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Grabdenkmäler

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Johannes Speck, Johannes Brill 1679(?), 1753, Kammerbach

Kammerbach · Gem. Bad Sooden-Allendorf · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Kammerbach

Gebäude / Areal:

Bad Sooden-Allendorf-Kammerbach, Friedhof

Angaben zum Standort:

Aufgestellt beim Eingangstor oberhalb des Weges, in der Reihe der sieben alten Grabsteine der siebente von Westen.1)


  1. Zum früheren Platz der Grabsteine s. Kat.-Nr. 217.
Merkmale

Datierung:

1679(?), 1753

Typ:

Grabstein

Erhaltung:

erhalten

Größe:

59 x 120 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(B, C) 2,7, (A) 2,5, (D) 3 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabstein, ursprünglich für Johannes Speck, dann wiederverwendet für Johannes Brill. Hochrechteckiger Stein auf niedrigem Sockel, mit zweifach abgerundetem Kopf und Mittelaufsatz. Darstellung und Inschriften auf beiden Seiten des Steines. Auf der Westseite: Im Kopffeld Ehepaar mit sechs Kindern, drei Söhne und drei Töchter. Das Mittelfeld gerahmt von Pseudopilastern mit Kapitellen, oben und unten Abschlussgesims, im vertieften Feld Blütengirlande. Im Sockelfeld, eingefasst von Voluten, wird die Inschrift B des Mittelfeldes fortgesetzt. Auf der Ostseite ist im oberen Feld Rankenwerk(?), vermutlich Reste von Engelskopf und Flügeln, darunter Inschrift A eingehauen. Das Mittelfeld mit schlichtem, rechteckigem Rahmen, darin wird Inschrift B in fünf Zeilen fortgesetzt; es schließt sich Inschrift C an, der Leichtext, dem sonst eine eigene Steinseite vorbehalten blieb. Am rechten Rand nicht mehr deutbare Buchstabenreste, offenbar Überbleibsel einer früheren Inschrift, die den Text zur Bibelstellenangabe der Inschrift A bot. Außerhalb des Mittelfeldes am Fuß des Steines Inschrift D eingehauen.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Dargestellte Personen:

Der Grabstein stammt nach Aussage der Inschrift D von einem Johannes Speck und muss daher als die Umarbeitung von dessen Grabstein gelten; auf der Rückseite des Steines ist die Bibelstellenangabe noch ganz, der zugehörige Leichtext (A) nur noch mit den Buchstaben G und D auf dem rechten Rand des eingetieften Mittelfeldes vorzufinden. Diese beiden Buchstaben sind in Kapitalis geschrieben, was darauf hindeutet, dass die Schrift ganz oder überwiegend so ausgeführt war, wie z. B. auf dem Grabstein der Martha Brill von 1686 (Kat.Nr. 223). Die Inschriften B, C und D wurden also erst bei der Wiederverwendung des Steines angebracht. Maßgebend für die Datierung des Steines ist also das Sterbejahr des Johannes Speck.

Da über ihn keine weiteren Informationen auf dem Stein zu finden sind, muss man auf dessen Erscheinungsbild und auf die Schriftreste, ggf. auch auf andere Quellen zurückgreifen. Wenn die Rückseite mit dem Leichtext des Johannes Speck belegt war, muss sein Grabtext auf der Vorderseite gestanden haben. Der Zwang, die alte Beschriftung von der Vorderseite zu entfernen und durch einen neuen Text zu ersetzen, führte dort mindestens zur Abarbeitung der Schrift tragenden Steinschicht und hat sich möglicherweise auch auf andere Bereiche ausgewirkt, ggf. auch auf die Familiendarstellung im Kopfteil. Die Grundgestalt des Kopfteils – zweifach abgerundet mit Mitteleinsatz und von Voluten flankiert – sowie sein Schmuck auf der Rückseite – Ritzzeichnung und der Beginn der Inschrift A – sind jedoch geblieben, und so erkennt man in dem Stein des Johannes Speck einen seit Ende der 1670er Jahre in der Region belegten Grabsteintyp. Die das Schriftfeld flankierenden flachen Pilaster mit Volutenkapitellen (Pseudopilaster) und die den Sockel rahmenden schneckenartigen Voluten4) unterscheiden ihn deutlich von einem zeitgenössischen und durchaus verwandten Typ mit Halbsäulen und lassen ihn für eine Umarbeitung gut geeignet erscheinen, wie auch ein Stein aus dem Jahr 1682 (Kat.-Nr. 217) zeigt, der 1721 umgearbeitet wurde. Diesem Stein ist der des Johannes Speck sehr eng verwandt, und enge Beziehungen bestehen zum Stein Pressler von 1677 in Hundelshausen (Kat.-Nr. 207). Daraus ergibt sich ein Datierungskorridor von Mitte der 1670er Jahre bis maximal Ende der 1680er. In diesem Zeit raum kennt man in Kammerbach als Todesjahr eines „Hans“ Speck das Jahr 1679,5) dem der Originalstein mit großer Wahrscheinlichkeit zuzuweisen ist.

Sein neues Aussehen bekam der Stein anlässlich der Zweitverwendung, doch ist das Sterbejahr nicht angegeben. Es wäre wohl auch nicht zu ermitteln gewesen, hätten nicht die Kirchenbücher für die schwer lesbaren Familiennamen und Zahlen die zum paläographischen Befund passenden Lösungen geliefert.6) Laut Inschrift hatte der Verstorbene den Vornamen Johannes und war mit Catharina Kräger verheiratet; die Ehe dauerte 35 Jahre, und er erreichte ein Alter von 59 Jahren 4 Monaten und 3 Tagen. Das trifft zu auf das Ehepaar Catharina Kräger und Johannes Brill: Johannes wurde 1693 geboren,7) (Tag und Monat im Kirchenbuch weichen von der Inschrift ab) und die Ehe 1718 geschlossen. Wenn dann die Ehe 35 Jahre dauerte, endete sie 1753, als Johannes Brill rund 60 Jahre alt war. Wann genau Johannes Brill starb, war dem Kirchenbuch nicht zu entnehmen, da in den Jahren 1740 bis 1766 die Einträge unterblieben sind. Demnach wurde der neugestaltete Grabstein im Jahre 1753 für Johannes Brill gesetzt. Im Übrigen war Johannes Brill ein Sohn des Augustin Brill und der Anna Speck.8) So nimmt es nicht wunder, wenn die Familie Brill über den Grabstein des Johannes Speck verfügen konnte. Unter der Voraussetzung, dass mit Claus Brill Grebe stets dieselbe Person gemeint ist, war Johannes Brill ein Enkel des Claus Brill und der Martha Luckhardt (Kat.-Nr. 223).9)


  1. Zur Differenzierung und Entwicklung der beiden Grabsteintypen s. Einleitung Kap. 4.1.2.
  2. Das Kirchenbuch verzeichnet im Jahr 1679 die Bestattung eines Hans Speck unter dem 11. Februar.
  3. Namensvarianten zu Brill sind Prill, Pril, Priel, Prell und Preel. Die alten KBB (vor 1800) lagern in Kassel, Mikrofilme in Eschwege. Auf dem zuständigen Pfarramt liegt ein äußerst nützliches „Register der Kirchenbücher Orferode und Kammerbach“. Im Register für das KB von 1650 bis 1740 findet man den Abschnitt Trauungen Kammerbach nach Frauen, darin einen Unterabschnitt mit allen Frauennamen mit K, samt Ehemann und Jahr der Trauung, also z. B. Kräger Catharina ∞ Brill Johannes 1718. Der Abschnitt Taufen Kammerbach B/P enthält alle Brill/Prill mit dem Jahr ihrer Taufe, darunter Johannes 1693. Der passt, Geburtsjahr +Alter 60 = Heiratsjahr+Ehedauer 35.
  4. s. KB Orferode/Kammerbach: „(Anno 1693) den 11ten Aug. Augustin Brill einen Sohn getauft, dessen Pate ist Johannes Claus Brill greben Sohn.“ Der Vater dieses Augustin Brill war wohl Augustin Brill, Bruder des Greben Claus Brill.
  5. s. KB unter dem Jahr 1691.
  6. Augustin Brill war ein Bruder des Greben Claus Brill, wie aus einem Taufeintrag von 1684 hervorgeht. Ein weiterer Bruder war Johannes, s. KB: „Claus Brill gräben einen Sohn getauft, dessen Pate ist sein Bruder Johannes: den 10ten Septembris (anno 1676)“ Sie hatten zu Schwestern Orthia und vielleicht Martha und Elisabeth.
Inschrift

Umschrift:

A LEICHTEXT ES(AIAE) [CAP(ITEL)] 3[8] V(ERS) 12 · 132)

[– – –]Ga)

[– – –]D

B Auff Hoffnung / einer fröligen / aufferstehung ruhet / alhier der ehrsame / Jo-

hannes Brill · ist / Gebohren de(n) 12t(en) (octo)br(is)b) / 16[93] · da er nun

man/bahr worden hat er / sich mit Catharina / Kräger Vereheligtc) u(nd) / in

35jähriger ehe / erzeuget 4 söhne · u(nd) · [3]d)/ töchter woVonc) · 1 · sohn /

Vorc) den eltern gestorbene) // er war · 3 · Jahr der / Gemeinde schultheÿsz /

u(nd) ·5 · Jahr KirchenSenior :f) // dieweil aber alles Ver=/enderlichc) ist so ist

er auchg) / im glauben gestorben / nach deme er alt wordeng) / 59 · Jahr · 4 ·

mohnath) · 3 · tag /

C LEICHTEXT:i) / ESAIA⌣E · CAP(ITEL) · 57 · V(ERS)j) · 1 · 2 · / den die ge-

rechten wer=/den weggerafft fur dem / ungluck · und die richtig / fur sich ge-

wandelt habeng) / Kommen Zum frieden / und ruhen in ihren / Kammern3) ·i)

D Dieser stein Kombt her / Vonc) Johannes Speckc) ·


  1. Von diesem ehemaligen Text sind auf dem rechten Rand nur noch die Buchstaben G und mehrere Zeilen weiter unten D vorhanden. In Vers 12 steht das Wort „Tag“, Vers 13 endet auf „abend“(!).
  2. Befund: 8br.
  3. Versalien in Kapitalis, meist in verminderter Größe.
  4. Nicht ergänzbar nach der bildlichen Darstellung, die offenbar noch von der Konzeption des Vorgängersteins stammt; dieser Teil des Steines ließ sich kaum verändern bzw. anpassen; sicher ist das nicht.
  5. e auf dem Profilstab, n auf dem Pilaster.
  6. Doppelpunkt als Sinntrenner; der Text wird auf der anderen Seite des Steines fortgesetzt.
  7. Letzter Buchstabe auf dem ersten inneren Profil.
  8. Sic!
  9. Zeile zentriert.
  10. Gekürzt mittels Rechtsschrägstrich durch linken Schrägschaft.
  1. Jes 38,12–13 („Meine Zeit ist dahin . . .“).
  2. Jes 57,2.

Schrift:

Fraktur mit Kapitalis (B-D), Kapitalis (A)

Nachweise

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 212.

Zitierweise
„Johannes Speck, Johannes Brill 1679(?), 1753, Kammerbach“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2369> (Stand: 20.3.2023)