Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Topografie des Nationalsozialismus in Hessen

Übersichtskarte Hessen

Oberursel (Taunus), Gemeinschaftslager für Zwangsarbeiter

Oberursel (Taunus), Gemeinde Oberursel (Taunus), Hochtaunuskreis
Bereich Nidda-, Schellbach-, Usa- und Dillstraße – In der NS-Zeit: Wiesengelände in der Flur 93, an der Hohemarkstraße
Klassifikation | Nutzungsgeschichte | Indizes | Nachweise | Abbildungen | Zitierweise
Klassifikation

Kategorie:

Wirtschaft

Subkategorie:

Zwangsarbeit 

Nutzungsgeschichte

Objektbeschreibung:

Zwischen 1941 und 1943 wurden auf dem damaligen Wiesengelände fünf Unterkunftstbaracken, eine Sanitätsbaracke, eine Wirtschaftsbaracke, zwei Wasch- und Closettbaracken, eine (wohl gesonderte) Closettbaracke, eine Wachtbaracke, ein Vorratskeller sowie ein Kokslager errichtet. Vermutlich gab es noch zwei weitere Baracken, die direkt auf dem angrenzenden Werksgelände der Klöckner-Humboldt-Deutz AG errichtet worden waren. Das Lager war unterteilt in einen Bereich für zivile Zwangsarbeiter sowie einen Bereich für Kriegsgefangene. Die Bereiche waren durch einen drei Meter hohen Bretterzaun voneinander getrennt. Das Lager verfügte über einen Sanitäter.Die Baracken des Lagers waren unterschiedlich groß; so umfasste ein größerer Typ der Unterkünfte 42,5 Meter in der Länge und 12,5 Meter in der Breite sowie 4,1 Meter Höhe. In solchen Baracken war die Belegung von zwei bis vier Aufsichtspersonen und 120 nichtdeutschen Arbeitern, wobei diese in jeweils zwölf Mann pro Stube aufgeteilt wurden.

Beschreibung:

Die Klöckner-Humboldt-Deutz AG beschäftigte Zwangsarbeiter. Diese waren in einem Gemeinschaftslager, unweit des Firmenwerkes in einem neuerrichteten Lager untergebracht. Neben zivilen Zwangsarbeitern wurden hier auch Kriegsgefangene in drei Baracken untergebracht. Das „Lager“ für die Kriegsgefangenen gliederte sich in eine Unterkunftsbaracke für 96 Personen, je zwei Dolmetscher, Polizeibeamte, Schreiber und zwei Mann Reserve, eine Wasch- und Closetbaracke sowie eine Wachtbaracke. Umgeben war das Lager von einem Stacheldraht- sowie einem Warndrahtzaun. Folgende Nationalitäten waren in dem Lager im September 1942 untergebracht: 25 Holländer, 70 Kroaten, 11 Tschechen, 29 Ukrainer und 38 „Ostländer“, das heißt aus der Sowjetunion. Am 1. 1943 waren im Lager 14 „Inländer“, 27 Holländer, 57 Franzosen, fünf Tschechen (Protektoratsangehörige), 29 Kroaten, 19 Ukrainer (aus dem deutsch verwalteten Gebiet), 52 Ukrainer (aus dem altsowjetischen Gebiet) und ein Belgier untergebracht. Ende Juni 1942 waren 145 Zwangsarbeiter direkt bei Klöckner-Humboldt beschäftigt. Im März/April 1943 war das Lager das größte Zwangsarbeiterlager im damaligen Obertaunuskreis. Auch aus diesem Lager wurden einige der Zwangsarbeiter wegen „Bummelei“ oder Fluchtversuchen in Arbeitserziehungslager geschickt.

Nutzungsanfang (früheste Erwähnung):

1942

Nutzungsende (späteste Erwähnung):

1945

Nutzung vor NS-Zeit:

Bis 1942 war das Areal ein Wiesengelände.

Nutzung nach NS-Zeit:

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Lager unter der Bezeichnung L.S.C. 1190 von den US-Truppen als Lager für deutsche Kriegsgefangene genutzt. Es bestand aus Wohn- Küchen- und Sanitätsbaracken, sowie Abort- und Wachtbaracken. Die dort Inhaftierten, die vom US-Militär bewacht wurden, demontierten die Anlagen der Firma Klöckner-Humboldt AG, da diese als Reparationsleistungen ins Ausland geschickt wurden. Im Februar 1946 wurden alle Kriegsgefangenen entlassen. Erst jetzt durften sie Kontakt zu ihren Familien aufnehmen. Die weitere Nutzung der Baracken bis Ende der 50er Jahre ist bislang unklar; zu dieser Zeit begann der Abbruch des Lagers und das ehemalige Lager wurde nach und nach in ein Wohngebiet umgewandelt.

Indizes

Orte:

Oberursel (Taunus)

Sachbegriffe:

Stalag · Firmen · Wirtschaft · Gemeinschaftslager · Zwangsarbeit

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Oberursel (Taunus), Gemeinschaftslager für Zwangsarbeiter“, in: Topographie des Nationalsozialismus in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/nstopo/id/1417> (Stand: 18.8.2021)