Topografie des Nationalsozialismus in Hessen
Sandbach, Zwangsarbeits- u. Kriegsgefangenenlager, Veith-Gummiwerke AG
- Sandbach, Gemeinde Breuberg, Odenwaldkreis | Historisches Ortslexikon
- Klassifikation ↑
-
Kategorie:
Wirtschaft
-
Subkategorie:
- Nutzungsgeschichte ↑
-
Objektbeschreibung:
Das Lager bestand aus acht Baracken im Eingangsbereich der Veith-Werke an der Straße von Höchst nach Sandbach.
-
Beschreibung:
Im Sammellager waren sowohl weibliche wie männliche Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa sowie Kriegsgefangene untergebracht.
Das Lager bestand aus verschiedenen Baracken. In diesen lebten Zivilarbeiter und Kriegsgefangene getrennt voneinander. Die Gefangenen wurden weiter in „östliche“ und „westliche“ Inhaftierte unterteilt.
Die Veith-Gummiwerke brachten in mehreren Lagern Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die für sie arbeiten mussten, unter. Eines dieser Lager befand sich auf dem Gelände zwischen dem heutigen Hauptportal der Veith-Gummiwerke und der Höchst und Sandbach verbindenden Straße. Hier waren französische, holländische und belgische „Zivilarbeiterinnen“ und „Zivilarbeiter“ in drei Baracken untergebracht. In einer weiteren Baracke waren französische Kriegsgefangene untergebracht. Sowjetische Frauen und Männer waren in vier separaten Baracken untergebracht worden; sie hatten, gemäß der nationalsozialistischen Rassenlehre, unter besonders schlechten Lebens- und Versorgungsbedingungen zu leiden. Berichten zufolge mussten sie in Schichten arbeiten, die um das bis zu Anderthalbfache länger waren als die der deutschen oder „Westarbeiter“. Dadurch betrug ihre wöchentliche Arbeitszeit nicht 48 oder 56, sondern 72 Stunden. Bei Luftangriffen erhielten sie keinen Zugang zum Bunker.
Zwischen 1942 und 1944 sollen ca. 800 „Fremdarbeiter“ in den Veith-Werken eingesetzt worden sein.
Kranke „Ostarbeiter“ aus diesem Lager wurden nach Hadamar überstellt und dort getötet.
Die Firma Veith-Gummiwerke AG setzte in ihrem Werk in Höchst i. Odenwald am 1. April 1943 laut DAF-Liste 20 französische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter ein. Dazu mussten zeitgleich „Flamen“ (eine weibliche und 26 männliche Personen) sowie acht männliche „Wallonen“, zehn weitere männliche und fünf weibliche „Franzosen“, 52 männliche und 27 weibliche „Russen“ sowie 18 weibliche „Tataren“ als „Ostarbeiter“ Zwangsarbeit leisten. Am 21.9.1942 gab die DAF eine Stärke von 17 männlichen und 57 weiblichen „Ostarbeitern“ aus Russland an. Dazu kamen 36 französische Kriegsgefangene und 23 männliche Flamen sowie 7 männliche Wallonen.
-
Nutzungsanfang (früheste Erwähnung):
21.9.1942
-
Nutzungsende (späteste Erwähnung):
1944
-
Nutzung vor NS-Zeit:
Eingangsbereich eines Werkgeländes.
-
Nutzung nach NS-Zeit:
Das Barackenlager diente u.a als "Notunterkunft für Flüchtlinge bzw. Heimatvertriebene aus den ehemals deutschen Ostgebieten". Im Jahr 1990 lag dieser Standort in der Nähe des Hauptportals der gummiverarbeitenden Fabrik.
- Indizes ↑
-
Orte:
-
Sachbegriffe:
Stalag · Betrieb · Wirtschaft · Firmenlager · Zwangsarbeit
- Nachweise ↑
-
Literatur:
- Krause-Schmitt, Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945, Bd. 1, S. 245ff.
- Stapp, Zwangsarbeit in den Breuberger Gummiwerken, in: Dorn/Heuer (Hrsg.): „Ich war immer gut zu meiner Russin“, S. 105-118
- Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90 – Die Grünen betreffend Verfolgung und Vernichtung durch das NS-Regime in Hessen, Anlage III 3, S. 16
- Stapp, Verschleppt. Zwangsarbeiter im Breuberger Land, Auflage 1990, S. 27-29
-
Ungedruckte Quellen:
- HStAD N 1 (NSDAP) 7328
- Zitierweise ↑
- „Sandbach, Zwangsarbeits- u. Kriegsgefangenenlager, Veith-Gummiwerke AG“, in: Topographie des Nationalsozialismus in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/nstopo/id/1867> (Stand: 26.11.2022)