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Georg Meisenbug 1597, Hessisch Lichtenau

Hessisch Lichtenau · Gem. Hessisch Lichtenau · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Hessisch Lichtenau

Gebäude / Areal:

Hessisch Lichtenau, Evangelische Stadtkirche

Angaben zum Standort:

1992 unter dem Chor entdeckt, jetzt im Turmsaal am nördlichen Teil der Westwand unten angebracht.

Heutiger Aufbewahrungsort:

Hessisch Lichtenau, Bauhof

Angaben zum Aufbewahrungsort:

1992-1999 auf dem Bauhof.

Merkmale

Datierung:

1597

Typ:

Grabplatte

Erhaltung:

teilweise erhalten

Größe:

52 x 90 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

Fragment I: (A) 5,5, (B) 3; Fragment II: 5,5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabplatte des Georg Meisenbug. Zwei Fragmente. Sie wurden zusammen mit einer zerbrochenen Grabplatte und drei weiteren Fragmenten 1992 unter dem Chor entdeckt und lagen zusammen mit ihnen 1999 auf dem Bauhof.1) Jetzt sind sie im Turmsaal am nördlichen Teil der Westwand unten angebracht.

Fragment I: Von der linken unteren Ecke stammend, aus gelblichem Sandstein. Am Rand umlaufend Teil von Inschrift A. In der Ecke ein erhaben gearbeitetes Wappen mit Beischrift (B) in erhabener Kartusche, diese rechteckig mit angesetzten Halbkreisen. Das Mittelfeld ist eingetieft und so gearbeitet, dass der Rand innen einen beschlagwerkähnlichen Umriss zeigt.

Worttrenner: Quadrangel.

Fragment II: Vom oberen Teil der linken Langseite stammend, rötlicher Sandstein. Am Rand Inschriftrest mit Angabe des Sterbealters. Das Mittelfeld ist eingetieft und so gearbeitet, dass der Rand innen einen beschlagwerkähnlichen Umriss zeigt.

Worttrenner: Quadrangel. Inschriften eingehauen.

Somit ergibt sich der edierte Inschrifttext, der auf Fragment I an der unteren Schmalseite kurz vor der linken Ecke beginnt, nach einer Lücke seine Fortsetzung auf Fragment II findet und fast bis an die obere Ecke der linken Langseite reicht. Gewichtige Argumente für die Zusammenfügung der Fragmente und ihre Identifizierung wurden eingangs des Kommentars angedeutet und mit Daten aus der Familiengeschichte unterfüttert. Zusätzliche, aber entscheidende Argumente dafür lassen sich aus formalen Beobachtungen erkennen, dass sich nämlich aus den beiden Fragmenten ein Text wie etwa [– – – EN]TSCHLAFEN DES MO[RGENS VM 7 VHR SEINE]S ALTERS 39 [IAHR] gewinnen ließe und dieser mit den Abmessungen der Fragmente vereinbar ist. Auch deuten die wenigen gemeinsamen Buchstaben A, E, L und S auf dieselbe Hand, da sowohl die Proportionen als auch die annähernd halbrunde, vor allem in Bögen nicht korrekt ausgehobene Kerbe sowie auch der rechtsschräge Abschluss der Balken- und Bogenenden und die lange Keilform der unteren Balken von E und L übereinstimmen.

Neben dem Fragment I hing zur Zeit der Autopsie ein Informationstext, der es Heinrich Meisenbug zuweist.


  1. s. Cornelius, Bildwerke 79. Nickel berichtet, dass man bei der Grabung sieben Bestattungen gefunden habe. Die Fragmente erwähnt er nicht. Man ist wohl erst später auf sie aufmerksam geworden.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Enthaltene Wappen:

Jeinsen2)


  1. Wappen Jeinsen (Radwinde), vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 9, Taf. 10.

Dargestellte Personen:

Da Georg Meisenbug im Alter von 39 Jahren in Lichtenau (folgende Kat.-Nr.) begraben wurde, stammt das Fragment I mit der Altersangabe höchstwahrscheinlich von seiner Grabplatte und ist auf das Jahr 1597 zu datieren.

Das Fragment II stimmt in der Dicke(!), dem Beschlagwerk und im Großen und Ganzen in den Schriftformen sowie der Buchstabengröße mit dem Fragment I überein, die Unterschiede sind minimal. Da es aber einen anderen Farbton aufweist, sind die Alternativen zu prüfen, und so muss man sich mit Überlegungen, wer denn unter dieser Grabplatte geruht haben könnte, auf schwankenden Boden begeben.

Das Wappen macht klar: Fragment II gehört zu einer Grabplatte, unter der ein Enkel einer Jeinsen beerdigt wurde, die mit einem Meisenbug verheiratet war. Deren Kinder sind bekannt, und so können die meisten ihrer Enkel namhaft gemacht werden, auch wenn eine Stammtafel Meisenbug bisher nicht veröffentlicht ist.

Aus der Ehe zwischen Johann Meisenbug und Magdalena von Jeinsen gibt es die vier Söhne Johann, Leo, Jost und Kurt.3) Der erste, Johann LadW (Landvogt an der Werra), war mit Dorothea von Schachten verheiratet; ihre Söhne sind Johann, Georg I. (s. Kat.-Nr. 100 Anm. 20) und Wilhelm. Daneben gab es die Tochter Margarethe, die bis zum Jahr 1597 nicht verheiratet war und noch 1611 als „Ehrntugentreiche Jungfraw“ bezeichnet wird.

Zum zweiten Sohn Leo, der eine Gladebeck geehelicht hatte, nennt Weltzien nur einen Sohn Heinrich,4) RvButtlar erwähnt im Nachlass noch Arndt und Philipp.

Vom dritten Sohn Jost, verheiratet mit einer Hörde, lassen sich acht Kinder anführen, eine Tochter Margarethe5), eine Tochter Dorothea6) und sechs weitere7); Kurt, der vierte Sohn, war mit Margarethe von der Malsburg verheiratet8), auch sie hatten Kinder.9)

Von den Enkeln der Jeinsen ist bekannt, dass nach Georg I. auch dessen Bruder Johann, Sohn Johanns LadW, in Retterode starb und in Lichtenau begraben wurde.10) Dasselbe wird man von seiner Schwester Margarethe annehmen müssen. Was ist nun mit dem dritten Bruder Wilhelm? RvButtlar kennt von diesem Wilhelm nur den Namen, er hat nichts zu ihm notiert. Doch nach Weltzien war er mit Anna von Griffte verheiratet.

Tatsache ist: 1. In keiner der beiden Leichenpredigten auf seine Brüder wird er erwähnt. 2. Es fehlt an Anhaltspunkten, dass es die vermeintliche Ehe dieses Wilhelm, Sohn Johanns, mit Anna von Griffte gegeben hat. Nach RvButtlar hat Wilhelm, Sohn Josts, erst Anna von Griffte geheiratet; ihre Vermählung, so liest man, hat 1593 Dienstag nach Ostern zu Züschen stattgefunden. Nach Annas Tod – sie starb am 8. 9. 1602 – hat Wilhelm dann im Jahre 1604 Margarethe von Dörnberg geehelicht. Für diese zwei Ehen Wilhelms, Sohn Josts, spricht auch der folgende Sachverhalt:

Wilhelm und Anna von Grifte hatten im Jahr 1600 eine Tochter Anna Dorothea bekommen,11) die später mit Melchior Hartmann von Harstall verheiratet war.12) Ihre Hinterlassenschaft betreffend ist Folgendes aktenkundig:13) „Georg Philipp von Meisenbug, waldeck. Drost, Gabriel von der Malsburg und Sigmund von Lelief und Anna Margaretha von Hummelshausen geb. von Meisenbug, alle Erben von Grifte, verkaufen dem Heinrich Leo, braunschw. Kapitäns-Lieutenant, verschiedene Griftische Güter, welche sie von Anna Dorothea von Harstall, geb. von Meisenbug ererbt haben, für 100 Reichsthaler. 1668-08-12.“ In diesem Text sind die als Verkäufer genannten Personen aufschlussreich: Anna Margaretha (*14. 10. 1614)14) ist eine Tochter Wilhelms, Sohn Josts, aus der Ehe mit Margarethe von Dörnberg. Aus dieser Ehe stammen auch Anna Elisabeth, die dritte Ehefrau des Georg Philipp von Meisenbug, Catharina, die Ehefrau des Sigmund von Lelief, und Anna (†6. 12. 1648),15) die Ehefrau Gabriels von der Malsburg. Wenn die vier Frauen Anna Dorotheas Halbschwestern waren, versteht man, dass sie sie beerbten; wenn aber Anna Dorothea einen andern Vater hatte, nämlich Wilhelm, Sohn Johanns, dann müsste man an ein Spiel des Zufalls glauben.

Die vorgetragenen Überlegungen legen den Schluss nahe, dass Wilhelm, Sohn des Johann LadW, bald nach 1586, dem Jahr der Klageerhebung der drei Brüder, verstorben ist. Den Beweis dafür liefern zwei Belehnungsurkunden aus den Jahren 1588 und 1593: Die erste nennt drei Söhne des Johann LadW, die zweite nur Johann und Georg, nicht aber Wilhelm.16) Sein Fehlen zeigt also an, dass er zwischen 1588 und 1593 verstorben ist. Man wird sogar die Belehnung von 1593 als Reaktion auf Wilhelms Tod werten können. Dann ist es aber, wenn auch nicht auszuschließen, zumindest nicht wahrscheinlich, dass sein Leben in Retterode endete. Denn Retterode ist ja erst nach Leos Tod, also nach 1593, an Johann, Bruder Wilhelms, übergegangen. Daher liegt es nicht nahe, das zweite Fragment als ein Bruchstück von Wilhelms Grabplatte anzusprechen. Eher empfiehlt es sich, den nur geringfügigen Farbunterschied17) zu vernachlässigen und auch dieses Fragment Georgs Grabplatte zuzuweisen.18)


  1. s. Kat.-Nr. 100.
  2. Ein Sohn Johann wurde Leo irrtümlich beigelegt, s. Kat.-Nr. 141 Anm. 16 und Kat.-Nr. 274.
  3. HStAD, A12, 86, s. Kat.-Nr. 100.
  4. Stammbuch, Berlepsch III.
  5. HStAM, 140, 61 (zitiert nach Arcinsys): „Johann, Leo, Konrad und Jost, Gebrüder Meisenbug, dann für +Jost als Vormünder für dessen Kinder Wilhelm, Johann, Otto, Anna, Katharina und Elisabeth: Johann und Leo Meisenbug, Kurt von der Hörde und Hans Christoph von Berlepsch (Kläger) gegen Grafen Josias und Wolrad II. von Waldeck (Beklagte). 1575–1656.“ Margarethe und Dorothea fehlen, vermutlich weil sie schon verehelicht waren. – Jost starb vor 1582, s. Landesarchiv NRW Abt. Westfalen A 030 Reichskammergericht J 275: „Jude Manasse zum Goldenen Löwen, Frankfurt/Main, Kl. gegen Joh. Meisenbug und Hans Christoph v. Berlepsch, als Vormünder der Kinder des + Jost Meisenbug zu Züschen, Bekl. Rückgabe eines auf der Frankfurter Herbstmesse 1568 ausgestellten Schuldscheines über 3000 fl. nach angeblich geleisteter Zahlung. RKG 1582.“ So hat Jost auch nicht mehr im Jahr 1583 wie die drei Brüder den Pfarrer Becker in dessen Prozess unterstützt, s. Hütteroth 13.
  6. HStAM, 255, M 45 „Margarethe von der Malsburg, Witwe des Curd Meisenbug, Ehefrau des Johann von Hundelshausen, Dorothea geb. von der Malsburg nachgelassene Söhne gegen Hessisches Hofgericht, Marburg, Hermann Gottschalck und Hermann von der Malsburg, Kassel, Schloß Laar, für sich selbst und als Kuratoren ihrer unmündigen Brüder Christoff und Otto Wilhelm Laufzeit 1592–1606 2. RKG 1592–1605 (-1606)“ und HStAM, 255, H 193 I, II: „Hermann von Hundelshausen für sich und seine Konsorten: +Curdt Meisenbug, deren Ehefrauen +Dorothee von Hundelshausen, Margarethe Meisenbug, beide geb. von der Malsburg, Züschen, gegen Hessisches Hofgericht, Marburg, sämtliche von der Malsburg, benannt: +Christoph, +Otto und Eckbrecht von der Malsburg, dann Hermann Gottschalk und Hermann von der Malsburg. Für Kl. Dr. Marsilius Bergner 1595 1604, Dr. Georg Amandus Wolff 1604 (1595–1605)“ (beide Zitate nach Arcinsys).
  7. Weltzien verzeichnet einen Sohn Hans und eine Tochter Agnes, die am 7. Juni 1587 starb, s. Niederquell, Grabdenkmäler 232.
  8. s. Kat.-Nrr. 100 und 274.
  9. Geburtsjahr nach RvButtlar, Nachlass.
  10. HStAM, Urk. 113, 165 „Eheberedung zwischen Melchior Hartmann von Harstall, Sohn des + Hess. Rats und Landvogts zu Eschwege an der Werra Hans Ludwig von Harstall und seiner Frau Margaretha Christina geb. von Leerbach, einerseits und Anna Dorothea Meisenbug, Tochter des Wilhelm Meisenbug und der + Anna geb. von Griffte. 1625-03-31.“ (zitiert nach Arcinsys).
  11. HStAM, Urk. 49, 3107, ehemals nach HADIS, unter Arcinsys nicht erreicht bis zum 14. April 2016.
  12. Geburtsdatum nach Weltzien, zu den weiteren Angaben s. RvButtlar.
  13. Sterbetag s. Stammbuch, Malsburg II.
  14. Als 1588 nach dem Tod des Johann LadW (†1587) ein waldeckisches Lehen erneuert wurde, erschienen seine drei Söhne in der Urkunde, s. HStAM Urk. 85 Nr. 6418: „Leo, Wilhelm, Johann, Georg, Wilhelm und Hans Meisenbug stellen Graf Franz von Waldeck, der sie mit Hayn, Hegerberg und Mittelbusch belehnt hat, den Revers aus. 1588 Nov 31(!)“ Als Landgraf Moritz 1593 eine Belehnung erneuert, erscheinen dieselben Personen, nur Wilhelm, Sohn Johanns LadW, fehlt, s. HStAM, Urk. 113, 109: „Landgraf Moritz zu Hessen belehnt Leon, + Johanns Sohn, Wilhelm den Älteren, + Wilhelms Sohn, Johann und George, + Johanns Söhne, Wilhelm den Jüngeren, + Joists Sohn, und Hans, + Curts Sohn, alle Meysenbug, nach Kaufungischem Lehnrechts mit dem Zehnten vor und im Dorfe zu Uschlacht, groß und klein, einem freien Hofe und dazu 5 Kötersessen und -stätten daselbst, und mit dem Kindenholze und der Länderei am Mohlenberge (vormals Lehen des Hauses Kaufungen).“ Hinzugekommen ist Wilhelm der Jüngere, Josts Sohn, der 1588 noch minderjährig war, s. HStAM, 140, 61: „Johann, Leo, Konrad und Jost, Gebrüder Meisenbug, dann für +Jost als Vormünder für dessen Kinder Wilhelm, Johann, Otto, Anna, Katharina und Elisabeth: Johann und Leo Meisenbug, Kurt von der Hörde und Hans Christoph von Berlepsch (Kläger) gegen Grafen Josias und Wolrad II. von Waldeck (Beklagte) Laufzeit 1575–1588, 1656“. Vgl. auch HStAM, Urk. 113, 110 „Landgraf Moritz zu Hessen belehnt Leon, Wilhelm den Älteren, Johann und George, Wilhelm den Jüngeren, Hans, alle Meysenbug, mit ausführlich bezeichneten Burg- und Mannlehen in Immenhausen, Felsberg, Lichtenau, Retterode, Hülspach, Melsungen, Niedervorschütz, Cappel, Reichensachsen, Vierbach, Velmede, Weidelbach, Oberndorf, Crumbach, Hilgershausen, Weidenhausen, Rieden, Wedervoltshausen, Friedewald, Herff, Boine, Weißmarsfeld, Rotenburg und Cassel.“ (alle Zitate nach Arcinsys).
  15. Dieser Farbunterschied kann aus natürlich schwankender Zusammensetzung des Sandsteins, aber auch aus Verfärbungen je nach Einlagerung erklärt werden; diese müsste man durch eine Bohrprobe ausschließen.
  16. s. Kat.-Nr. 100.

Sonstiges:

Fragment I: Höhe 42, Breite 32, Buchstabengröße 5,5 (A), 3 cm (B); Fragment II: Höhe 48, Breite 15–25, Buchstabengröße 5,5 cm

Inschrift

Umschrift:

[– – –/– – –/– – –]T·SCH⌣LA⌣FENa) / · DES · MOb) [– – –]Sc) · ALTERS · 39 ·

[IAHR]

B IENSE[N]d)


  1. Ergänzbar zu: [EN]T. Erhalten ist die rechte Hälfte des T-Balkens.
  2. Ergänze zu: MO[RGENS], die nachfolgende Angabe der Stunde verloren.
  3. Ergänze zu: [SEINE]S.
  4. Sichtbar noch der Schaft und drei Balkenansätze des E.

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Wappen:

Jeinsen

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 99.

Zitierweise
„Georg Meisenbug 1597, Hessisch Lichtenau“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2327> (Stand: 20.3.2023)