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Grabdenkmäler

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Johann Heinrich Florus (Blum) 1628, Massenheim

Massenheim · Gem. Hochheim am Main · Main-Taunus-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Massenheim

Gebäude / Areal:

Massenheim (Hochheim), Evangelische Kirche

Angaben zum Standort:

Befand sich ursprünglich in der Kirche im Mittelgang vor dem Altar unmittelbar über der Grabstelle; der untere Teil lag unter dem Taufstein verborgen; diese Situation zeigt schon ein Foto von 1895.1)


  1. Vgl. 1100 Jahre Kirche Massenheim 245.

Angaben zum Aufbewahrungsort:

Als der Taufstein 1966 entfernt wurde, kam auch die bislang durch einen Teppich verdeckte Grabplatte zutage; sie wurde bei der jüngsten Renovierung2) der Kirche im Jahre 2000/01 restauriert und dann an ihren heutigen Standort unter der Empore an der Nordwand verbracht.


  1. Der Innenraum der Kirche war zuvor 1839, 1904 und 1951 renoviert worden, vgl. Oestreich-Janzen, Massenheim Kirchenrenovierung 6.
Merkmale

Datierung:

1628 (?)

Typ:

Grabplatte

Material:

roter Sandstein

Erhaltung:

teilweise erhalten

Größe:

86 x 123 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

4-5 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Fragment der Grabplatte für den Pfarrer Johann Heinrich Florus (Blum). Platte aus rotem Sandstein. Aus einer heute vollkommen glatten Randleiste erhebt sich ein Feld mit unten neuerdings stark überarbeiteter Inschrift. Knapp über der Mitte des Feldes ist neu ein Rundmedaillon mit einem sauber herausgearbeiteten Kelch eingetieft, über dem sich das erhabene, jedoch völlig abgetretene Wappen des Verstorbenen befindet.

Die erneuerte Inschrift ergänzt und verbessert nach Resten und Formulargewohnheiten, hier ohne Kennzeichnung des heute sichtbaren Textes; in eckigen Klammern stehen die heute nicht mehr nach alten Schriftresten verifizierbare Passagen, weil sie entweder gänzlich verschwunden oder von dem erneuerten Text überdeckt sind. Ein altes Foto vor der Hebung (von Sigrid Oestreich-Janzen, 2000, überlassen) lässt einige rekonstruierte Passagen erahnen, ohne dass man daraus eine höhere Genauigkeit des Buchstabenbestandes erlangen könnte.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en)

Stand:

geistliche Personen

Dargestellte Personen:

Der ältere Zweig der Familie Blum war angeblich in Schlitz in Oberhessen ansässig, wo sie 1486 erstmalig nachzuweisen ist.3) Als Student der Theologie in Marburg, woher er laut Immatrikulation von 1563 auch stammte,4) latinisierte der um 1550 geborene Johann Heinrich Blum seinen Nachnamen zunächst zu „Flos“ und führte ihn so und in der Form „Florus“ bis zu seinem Tode. 1570 war er Schullehrer in Offenbach am Main, 1572–82 desgleichen zu Assenheim und 1583 Pfarrer in Okarben; angeblich seit 1597 soll er als Pfarrer in Massenheim tätig gewesen sein,5) wohl nur eine Rechnung aus dem Text des Grabsteins, denn man weiß noch von seiner Pfarrtätigkeit 1584 in Wallau und ab 1588 in Massenheim, bis er 1624 blind und krank in den Ruhestand geschickt wurde.6) In Massenheim verfasste er zum Schmuck des neu gebauten Pfarrhauses eine lange Inschrift (Kat.-Nr. 160).

Nach seinem krankheitsbedingten Rückzug von den Pfarrgeschäften in Massenheim hielt sich Heinrich Florus (Blum) bei seinem Sohn Christoph 1624 und noch (?) 1625 in Eppstein auf, wo er angeblich im Jahr 1625, so gegen die Lesung des Steins, verstorben sein soll.7) Aus seiner Ehe mit einer Elisabeth stammte der Sohn Georg, der 1645 Pfarrer im Thal bei Weißenborn war; der Sohn Christoph war Hauptmann in schwedischen (und später in hessischen) Diensten und stiftete nach 1630 den Taufstein in Massenheim (Kat.-Nr. 244) und einen weiteren Taufstein, der sich heute in der katholischen Pfarrkirche zu Eddersheim befindet (Kat.-Nr. 243). Diehl nannte einen Johann Jakob Florus, Sohn des Schulmeisters Heinrich Florus, der als Nachfolger des resignierten Pfarrers von 1625–35 in Massenheim amtiert haben soll.8) Da die Epitheta nur auf Christoph zutreffen und dieser offenbar in enger Verbindung zum Vater stand und für dessen ehemalige Gemeinde einen Taufstein stiftete, wird er es auch gewesen sein, der die Grabplatte in Auftrag gab.


  1. Deutsches Geschlechterbuch 88.
  2. So nach Pfarrer- und Schulmeisterbuch Souveränitätslande 279 Nr. 6; Pfarrer- und Schulmeisterbuch 154 Nr. 7.
  3. Deutsches Geschlechterbuch 89.
  4. Pfarrer- und Schulmeisterbuch Souveränitätslande 279 Nr. 6.
  5. Oestreich-Janzen, Taufsteinstiftungen 15 (4).
  6. Pfarrer- und Schulmeisterbuch, wie Anm. 4.

Sonstiges:

Die erneuerte Schrift ist formschön in einer breiten größtenteils trogartigen Kerbe ausgehauen und entspricht nicht zeitgenössischen Usancen, ist so auch nicht in den Resten nachvollziehbar. Im Wort IAHR steht singulär ein klassizierendes R mit stachelartiger Cauda. Daran wie auch am schlanken O statt US-Haken in FLOR(VS) und D an der Stelle von GOTS erkennt man fehlgeleitete Passagen der Erneuerung, die aber zum größten Teil inhaltlich stimmen. Nur wenige nicht überarbeitete Passagen (ALHIE) zeigen gute Proportionen und regelmäßige Formung der Kapitalis an.

Die Datierung der Grabplatte ist nicht gesichert, da das Sterbejahr 1628 in der nicht präzise wirkenden Passage der Erneuerung steht, jedoch anscheinend durch die alte Überlieferung im Geschlechterbuch und auch durch den Abschreiber von Florus’ Pfarrhausinschrift (Kat.-Nr. 160) bestätigt wird. Allerdings steht auf dem Stein in der restaurierten Fassung und wurde auch so von Murus gelesen, dass Florus 30 Jahre in Massenheim amtierte – es waren aber von 1588 bis 1624 36 (!) Jahre. Aus diesen Ungereimtheiten, aus der Setzungsformel wie auch aus dem Fehlen des Todestages konnte man auf eine spätere Herstellung schließen.9) Zusätzlich kompliziert wird die Sachlage durch den Abbruch der Quellenbelege für Pfarrer Heinrich Blum ab dem 21. November 1624, als Blum das Abendmahl in Eppstein empfing, wohin er im Ruhestand verzogen war. So gilt denn auch 1625 – leider ohne Beleg bei Diehl genannt8) – als Blums Todesjahr; ein entsprechender Beleg findet sich allerdings nicht im Eppsteiner Kirchenbuch.10) Wäre der Grabstein erst Anfang der 1630er Jahre bzw. zusammen mit dem Taufstein (Kat.-Nr. 244) von Blums Sohn Christoph, damals in schwedischen Diensten, gestellt worden,9) ließe sich, so wurde mehrfach argumentiert, ein falsches Todesjahr 1628 statt 1625 durchaus verstehen. Zwingend ist dieses Argument jedoch nicht, da nicht viel Zeit verstrichen war und nach 1625 Blums jüngerer Sohn Johann Jakob als Pfarrer in Massenheim amtierte, daher ein falsches Todesjahr 1628 statt 1625 nicht wirklich wahrscheinlich ist. Im Übrigen sind zwei Argumentationsstränge nicht auszublenden: erstens sind weder 1625 noch 1628 in anderen Zeugnissen, etwa im Kirchenbuch Eppstein, als Todesjahre zu belegen, zweitens kann man auch nicht mit Verlesungen schon im 18. Jahrhundert (Murus) argumentieren, denn es ist wohl eine 8 kaum mit einer 5, jedoch eine 6 von 36


  1. So Oestreich-Janzen 15 (4f.); 1100 Jahre Kirche Massenheim 48 u. 246, dort zu „ca. 1631“.
  2. Pfarrer- und Schulmeisterbuch, wie Anm. 4.
  3. Vergeblich gesucht von Oestreich-Janzen, wie Anm. 9, (6), Anm. 24; 1100 Jahre Kirche Massenheim 48.
Inschrift

Umschrift:

[DISEN]a) GR[ABSTEIN H]AT [DER / ERNVEST VND] M[ANHAFFT] /

H[ERR – – – FLOR](VS) SE[IN͜EM] / LIEB[EN ... IOANN]I H͜E[N͜RIC]O /

FLORO SO [AN DIE 30 IAHR] / ALHIE GO[TS W]O[RTS DIEN͜ER / GE-

WESEN .. IM IAR 1628 / SELIGLICH VERSCHIEDEN / ZV SONDERLI-

CHER GEDEC/HTNVS LEGEN LASSEN]b)


  1. Heutiger Befund von bloßer Nacharbeitung (diese und Verlorenes in eckigen Klammern) und sicher erkennbaren Resten: DISEN GR[– – –]AT [DER / ERN – – –] MA[NHAFFT / H – – –RO SEN͜EM] / LIEBEN [– – –]I H͜EN͜RICO / [H]O[RO S ..... DIE 30 IAHR] / ALHIE [D... WORTS DIEN͜ER / GEWESEN ... IM] IAR 1628 / [SELIGLICH VERSCHIEDEN / ZV SONDERLICHER GEDEC/HTNVS LEGEN LASSEN].
  2. Irrig: Die Gemeinde hat zur Erinnerung an die große christliche Liebe davon im Jahr 1598 an der Kirchen 30 Jahr Henrich Florus Diener gewäsen im Jahr 1628 selig verschieden zu sonderlicher Gnade diesen Stein legen lassen, nach Deutsches Geschlechterbuch.

Schrift:

Kapitalis, modern überarbeitet

Nachweise

Literatur:

Wappen:

Florus (zugeschrieben)

Bearbeitung:

Die Inschriften des Hochtaunus- und des Main-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees und Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 97). 2019, Nr. 231.

Zitierweise
„Johann Heinrich Florus (Blum) 1628, Massenheim“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2504> (Stand: 20.3.2023)