Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Burgen, Schlösser, Herrenhäuser

Übersichtskarte Hessen
Messtischblatt
5018 Wetter
Moderne Karten
Kartenangebot der Landesvermessung
Historische Karten
Kurfürstentum Hessen 1840-1861 – 49. Wetter
Ortskennziffer
53401501001

Christenberg

387 m über NN
Gemarkung Münchhausen, Gemeinde Münchhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Basisdaten | Geschichte | Bau und Baugeschichte | Burgtyp | Nachweise | Zitierweise | Indizes

Die weitläufige Burganlage befand sich auf einem nach Westen vorspringenden Bergsporn des Christenbergs, 2,5 km ostsüdöstlich von Münchhausen. Bereits in der Frühlatènezeit (480-280 v. Chr.) wurde der Bergsporn mit einem Holz-Stein-Wall befestigt. Nach dem vermutlichen Ende der Nutzung um 200 v. Chr. diente der Christenberg erst wieder zu Beginn des 8. Jahrhunderts der fränkischen Reichsgewalt als Missions- und Militärstützpunkt im nordhessischen Raum. Zu diesem Zweck wurde der Bergsporn nach und nach mit einem 2,5-3,0 m starken Mauerbering samt Toranlagen sowie einem Vorwallsystem versehen. Die Aufgabe der Burganlage fällt wohl in die 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts und ist mit dem Ende der fränkischen Sachsenkriege zu erklären. Im 10. Jahrhundert fand jedoch teilweise ein Neubau der Burg statt. Erhalten sind die Im Bereich der Zufahrt freigelegten Grundmauern der fränkischen Toranlage. Darüber hinaus ist der umlaufende Ringwall noch als Bodenwelle im Gelände erkennbar.

Basisdaten

Historische Namensformen:

  • Kestelburg (1227) [Franz, Klosterarchive 5, Nr. 42]
  • Kestelberg (1240/49)
  • Kesterborg (1309)
  • Kestirburg (1393)
  • Crustenberg (1453)
  • Christenburch (1462)
  • Cristenburg (1474)
  • Kesterborg (1480)
  • Castorborgk (1518)
  • Kesterberg (1527)
  • Crystenberg (1577)

Ortstyp:

Burg; Wüstung

Lagebezug:

16 km nördlich von Marburg gelegen

Lage:

Im Innern des Burgwaldes auf dem mächtigen nach Westen zum Wetschafttal vorspringenden Bergsporn des Christenbergs liegen die Reste der weiträumigen Burganlage. Von Wetter kommend führte der frühe Fernweg der sog. Weinstraße, nördlich Wetter auch Kaiserstraße genannt (Rhein-Main-Gebiet-Paderborn/Bremen), ca. 2 km südlich am Christenberg vorüber.

Geschichte

Burggeschichte:

Die Erbauung der frühmittelalterlichen Christenberg-Befestigung dürfte ebenso wie die Befestigung des Bürabergs (Schwalm-Eder-Kreis) im Zusammenhang mit dem Beginn einer planmäßigen Erfassung Althessens durch die fränkische Reichsgewalt (um 700) stehen. Der fortifikatorisch aufwendige, repräsentativ gestaltete Ausbau der Anlage in der 2. Hälfte des 8. Jahrhundert fällt in die Zeit der Sachsenkriege. In diesem Zusammenhang ist anzunehmen, dass die Burg als militärische Operationsbasis im Vorfeld der Schlacht von Laisa (778) diente. Vermutlich wurde die Anlage nach Ende der Sachsenkriege aufgegeben. Im 10. Jahrhundert fand ein Neubau statt. Wer diesen Neubau veranlasste, ließ sich bislang nicht eindeutig klären.

Ersterwähnung:

1227

Besitzgeschichte:

Das Areal gehörte im Hochmittealter dem Kloster Amöneburg und kam mit diesem 1120 an das Erzstift Mainz. 1463 fiel es an die Landgrafschaft Hessen.

Funktion:

Vermutlich ab dem 11. Jahrhundert bis in die Reformationszeit hinein diente der Christenberg als kirchlicher Mittelpunkt (Dekanatssitz) der Umgegend.

Abgang:

Die erste Aufgabe der Befestigung fällt wohl in die 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts und ist mit der endgültigen Eingliederung des sächsischen Stammesgebiet in das Frankenreich zu erklären. Nach dem Wiederaufbau wurde die Burg wohl Anfang des 11. Jahrhunderts endgültig aufgegeben. In diese Zeit könnte auch die kirchliche Umwidmung deas Areals gefallen sein.

Bau und Baugeschichte

Baugeschichte:

Die älteste, frühkeltische Befestigung auf dem Christenberg mit dichter Innenbesiedlung ist in die Frühlatènezeit (480-280 v. Chr.) datierbar. Dendrochronologisch kann der Beginn der Anlage auf das Jahr 447 v. Chr. bestimmt werden. Möglicherweise kann in der 0,6 km nordwestlich gelegenen Lützelburg eine Vorgängeranlage gesehen werden. Zunächst offenbar unter Ausschluß des weiträumigen Vorburggeländes im Osten auf den inneren Befestigungsring beschränkt, wurde das Vorburggelände noch in der Frühlatènezeit durch einen Wall abgesichert. Etwa dem Verlauf der späteren frühmittelalterlichen Ringmauer folgend, war das ca. 4 ha große innere Areal der Burganlage von einem ca. 8 m starken Holz-Steine-Erdwall umzogen, dem im Osten ein flacher Sohlgraben vorgelagert war. Das wohl einzige, mehrfach umgebaute Tor befand sich im Südosten. Eine dauerhafte Innenbesiedlung ist im Zeitraum von ca. 450-250 vor Chr. nachweisbar, als sich auf dem Christenberg vermutlich ein keltischer Fürstensitz befand.

Die frühmittelalterliche Befestigung des Christenbergs erfolgte in mehreren Phasen in der Zeit von ca. 700 bis in die 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts. Zunächst wurde eine kleinere, an der Ost-Seite bis zu 50 m nach innen verkürzte Fläche (3 ha) von einer ca. 1,80 m starken, nichtfundamentierten Mörtelmauer ohne Graben umschlossen. Ersetzt wurde diese sehr bald durch den nach Osten erweiterten, nun 2,5-3,0 m starken Mauerbering an dem später weitere Um- und Ausbauten stattfanden. Toranlagen mit offenbar mehrgeschossigem Torhaus und Bastionen kommen im Norden und Süden (letztere bereits in der 1. Bauphase bestehend) vor. Eine weitere, nur kurzzeitig benutzte einfache Toranlage war in den nördlichen Abschnitt der Ost-Mauer integriert. An der Nordwest-Spitze der Befestigung stand ein Rundturm der 3. Bauphase zur Sicherung der östlich entspringenden Quelle. Dem inneren Burgbering vorgelagert ist das vielfältige, in verschiedenen Bauphasen um- und ausgebaute Vorwallsystem.

Unter dem romanischen Langhaus der Martinskirche mit ihrem ehemals halbkreisförmigen Chorabschluß lag vermutlich karolingerzeitlicher Vorgängerbau (Saalkirche mit annähernd quadratischem Chor und leicht nach Norden versetzter Längsachse). Westlich der Kirche befand sich ein eingetiefter, durch längsrechteckigen Anbau ergänzter Steinbau (Webhaus) vom dem Ende der Befestigungsperiode; daneben ein leicht eingetiefter Holzbau mit Spuren einer Herdstelle. Etwa 20 m nördlich des Ost-Tores stand parallel zur Befestigungsmauer ein 11 m langes, eingetieftes, in 2 Räume unterteiltes Gebäude, das eine Holzdielendecke besaß. Im südlich anschließenden Bereich liegen zahlreiche Bebauungsspuren von eingetieften Grubenhäusern und eines sechseckigen Pfostenbaus von 6 m Durchmesser (Getreidespeicher?) vor. Zwischen diesem und dem Ost-Tor steht trockengemauerter, quadratischer Brunnenschacht an, der dendrochronologisch auf 810 datiert werden konnte. Die Fülle des im gesamten Siedlungsbereich geborgenen Fundmaterials lässt auf eine relativ dichte Innenbesiedlung der Anlage schließen. Unsicher ist allerdings, ob ein siedlungsmäßiger Zusammenhang mit der merowingerzeitlichen Grabhügelgruppe am Klutzkopf (Gemarkung Mellnau) besteht.

Im 10. Jahrhundert erfolgte ein Neubau verschiedener Teile der zu diesem Zeitpunkt wohl teilweise verfallenen Burg. So lassen sich die Vorbauten des Südtors, das Nordtor, der Nordwestturm und der halbrunde Turm an der Nordostseite des Areals auf diese Zeit datieren. Außerdem wurden ein Großteil der eingestürzten Ringmauern wieder aufgemauert. Vielleicht waren die Konradiner für diesen Wiederaufbau der Burg verantwortlich.

Baubeschreibung:

Im Norden, Westen und Süden reicht der Befestigungsring auf dem fast ebenen Plateau bis an die Steilkanten des Berges. Auf der leicht zugänglichen Ost-Seite befinden sich die Reste eines bis zu 7 Wällen und Gräben umfassenden Vorwallsystems, welches das Bergplateau sowie ein bis zu 100 m breites Vorburggelände abschirmt. Die Gesamtfläche des Bergplateaus beträgt ca. 7 ha. Etwa an höchster Stelle des ca. 4 ha umfassenden Innern des Befestigungsberings steht die Kirche mit dem Kirchhof.

Erhaltungszustand:

Der umlaufende Ringwall ist noch als Bodenwelle im Gelände erkennbar. Im Bereich der Zufahrt befinden sich die Grundmauern der freigelegten fränkischen Toranlage.

Grabungen und Funde:

Umfangreiche Grabungen erfolgten 1964/70 unter Leitung von Rolf Gensen (1927-2011). Weitere Grabungen wurden 1988/89 durchgeführt. Vor allem Metallfunde (besonders Waffen) aus dem frühen Mittelalter.

Burgtyp

Bautyp:

Höhenburg; Spornburg

Nachweise

Literatur:

EBIDAT:

Christenberg

Zitierweise
„Christenberg, Gemeinde Münchhausen“, in: Burgen, Schlösser, Herrenhäuser <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bg/id/9024> (Stand: 18.1.2022)