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Hessischer Städteatlas

Bad Homburg – Matthäus Merian d.Ä., Ansicht der Stadt Homburg, 1646

Matthäus Merian d.Ä., Ansicht der Stadt Homburg, 1646

Dieser altkolorierte Stich stammt aus MERIAN, Topographia, nach S. 91, und zeigt die Stadt Homburg vor der Höhe von Südwesten. Ob diese Ansicht nach einer zeichnerischen Vorlage von fremder Hand angefertigt worden ist, ist nicht zu entscheiden. Sie weicht zumindest erheblich von der 1633 entstandenen Zeichnung Valentin Wagners (GRÄF/MEISE, Wagner, S. 342, vgl. SW-Abb. im Textheft) und dem 1605 publizierten Stich in DILICH, Chronica, nach S. 66 (vgl. SW-Abb. im Textheft), ab. Gewisse Abhängigkeiten sind indes nachvollziehbar, zumal alle drei Ansichten aus etwa der gleichen Blickrichtung aufgenommen wurden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Vorlage zum Stich von Merian selbst in Autopsie aufgenommen worden ist, denn anders als bei Dilich ist der linke niedrigere Turm des Schlosses noch mit seinem spätgotischen Aufbau versehen. Und während bei Wagner der „Weiße Turm“ ohne Dach gezeigt wird, sind bei Merian beide Türme mit runden Dachhauben versehen. Tatsächlich wurde die Haube auf dem „Weißen Turm“ erst im Winter 1633/34 aufgesetzt (BRÜCKL, Homburg-Ansicht, S. 5).
Jenseits der dunkel gehaltenen Vordergrundschwelle erkennt man die aufgestauten Teiche und den Mühlbach zur Obermühle, die allerdings schon außerhalb des rechten Bildrandes liegt. Darüber erkennt man den formalen „Herrengarten“ mit einer Treillage. In der Stadt sind die markantesten Gebäude eindeutig zu identifizieren: zunächst ganz links der Schulturm, kurz dahinter das Rathaus mit Dachreiter und der Rathausturm mit den vier Eckerkern. Vor der Altstadt zieht die zinnenbekrönte Stadtmauer entlang. Davor ist Diedigheim mit nur wenigen Häusern und dem „Röhr“ als natürliche Befestigung dargestellt. Der viereckige Turm mit Satteldach am rechten Ende der Zinnenmauer ist nicht eindeutig zuzuweisen. Der in Frage kommende später sogenannte Hexenturm hatte ausweislich des Bruch’schen Planes und der Urkatasterkarte zumindest einen runden Grundriss. Rechts davon schließt sich das deutlich tiefer als die eigentlichen Schlossbauten liegende Terrain der Vorburg mit der Zehntscheune und dahinter der Stadtkirche mit Dachreiter an. Der Bau im Bereich des heutigen Bibliotheksflügels mit dem angebauten Turm deckt sich mit den älteren Darstellungen. Rätsel geben hingegen die beiden mit Krüppelwalmdächern und renaissancehaft ausgeprägten Zwerchhäusern und Dacherkern versehenen Bauten rechts vom „Weißen Turm“ auf, die mit den eher schlichten und kleineren Gebäuden in den älteren Darstellungen nicht in Einklang gebracht werden können und möglicherweise der Phantasie des Künstlers entstammen.
(StA Bad Homburg S 03-A000003).


Hessischer Städteatlas. III,1: Bad Homburg
Bearb. von Andrea Pühringer, Marburg 2012
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