Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Jüdische Grabstätten

Hoffa, Joseph, Dr. phil. (1853) – Marburg, Alter Jüdischer Friedhof

Grab Nr. 01-33, Marburg, Alter Jüdischer Friedhof, Gemarkung Marburg
Äußere Merkmale | Inschrift | Verstorbene(r) | Indizes | Nachweise | Zitierweise
Äußere Merkmale

Material:

Sandstein

Platzierung:

stehend

Beschreibung:

Der Grabstein hat die Form eines Obelisken. Die deutsche Inschrift auf der Vorderseite ist in Schreibschrift ausgeführt.

Inschrift

Sprache der Vorderseite:

deutsch

Sprache der Rückseite:

hebräisch

Übertragung:

Text Vorderseite

 

(Deutsche Inschrift:)

Jona I. V. 9.

Hier ruht

Joseph Hoffa

Dr: phil: Privatdocent

an der Universität und

Lehrer in der Realschu=

le zu Marburg gebo=

ren am 13. Schbat 5563

zu Cassel, gestorben am

14. Nissan 5613 zu Marburg

Rückseite


פ״ט

האיש היקר

שמו מפואר

בלשונות

חדשות עם

יש בדת

ובפילאזאפיא

ידיו רב לו אשר

אזן וחקר ולמד

בישיבה פיליפינא

מהור״ר יסף בן הח׳

ר׳ נפתלי מכנ׳ הירץ

הפפא בק״ק קאסל זצ״ל ׃

נפט׳ יום א׳ דפסח

ונקבר ביום א׳ חה״מ

ה׳ תרי״ג לפ״ק ׃

תנצב״ה ׃

(Übersetzung der hebräischen Inschrift:)

Hier ist geborgen

der teure Mann,

einen prachtvollen Namen (hatte er)

in den neuen

Sprachen, sowohl

in Religion

als auch in der Philosophie

›waren seine Hände stark‹, er, welcher

abwägte, forschte und lehrte

am Lehrstuhl Philippina,

unser Lehrer, der Meister, Herr Josef, Sohn des toragelehrten

Herrn Naftali, genannt Hirz

Hoffa in der heiligen Gemeinde Kassel, das Andenken des Gerechten zum Segen,

verschieden am 1. Tag von Pessach

und begraben am 1. Zwischenfeiertag,

5613 der kleinen Zählung.

Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.


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Zl 8: Dtn 33,7

Bemerkungen:

In der hebräischen Eulogie steht Joseph Hoffas Gelehrsamkeit im Mittelpunkt, und hier besonders in den universitären Fächern der Sprach- und Religionswissenschaft sowie der Philosphie, und im Gegensatz zur üblicherweise in hebräischen Grabinschriften genannten religiösen Gelehrsamkeit. Dass Joseph Hoffa aber die Beschäftigung mit modernen Wissenschaften nicht von der Religion entfernte, macht die deutsche Inschrift deutlich durch das - für den gebildeten Leser - nur als Zitatstelle angegebene Zitat aus dem Buch Jona und der Angabe der Daten nur nach dem jüdischen Kalender.

Zl 10: Wörtlich „an der Jeschiwa Philippina“. Philippina, das ist die „Alma Mater Philippina“, die Philipps-Universität zu Marburg. Daher wurde hier das Wort „Jeschiwa“, das eigentlich religiöse Lehrhäuser bezeichnet, hier im wörtlichen Sinne als „Sitz“ und daher in übertragenem Sinne mit „Lehrstuhl“ übersetzt.

Zl 16: Der Zusatz „der kleinen Zählung“ ist hier überflüssig, da die Jahreszahl nach der „großen Zählung“, d.h. mit dem Tausender angegeben wurde.

Zl 1 der deutschen Inschrift: Der Vers Jona 1,9 lautet: „Und er (Jona) sprach zu ihnen (der Schiffsbesatzung): Ein Hebräer bin ich, und den Ewigen, den Gott des Himmels fürchte ich, der das Meer und das Trockene geschaffen hat“.

Verstorbene(r)

Personendetails:

  1. Hoffa, Joseph, Dr. phil.

    Geburtstag

    1803

    Sterbetag

    22.4.1853

    Geschlecht

    männlich

    Familienstand

    unbekannt

    Herkunftsort

    Kassel

    Wohnort

    Marburg

    Sterbeort

    Marburg

    Beruf

    Privatdozent · Lehrer

Anmerkungen:

Laut Grabstein:

Dr. phil. Joseph Hoffa (Herr Josef, Sohn des Herrn Naftali genannt Hirz), Privatdozent an der Universität Marburg in den Fächern der Sprach- und Religionswissenschaft und der Philosphie sowie Lehrer an der Realschule zu Marburg, geboren am 05.02.1803 in Kassel, gestorben am 22.04.1853 (bzw. am Vorabend) in Marburg.

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Ergänzungen aus Schriftquellen und Literatur:

Dr. Joseph Hoffa aus Kassel;

laut einem Verzeichnis aus dem Jahr 1808 soll er am 25.01.1803 geboren worden sein;

Vater: Herz Meyer Hoffa [Kassel-Bettenhausen, Alter Jüdischer Friedhof, Stein Nr. B 044], wohnhaft in Kassel;

besuchte 1816-1820 das Lyceum in Kassel, dann Studium der Philosophie und Pädagogik in Marburg; 1823 für ein Jahr Student in Heidelberg, dann Hilfslehrer in Frankfurt am Main; nach seiner Promotion als Privatdozent an der Universität Marburg zugelassen; legte 1826 das Lehrerexamen in Kassel ab; ernährte sich in der Folge durch Privat- und Sprachunterricht an der Realschule in Marburg; eine Anstellung an der Universität wurde ihm versagt;

sein Tod ist im Sterberegister der Juden von Marburg nicht eingetragen.


(Rumpf-Lehmann, Barbara: Der Alte Jüdische Friedhof zu Marburg, S. 115 f.; Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abteilung 365, Nr. 491 und 586; Erdmann, Axel: Die Marburger Juden, S. 105-107)

Indizes

Personen:

Joseph, Sohn des Naftali genannt Hirz · Naftali genannt Hirz, Vater des Joseph · Josef, Sohn des Naftali genannt Hirz · Naftali genannt Hirz, Vater des Josef · Hoffa, Herz Meyer · Hoffa, Herz

Orte:

Bettenhausen · Frankfurt am Main · Heidelberg · Kassel · Marburg

Sachbegriffe:

Privatdozenten · Lehrer · Universitäten · Schulen · Obelisken · Schreibschrift · Doktoren · Herren · Philippina · Religionswissenschaftler · Sprachwissenschaftler · Philosophen

Nachweise

Bearbeitung:

Dr. Barbara Rumpf-Lehmann 2015, Nathanja Hüttenmeister 2021, Andreas Schmidt (Wettenberg) 2022

Zitierweise
„Hoffa, Joseph, Dr. phil. (1853) – Marburg, Alter Jüdischer Friedhof“, in: Jüdische Grabstätten <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/juf/id/17742> (Stand: 3.8.2022)