.07.2022; Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abteilung 365, Nr. 792; Hessisches Staatsarchiv Marburg, Bestand 920, Nr. 7987, Eintrag Nr. 7; Erdmann, Axel: Die Marburger Juden, S. 97-100)

Indizes

Personen:

Munk, Selma, geborene Abraham · Abraham, Selma, verheiratete Munk · Munk, Schönchen, geborene Abraham · Abraham, Schönchen, verheiratete Munk · Munk, Eli, Dr. · Munk, Elias, Dr. · Munk, Jenny, geborene Hildesheimer · Hildesheimer, Jenny, verheiratete Munk · Jehuda, Sohn des Elijahu ha-Kohen · Elijahu ha-Kohen, Vater des Jehuda · Ettlinger, Jacob · Böckel, Otto · Abraham, Abraham · Abraham, Sprinz, geborene Strauss · Strauss, Sprinz, verheiratete Abraham

Orte:

Altona · Berlin · Halle · Marburg · Theresienstadt · Treysa

Sachbegriffe:

Kohanim · Provinzialrabbiner · Rabbiner · Hände (segnende Priesterhände) · Priesterhände, segnende · Doppelgräber · Herren · Lehrer · Meister · Doktoren · Philosophen · Religionsschulen · Volksschulen, jüdische · Kaufmänner · Schüler- und Lehrlingsheime · Rabbinerverbände · Rabbinerseminare · Literaturvereine, hebräische

Nachweise

Bearbeitung:

Dr. Barbara Rumpf-Lehmann 2015, Nathanja Hüttenmeister 2021, Andreas Schmidt (Wettenberg) 2022

Zitierweise
„Munk, Leo, Dr. (1917) – Marburg, Alter Jüdischer Friedhof“, in: Jüdische Grabstätten <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/juf/id/18066> (Stand: 3.8.2022)