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Juliana Maria Graff 1644, Witzenhausen

Witzenhausen · Gem. Witzenhausen · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Witzenhausen

Gebäude / Areal:

Witzenhausen, Liebfrauenkirche

Angaben zum Standort:

Außen an der Nordseite eingemauert.

Merkmale

Datierung:

1644

Typ:

Grabplatte

Erhaltung:

erhalten

Größe:

86 x 173 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 3,5-4, (B) 3 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabplatte der Juliana Maria Graff. Hochrechteckige Platte. Auf dem Rand in vertiefter Leiste umlaufend Inschrift A, teilweise verwittert, an der unteren Schmalseite durch die Einmauerung gänzlich verloren. Im oberen Drittel des Innenfeldes zwei redende Vollwappen, darunter in mit Rollwerk verziertem Rahmen Inschrift B, stark verwittert. Inschrift A eingehauen in vertiefter Zeile, B eingehauen, dort an den Versenden Kommata.

Mit der Schrift des wenig älteren Brunstein-Grabsteins (vorangehende Kat.-Nr.) stimmen viele Einzelheiten überein – neben den drei dort herausgehobenen Buchstaben (G, N, R) auch die knappe Einschaltung von U neben überwiegendem V. Als Besonderheit des vorliegenden Steins ist in der ersten Zeile von Inschrift A das zweimal (sonst nicht immer alles sichtbar) vorhandene U hervorzuheben: es weist ein Trema als Dehnungszeichen auf, und seine Schäfte sind unten minuskelartig gebrochen und oben rechtsschräg abgeschlossen. Diese auffällige Variante kehrt auf dem Stein der Tochter (folgende Katalognummer) und sogar in einer Frakturschrift (Kat.-Nr. 170) wieder. Auch der Formulartypus ist angeglichen.

Der stark verwitterte Schluss des Gedichtes scheint die feste Überzeugung auszudrücken, dass sich nach dem Tod für den gläubigen Menschen alles zum Guten wenden wird. Dafür spricht der noch lesbare Bestand der viertletzten Zeile, und dazu passt es, wenn man das letzte Wort als das jetzt ungebräuchliche „widerwägen“ im Sinne von „Gegengewicht halten, aufwiegen“ versteht.3) Ein Reimwort wie Segen liegt nahe, zweifelsfrei lesbar ist es nicht.


  1. s. DWB, Bd. 29, Sp. 1363.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

weibliche Person(en)

Enthaltene Wappen:

Graff1)

Wasserhuhn2)


  1. Wappen Graff (Greif), s. auch Anm. 4.
  2. Wappen Wasserhuhn (Wasserhuhn), s. auch Anm. 4.

Dargestellte Personen:

Juliana Maria Wasserhuhn, die 1633 konfirmiert wurde,4) heiratete am 15. 2. 1639 den Juristen Dr. Erich Graff (*10. 4. 1607), der ordentlicher Professor der Rechte an der damals in Kassel befindlichen Universität war5) und 1638 seine erste Frau verloren hatte.6) Juliana Marias Mutter war Elisabeth Motz, eine Enkelin des Witzenhäuser Bürgermeisters Johannes Motz7), die sich mit Franz Ulrich Wasserhuhn vermählt hatte. Dieser war von 1633 bis 1663 Amtmann des Amtes Witzenhausen/Ludwigstein und Hessisch-Rotenburgischer Geheimer Rat.8)

Erich Graff, dem 1646 auch sein Töchterchen starb9), hat sich „auf ernstliches zusprechen seines Schwieger Vatters und der angewanden an Jungfer Annam Christinam Rhodin Weyland Herrn Iustini Rhodii Gewesenen Fürstl. Hess. Amtsvogt zu Falckenberg Eheleibliche hinterlassene älteste Tochter seiner andern Eheliebsten Base und nunmehrige betrübte gegenwärtige Frau Wittibe in Cassel im Jahre 1647 verheurathet“, kehrte nach Marburg zurück und war dort Gerichtsrat, Rechtsprofessor und Vizekanzler der Universität. Er starb dort am 4. 5. 1683 und wurde am 7. 5. 1683 beerdigt, während das Leben seiner Frau erst am 8. 3. 1698 endete, „nachdem sie 35 Jahre in der Ehe, 15 im Witwenstand gelebt hatte“.10)


  1. s. Eckhardt, Familien 165 (1911), Nachträge b. Im Kirchenbuch ist das Mädchen als Johanna Maria Wasserhuhn bezeichnet. Die Konfirmation eines erst zehnjährigen Kindes ist ein Ausnahmefall, wie er auch in Allendorf während des dreißigjährigen Krieges vorkam, s. Reccius 67.
  2. s. Eckhardt, Familien 159 (1911), Buchst. D. Eckhardt erwähnt den Grabstein mit den Wappen und überliefert Juliana Marias Sterbedatum, auf die Inschrift geht er nicht näher ein.
  3. Es war Anna Maria geb. Klein verw. Stange; s. Schultz, Leichpredigt 40. Aus dieser Quelle schöpft auch Strieder, der in Band 5, 38–55 ausführlich auf Leben und Werk des Erich Graff eingeht.
  4. Zu Johannes Motz s. Kat.-Nr. 136.
  5. s. Eckhardt, Quellen CXII. – Es gab drei Brüder Wasserhuhn in hessischen Diensten, neben Franz Ulrich noch Niklaus und Hans Jakob. Sie kamen aus einer Familie, die in die Baseler Oberschicht aufgestiegen war, nachdem der Großvater und ein Bruder aus Breisach Mitte des 16. Jahrhunderts dorthin eingewandert waren. Hans Jakob folgte dem Landgrafen Moritz, der 1605 Basel besuchte, nach Hessen und war in der Kanzlei in Kassel tätig. Später war er Schultheiß in Neunkirchen und von 1642 bis 1662 Amtmann in Eschwege. Niklaus, hessischer Kapitän, fiel 1636 vor Hanau. Näheres s. Metz 37–38. Das KB Witzenhausen verzeichnet am 1. 7. 1637 die Bestattung eines Friedrich Wasserhuhn, der beim Entsatz von Hanau fiel. Demnach hatte Nikolaus den zweiten Vornamen Friedrich.
  6. s. Kat.-Nr. 165.
  7. Diese Angaben zu Erich Graff nach Stölzel 81, Ep. 107–110. Dort sind auch zwei Kinder erwähnt. Seine Kenntnisse schöpft Stölzel aus kopial überlieferten Marburger Grabinschriften, die er, wie er auf S. 5 bemerkt, „auszugsweise durch Angabe des genealogisch Wesentlichen“ wiedergibt. Als Fundstelle gibt er auf S. 4 eine Handschrift der Landesbibliothek Kassel an, betitelt Epitaphia Marburgensia, quae extant in basilica Lutheranorum et in coemiterio eiusdem. Wie die Nachprüfung ergab, handelt es sich um: Joh. Chr. Kalckhoff, Collectaneen, Epitaphia Marburgensia, in: Kassel, Landes- und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, 4° Ms. Hass. 50, S. 233 ff. Nach der Leichpredigt hat Graff „in einer 35jährigen friedlichen Ehe 11 Kinder erziehlet nemlich 4 Söhne und 7 Töchter davon noch 2 Söhne und 4 Töchter solang es Gott gefällt im Leben“. Zu den Kindern s. Strieder (vgl. oben in Fußnote 6).
Inschrift

Umschrift:

A DIE VIEL EHR VND TUGENTREICHE FRAU / IVLIANA MARIA GE-

BOHRNE WASSERHUHNIN HERN ERICI GRAFFII I(VRIS)

V(TRIVSQUE) D(OCTORIS) ET PROFESS(ORIS) / [– – –] / [1]623

DEN [10 . . .] GEBOHREN VND 1644 DEN 1 AUGU(ST) SELIG GE-

STORBENa)

B HIE LIGT EIN EDLE BLVM / IM FRVLING ABGEBROCH⌣E(N) , /

DIE EIN VND Z(W)O(N)TZIGb) IAHR / 3 MONAT EDLICH⌣E

WOCH⌣E(N) , /

GEBLVET [. . .]c) [I]VLIANd) / MARI[A] GRAFFINe) , /

VIL EDLER VON GERVCH / ALS FRISCH⌣ER ROSMARIN ,/

SIE IST NACH GOT⌣TES RATH / VO(N) DISER WELD GERISSEN , /

INS REICH DER [H]E[RLI]GKEITf) / WIR GLAVBE(N) [F]EST V(ND)

W]ISSE(N) , /

DAS W(E)N[DEN . . . .] SICH WIRT / [– – –] /

[– – –] / [– – –]ER WIDER WEG[. . .]


  1. Freier Raum mit Vignette (Schleife) gefüllt.
  2. Abgekürzt durch Strich über dem O. ZIG in kleineren Buchstaben, ggf. ein Schaft von N da.
  3. Vielleicht FR(AV). Es fehlt entweder ein einsilbiges Wort, oder die noch vorhandenen Wörter sind beide dreisilbig.
  4. Die Namensform IVLIAN auch in der Inschrift von Juliana Marias Tochter Elisabeth, s. Kat.-Nr. 165. Hinter IULIAN ein Bindestrich, kaum der Rest eines Mittelbalkens von A.
  5. Zwischen den Namensbestandteilen nur ein sehr kleiner Zwischenraum, am Ende freier Raum; die Zeile ist wohl vollständig lesbar, aber metrisch nicht elegant.
  6. Die Buchstabenreste deuten auf HERLIGKEIT.

Kommentar:

Deutsche Reime (B).

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Wappen:

Graff · Wasserhuhn

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 164.

Zitierweise
„Juliana Maria Graff 1644, Witzenhausen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2347> (Stand: 20.3.2023)