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Grabdenkmäler

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Peter Hausen, Margareta Flick 1626, 1717, Witzenhausen

Witzenhausen · Gem. Witzenhausen · Werra-Meißner-Kreis | Historisches Ortslexikon
Standort | Merkmale | Beschreibung | Inschrift | Nachweise | Zitierweise
Standort

Standort:

Witzenhausen

Gebäude / Areal:

Witzenhausen, Liebfrauenkirche

Angaben zum Standort:

Aufgestellt an der östlichen Außenwand des südlichen Seitenschiffs.

Merkmale

Datierung:

1626,1717

Typ:

Grabplatte

Erhaltung:

erhalten

Größe:

82 x 189 cm (B x H)

Größe der Buchstaben:

(A) 4, (B, C) 3,5-4 cm

Beschreibung

Beschreibung:

Grabplatte für Peter Hausen, wiederverwendet für Margareta Flick. Hochrechteckige Platte. Am Rand umlaufend Inschrift A; in der oberen Hälfte der Platte bis auf geringe Reste links oben verwittert. Im oberen Drittel des Innenfeldes zwei stark verwitterte Wappen in flachem Relief, darunter Inschrift C in ovalem von schmaler, erhabener Leiste umgebenem Feld. Darunter ein rechteckiges Feld mit Inschrift B. Diese beiden Inschriftfelder werden von einem großen Rechteck umfasst, das mit Beschlagwerk eingefasst ist; dieses passt nicht zum Oval mit Inschrift C, jedoch zur Einfassung des vertieften Feldes mit den beiden Wappen. Die zeitliche Abfolge der Inschriften wird unten diskutiert. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, B und C eingehauen.

In Inschrift A sind die Hasten, Balken und Bögen zum freien Ende hin keilförmig verbreitert. U und V werden unterschieden. U aus zwei Schäften mit Verbindungsbogen; O spitzoval; M vom geraden Typ, Mittelteil bis an die Zeilenmitte reichend.

In Inschrift C sind die Buchstaben schmal und hoch und tragen Sporen. A ist spitz, der linke Schrägschaft bisweilen nach außen gebogen oder bei den Daten geschwungen; E mit stark verkürztem Mittelbalken; M gerade, der Mittelteil reicht nicht bis zur Zeilenmitte; N mit geschwungenem Schrägschaft; O spitzoval; beim R setzt die Cauda mehrfach am Ende des offenen Bogens an, ist vorgewölbt und stößt verbreitert in Form eines kräftigen Sporns auf die Grundlinie; nur V wird verwendet.

In Inschrift B haben die Buchstaben nur ansatzweise Sporen, U und V werden unterschieden. U besteht aus zwei Hasten mit Verbindungsbogen; die Außenschäfte des M stehen senkrecht, der Mittelteil reicht bis zur Zeilenmitte; O ist (spitz)oval, die Bögen des S sind wie bei Inschrift C mehrfach nicht sehr ausgeprägt, hier mehrfach noch flacher, allerdings neben solchen mit größeren Bögen. Die Schriftformen legen für sich genommen nahe, von drei Beschriftungen auszugehen, was bei gemischten Techniken jedoch nicht zwingend der Fall sein muss.

Geschlecht, Alter, Familienstand:

männliche Person(en) · weibliche Person(en)

Stand:

geistliche Personen

Dargestellte Personen:

Peter Hausen oder Husenius aus Frankenberg war der siebente Pfarrer in Witzenhausen seit der Reformation.1) Als seine Amtszeit ist nur das Jahr 1626 angegeben.2)

Die Grabplatte wurde wieder benutzt für Margareta Flick, die am 22. 1. 1643 als „Margaretha Wiskemann“ geboren wurde.3) Es spricht alles dafür, dass sie eine Tochter des Pfarrers Johannes Wiskemann war, denn als ihren Vater, wenn auch ohne den Zusatz Pfarrer, nennt das Kirchenbuch Johannes Wiskemann, und einen anderen Johannes Wiskemann als den Pfarrer gab es damals in Witzenhausen nicht. Am 15. 4. 1673 wurde sie in Witzenhausen die Ehefrau des Johannes Flick, der damals Pfarrer in Albungen war und später der 11. Pfarrer in Witzenhausen nach der Reformation wurde; er amtierte von 1683 bis 1691.4)

Die Inschrift B ist nicht mit Sicherheit zuzuordnen. Sie könnte mit Inschrift A zusammen gehören, ist aber, schon weil SUS kein vollständiges Wort ist, nicht deren unmittelbare Fortsetzung.5) Sie kann aber als Überbleibsel einer Inschrift angesehen werden, die anlässlich einer Wiederverwendung der Grabplatte größtenteils entfernt wurde. Nun zeigt der Vergleich mit der Grabplatte des Christophorus Gunther (Kat.-Nr. 149), wie die des Peter Hausen ursprünglich ausgesehen hat. Denn beide Platten zeigen auffallende Ähnlichkeiten in den Proportionen, in der Gestaltung der Randleiste, in der Einteilung des Innenfeldes in ein Wappenfeld und ein etwa doppelt so großes Schriftfeld, in der Verwendung von Beschlagwerk zur Rahmung des Schriftfeldes und in dem mittig etwas unterhalb der Wappen gelegenen Lilienornament. Wenn nun auch auf beiden Platten die Inschriften auf dem Rand beginnen und beide mit erhabenen Buchstaben in eingetiefter Leiste ausgeführt sind, dann drängt sich der Schluss auf, dass anlässlich der Wiederverwendung für Margareta Flick Änderungen nur insoweit vorgenommen wurden, wie es zur Einfügung ihrer Grabinschrift nötig war. Also darf man die Inschrift B auf Peter Hausen beziehen.

Andererseits zeigt Inschrift C, dass der Stein für eine weitere verstorbene Person verwendet wurde. So könnte sich die Inschrift B auf diese beziehen. Dann fragt man sich zunächst, warum für Margareta Flick geb. Wiskemann neben einer deutschen noch eine lateinische Inschrift angebracht wurde. Doch das mag eine Erklärung darin finden, dass Pfarrer mit Latein vertraut waren und es gern benutzten. Vor allem aber fragt man sich, warum die Inschrift B unvollständig ist. Eine Erklärung dafür gibt es anscheinend nicht, und so ist es nicht plausibel, Inschrift B auf Margareta Flick zu beziehen, zumal deren Lebensalter ja schon im deutschen Text angegeben ist und die beiden eingehauenen Schriften erhebliche Unterschiede aufweisen.

Denkbar ist nun auch, dass Peter Hausens Grabplatte, noch ehe sie für Margareta Flick verwendet wurde, einem anderen Verstorbenen diente. Die mehrfache Benutzung erscheint innerhalb eines Zeitraumes von 1626 bis 1717 nicht ausgeschlossen. In diesem Falle hätte die neue Inschrift die ursprüngliche zu einem unbekannten Zeitpunkt aus dem Mittelfeld verdrängt und später der von 1717 Platz gemacht. Die Altersangabe in B würde sich dann nicht mehr auf Peter Hausen beziehen.

So bleibt es also offen, wen die Inschrift B meint und wie die Altersangabe zu lesen ist. Doch haben sich starke Anhaltspunkte ergeben, die Grabplatten (Kat-Nrr. 147 und 149) als zwei Exemplare eines damals anscheinend für Pfarrer gebräuchlichen Typs anzusehen. Sie einer Werkstatt zuzuweisen, mag daher angehen, freilich stammen sie nicht von derselben Hand, wie aus den unterschiedlichen Wappenformen und auch teilweise aus den unterschiedlich geformten Buchstaben ersichtlich ist.6)

Schwer zu lesen ist in diesem Falle die Angabe des Alters von Peter Hausen. Die vermeintlichen Reste der ersten Ziffer ließen an eine 3 oder eine 7 denken, doch kann er mit 30 Jahren kaum Metropolitan7) gewesen sein, andererseits müsste er, wäre er älter als 70 geworden, noch in anderen Quellen erwähnt sein, falls sein Leben nicht wirre Wendungen genommen hat und seine Karriere außerhalb der niederhessischen Pfarrerschaft verlief. Man wird das offen lassen müssen, weil die betreffende Stelle keine Handhabe für eine einigermaßen sichere Lesung bietet.


  1. s. die Pfarrerliste bei Eckhardt, Bausteine 29.
  2. s. Hütteroth s. v. Dauber, Witzenhausen.
  3. Das Kirchenbuch Witzenhausen bestätigt das Datum. – Verzeichnet ist dort noch die Geburt einer Barbara Elisabeth Flick am 16. 4. 1681 (Vater: Johannes Flick) und weiter die Geburt eines Frantz Ullrich Flick, Sohn des Pfarrers Johannes Flick, am 18. 3. 1683. Ein Johann Christian Flick, Sohn des Pfarrers und Metropolitans Johannes Flick, heiratete im Februar 1710 in Eisenach.
  4. s. die Pfarrerliste bei Eckhardt, Bausteine 29.
  5. Man vermisst ein Verb, an das man den Infinitiv ESSE anschließen könnte.
  6. z. B. in der erhabenen Schrift hier flaches C, spitzovales O, R mit gerader Cauda und U versus wohlgerundetes C, rundes O, R mit vorgewölbter Cauda, nur V; in der eingehauenen Schrift unterschiedliche Proportionen bei A und abgerundetes bzw. spitzwinkliges Aufeinandertreffen der linken Haste und des Verbindungsbogens beim U, insgesamt aber wegen der geringen Buchstabenzahl hier und der extremen Drängung in der jüngeren Inschrift kaum vergleichbar.
  7. Hausens Diakon(!) Christoph Gunther (Kat.-Nr. 149) starb mit etwa 30 Jahren.
Inschrift

Umschrift:

A A[N]NO 1626 D[IE – – –/– – –]VMa) CONFESSIONE PLACIDE OB-

DOR/MIVIT [– – –]b) / VIR DOMIN(US) M(AGISTER) PETRUS

H⌣USENI(US) FRA(N)COBERG(ENSIS) PASTO[Rc) – – – MET]ROPO-

L(ITANUS) [E]IU[S . . .]d)

B [– – –]/SUS ESSE IN V[O]S POS[T DE]/CESSUM M[E– – –] EX / VOBIS

IP[SI]S E[REP]TU[S EST]e) / A⌣ETATIS SU[A⌣E] A[N]NO [. .]f) ·

C ALHIR RVH⌣ET / IN GOTT MA⌣RGA⌣RE/TA FLICKIN GEBOH⌣R/N⌣E

WISKEM⌣ANIN HERR(N) / JOH⌣ANNIS FLICKII ME/TROPOLITANI

ZV WIZE(N)/HAVS(EN) GEWES(ENE) EH⌣LICH / HAVSFR(AV) IST

GEBOH⌣RN / A(NN)O 1643 D(EN) 22(STEN) JAN(VARII) / SEELIG

GESTORBEN · / D(EN) · 2(TEN) · JVN(II) A(NN)O 1717 · ALTERSg) ·

74 JAH⌣R / · 4 MONATH ·h)


  1. Vielleicht zu ergänzen zu: [A PECCATOR]VM.
  2. Hier stand ein umfangreiches Epitheton des Verstorbenen, vorzugsweise in Kombination mit REVERENDVS oder REVERENDISSIMUS, wenngleich letzteres nur höchst selten außerhalb der hohen kirchlichen Hierarchie benutzt wird, vgl. ein Beleg DI 83 (Holzminden) Nr. 231 zu 1626. Hier könnte der Positiv bzw. eine Kombination mit CLARISSIMUS wie in Rotenburg, vgl. DI 91 (Hersfeld-Rotenburg) Nr. 318 von 1623, gestanden haben.
  3. Ergänze z. B. ECCLESIAE WIZENHUSANAE ET.
  4. Auf L folgen nicht mehr sicher deutbare Reste von ca. vier bis sechs Buchstaben. Der Vorschlag hängt von der Ergänzung in Anm. c ab.
  5. Die Lesung der drei Zeilen ist partienweise unsicher bzw. nicht zu leisten.
  6. Die Zeile ist vollgeschrieben; ursprünglich angenommene Ziffernreste weiter links vom rechten Rand sind damit obsolet.
  7. Davor fehlt der übliche Anschluss IHRES.
  8. Darunter folgt im unteren Bogen eine kompliziert verschlungene Vignette.

Übersetzung:

(A) Im Jahr 1626, am (. .) Tag . . . entschlief (nach dem) Bekenntnis (seiner Sünden?) sanft (der wohlgelehrte und wohlehrwürdige) Mann, Herr Magister Peter Hausen aus Frankenberg, Pfarrer (. . .) und (ihr) Metropolitan.

(B) . . . euch nach dem Tod . . . ist euch (geraubt worden) seines Alters . . . (Jahre).

Schrift:

Kapitalis

Nachweise

Wappen:

unkenntlich · unkenntlich

Bearbeitung:

Die Inschriften des Werra-Meißner-Kreises I : Altkreis Witzenhausen. Gesammelt und bearbeitet von Edgar Siedschlag unter Mitarbeit von Rüdiger Fuchs (Die Deutschen Inschriften 87). 2017, Nr. 147.

Zitierweise
„Peter Hausen, Margareta Flick 1626, 1717, Witzenhausen“, in: Grabdenkmäler <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/2342> (Stand: 20.3.2023)