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Grabdenkmäler

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Louise Elisabeth, Landgräfin von Hessen-Homburg, geb. Herzogin von Kurland 1690, Homburg

Bad Homburg · Gem. Bad Homburg v. d. Höhe · Hochtaunuskreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Bad Homburg

Gebäude / Areal:

Weferlingen (Oebisfelde-Weferlingen, Lkr. Börde), Evangelische Kirche

Heutiger Aufbewahrungsort:

Bad Homburg, Schlosskirche, Fürstengruft

Angaben zum Aufbewahrungsort:

Aus der Ev. Kirche zu Weferlingen in Sachsen-Anhalt wurde er 1695 in die Homburger Fürstengruft verbracht und an der Ostwand der Gruft aufgestellt. Seit 1936/37 steht der Sarkophag links neben dem ersten Gewölbepfeiler auf einer Holzkonstruktion.

Merkmale

Datierung:

1690

Typ:

Sarkophag

Material:

Holz

Erhaltung:

erhalten

Größe:

68 x 78 x 218 cm (B x H x L)

Größe der Buchstaben:

(H) 3 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Sarkophag der Louise Elisabeth, Landgräfin von Hessen-Homburg, geb. Herzogin von Kurland.1) Großer, aufwendig gestalteter Prunksarkophag aus Holz, der ringsum mit getriebenen Kupferblechtafeln verschalt ist. Diese waren ehemals vergoldet und teilweise bunt bemalt; Schasse sah Inschriften „mit Oelfarbe auf Blechschilder gemalt und schon sehr unleserlich“. Auf dem reich verzierten Sarkophagdeckel sind Engelsfiguren erkennbar, die schildförmige Kartuschen tragen, deren Beschriftung jedoch vollständig erloschen ist. Auch auf beiden Längsseiten der Schale sind ovale Kartuschen befestigt, die einst Inschriften trugen, von denen nur noch Weniges lesbar ist. Oben auf dem Deckel stand die heute unleserliche Inschrift (A), von den Kartuschen der Schmalseiten sind nur noch links unten das Bibelzitat (H) und ein Rest des daneben stehenden Zitates (I) erkennbar.2) Auf den Längsseiten standen viele Bibelzitate, nämlich je zwei rechts oben (B, C), rechts unten (D, E), links oben (F, G) und links unten (H, I, Leserichtung vom Fußteil unten gezählt). Von allen ist nur (H) noch vollständig lesbar, und dort zeigt sich eine methodisch bedenkenswerte Spezialität der Homburger Sarkophage, bei denen fallweise, und zwar offenbar abhängig vom Rang der/des Toten oder der emotionalen Bindung der Überlebenden, Bibelzitate in üppige Gedichte umgewandelt wurden. Die umfangreichere Überlieferung bei Schasse gibt für (H) statt der vier Verse nur den schlichten Text der deutschen Bibel wieder, und zwar normalisiert nach der modernen Bibel. Somit könnten auch andere Bibelzitate entsprechend versifiziert gewesen sein, zumal die bereitstehenden Flächen größer sind als der für schlichte Zitate benötigte Platz. Für die Plätze (E) und (I) konnten Textteile gelesen werden, die in das Schema von (H) passen und daher die Hypothese umfangreicher Bibeldichtung untermauern. Man wird diese These auf alle von Schasse überlieferten Texte ausdehnen dürfen.

Die Grabinschrift (A) wird von Becker und Grosche unterschiedlich wiedergegeben, wobei Becker die zu seiner Zeit offenbar schon stark beeinträchtigte Inschrift autopsierte, Grosche hingegen das offenbar von unbekannter Hand mit Zusatzbemerkungen ergänzte Gruftverzeichnis von 1819/20 zitierte.3) Diese Version litt wie die Abschrift Beckers unter dem schlechten Zustand, enthält aber mehr Informationen etwa zum Alter der Verstorbenen und zur Zahl der Kinder, wie das sonst mehrfach vorkommt; daher wird man ihr den Vorzug geben dürfen – die Varianten Beckers sind durch eine vollständige Wiedergabe nachvollziehbar. Die Version bei Schasse ist stark auf Vitaldaten hin gekürzt und durch Unterschlagungen und Umstellungen entstellt. Stirn- und Fußseite des Sarkophags sind mit aufgenieteten Vollwappen verziert. Die Kupferblechtafeln sind verrottet mit weitgehendem Textverlust.


  1. Hamel, Namens-Verzeichniß Nr. 16, Liste der Bestatteten nach Hamel Nr. 17; VSSG Inv.-Nr. 4.7.1545. Das einst anhängende Schildchen Nr. 17 ist abgefallen. Am Sarkophag wurde die Identifizierung auf dem erneuerten Schildchen „Sophie Elisabeth“ in „Luise Elisabeth“ korrigiert.
  2. Da der Sarkophag sehr eng zwischen demjenigen Friedrichs II. und dem Gewölbepfeiler steht, konnten die übrigen Kartuschen nicht eingehend untersucht werden. Die grobe Sichtung ergab, dass die Oberflächen der Blechtafeln verloschene Umrisse von Inschriften aufweisen, die jedoch nicht mehr zu lesen sind; es zeichnen sich nur wenige und nicht Buchstaben zuzuordnende Erhebungen vom dickflüssigen Farbauftrag ab.
  3. Nach Becker: Hier ruht in Gott die weiland durchlauchtigste Fürstin und Frau Louyse Elisabeth, Landgräfin zu Hessen, Fürstin zu Hersfeld, Gräfin zu Catzenellnbogen Dietz Ziegenhain Nidda Schabenburg Isenburg und Budingen, gebohrner Prinzessin von Curland, ist gebohren zu Mitau am 12 May anno 1646 vermählt zu Kölln an der Spree den 23. October anno 1670 mit dem durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Friedrichen Landgrafen zu Hessen Fürsten zu Hersfeld Grafen zu Catzenellnbogen Dietz Ziegenhain Nidda Schabenburg Isenburg und Budingen selig entschlafen den 16. Dezember anno 1690 zu Wevelingen. – Gruftverzeichnis bei Grosche und alle Stammtafeln geben den 12. August als Geburtsdatum an – wie im Text der Inschrift zu lesen, so auch Schasse und ihm folgend Dölemeyer.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en)

Stand:

Adlige

Dargestellte Personen:

Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg nahm nach dem Tode seiner wesentlich älteren ersten Gemahlin Margareta Gräfin Brahe (Kat.-Nr. 333) 1670 die am 12. August 1646 zu Mitau (Lettland, Jelgava) als Tochter Herzog Jakobs von Kurland und der Louisa Charlotta Markgräfin von Brandenburg geborene Louise Elisabeth,12) eine Nichte des „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen, in Cölln (Teil des historischen Berlin) zur zweiten Ehefrau.13) Der Kurfürst selbst hatte diese Heiratsverbindung arrangiert. Für diese Ehe konvertierte Landgraf Friedrich II. zum reformierten Glauben, was ihm eine militärische Karriere im brandenburgischen Diensten (Prinz von Homburg) einbrachte. Außerdem öffnete er nach seiner Rückkehr nach Homburg dadurch sein Land für französische und oberitalienische Glaubensflüchtlinge, die sich in Friedrichsdorf und Dornholzhausen niederließen.

Louise Elisabeth, von Friedrich II. stets liebevoll „Dicke“ oder „Engelsdicke“ genannt, starb während ihrer letzten Schwangerschaft, „nachdem sie vier Wochen bettlägerig gewesen, an einem hitzigen Fieber“ am 16. Dezember 1690 morgens um elf Uhr.14) Die Leichname Louises und ihres Kindes (folgende Kat.-Nr.) wurden zunächst in der Pfarrkirche zu Weferlingen (Oebisfelde-Weferlingen, Lkr. Börde) bestattet und am 27. November 1695 in die neu errichtete Homburger Familiengruft überführt.15)


  1. Vgl. Europ. Stammtafeln NF I,2 Taf. 252; vgl. auch Wolf, Kurländische Erbschaft 10; Walsh, Engels Dicke 9. Zur Person vgl. auch Schoenborn, Herz und Verstand.
  2. Vgl. auch HStAD D 11, Nr. 7/1 zur Eheschließung.
  3. Walsh, Engels Dicke; zu ihrem Tod vgl. Knetsch, Haus Brabant 382 zu XXIII 7 Friedrich II., hier Anm. 30 mit Hinweis auf die entsprechende Notiz im KiBu der reformierten Gemeinde zu Homburg.
  4. Vgl. HStAD D 11, Nr. 7/3 zur Beisetzung in Homburg 1695; auch Einleitung Kap. 2.

Sonstiges:

Die Grabinschrift liefert den einzigen Beleg für einen Majestätsplural: Ihro hochfürstliche Durchlaucht sind geboren / haben … gezeuget …, sind … verstorben …; wahrscheinlich ist dieser Umstand nur auf Eigenarten der Abschrift zurückzuführen, denn eine zweite Überlieferung (Becker) kennt die Plurale nicht.

Inschrift

Umschrift:

A† Hierina) ruhet in Gott die durchlauchtigste Fürstin und Frau Louisab) Elisabe-

tha Landgräfin zu Hessen, geborne Herzogin zu Kurland, Fürstin zu Hirsch-

feld, Dietz, Ziegenhain, Nidda, Schaumburg und Büdingen.c) Ihro hochfürst-

liche Durchlaucht sind geboren zu Mietau in Curlandd) den 12ten Augustus

­MDCXLVI, vermählt zu Cölln a.d. Spree den 23ten October Anno MDCLXX

mit dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friedrich, Landgraf zu

Hessen, Fürst zu Hirschfeld, haben in solcher fürstlicher Ehe gezeuget 6 Prinzen

und 6 Prinzessinnen, sind aus dem Zeitlichen verstorben den 16ten Dezember

anno MDCLXXXX zu Weferlingen, dero Alters 44 Jahre 4 Monat 4 Tage. Gott

verleihe eine sanfte Ruhe und künftige fröhliche Auferstehung.

B† [Joh. 6.39. Das ist aber der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, daß ich nichts

verliere von allem, das er mir gegeben hat, sondern daß ich es aufwecke am

jüngsten Tage.]4)

C† [Joh. XVe) V(ERS) 2. Weil Christus für uns in seines Vates Hause die vielen

Wohnungen zur Freude zubereitet, so freu dich mein Seel, du wirst dort mit

Freuden aufgeleitet durch seiner Engel Schutz.]5)

D† [Hiob 19.25 Ich weiß, daß mein Erlöser lebt und er wird mich hernach aus der

Erde auferwecken.]6)

F PHIL. III.f) V(ERS) 20.7)

[– – –]seÿn übeln wandels

[– – –] den besten handels

[– – – heiland] der meinen leib verkläret

[– – –nacht] sei[n suchen] seÿ [b]escheret

F† [Joh 8 V(ERS) 12. Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolget, der wird nicht

wandeln in Finsterniß, sondern wird das Licht des Lebens haben.]8)

G† [Röm. 8. V(ERS) 32. Welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschonet,

sondern hat ihn für uns alle dahingegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles

schencken]?9)

H ROM. XIV. V(ERS) 7g) /

Ich leb Mihr selber nich Mihr selber auch nicht sterbe /

Dem Herren lebe ich und sterbe alsz sein Erbe /

Ich sterbe oder leb So ist der Herr mein Gott10) /

Das ende meines Ziels, der hilft mihr ausz der / noth

I 2 TIM. IV. V(ERS) 7h) 11) /

O schwerer Todes kampf wen ich an dich gedenke

Wie du zerbrochen hast gebeine und gelenke

So sch[au]de[r]t mir die haut [drumb kämpf ] glaube [re]/cht

Führ Christlich deinen lauf seÿ nicht der sünder kne/cht


  1. Variante bei Becker, vgl. bei Anm. 3, so auch Schasse.
  2. Schasse las falsch Sophia wie auf dem falschen Schildchen.
  3. Hier fehlen offenbar Katzenelnbogen und Isenburg, wie bei Becker, vgl. Anm. 3; außerdem dürfte die Reihenfolge anders lauten, indem die Titel der Landgrafen vor der Abstammung stehen wie bei Becker und Schasse angeben und auch so üblich.
  4. Geburtsort ergänzt nach Schasse, siehe ähnlich Becker. Bei Schasse fehlen wesentliche Teile von (A): Text ist reduziert auf Vitaldaten, es fehlen Titel, Ehemann, Kinder, Alter, Fürbitte, einige Teile sind umgestellt.
  5. So Schasse statt XIV.
  6. Falsch nach Schasse: 13 und folgend: Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilands Jesu Christi unsers Herrn.
  7. Nach Schasse hier: Denn unser keiner lebt ihm selber und keiner stirbt ihm selber.
  8. Nach Schasse hier: Ich habe einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten.
  1. Joh 6,39.
  2. Joh 14,2, stark paraphrasiert in tröstender Absicht, der Schutz der Engel nicht in dieser Bibelstelle. Es scheint hier wenigstens zum Teil der Text der Bibeldichtung aufgenommen zu sein.
  3. Ijob 19,25.
  4. Phil 3,20.
  5. Joh 8,12.
  6. Röm 8,32.
  7. Röm 14,7–8 in paraphrasierter Form, hier nicht nur in Versen, sondern auch vom Allgemeinen auf die Person der Verstorbenen bezogen.
  8. 2 Tim 4,7.

Kommentar:

Nach Gruftverzeichnis bei Grosche (A), nach Schasse (A tw., B–D, F–G).

Deutsche Reimverse (E, H, I, wohl alle ab B).

Nachweise

Literatur:

Wappen:

Kurland, (jüngeres) Herzogtum

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 399.

Zitierweise
„Louise Elisabeth, Landgräfin von Hessen-Homburg, geb. Herzogin von Kurland 1690, Homburg“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2559> (Stand: 20.3.2023)